Dienstwagen-Affäre: Musste nur Platzeck nicht nachzahlen?
Neue Merkwürdigkeiten in der Affäre um die Fahrtenbücher der Regierung. Die Staatskanzlei dementiert eine Ungleichbehandlung
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Potsdam - Mitten in die BER-Krise platzen in der Affäre um schlampig geführte Fahrtenbücher für Regierungs-Dienstwagen in Brandenburg neue Vorwürfe – diesmal direkt gegen Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Die CDU-Opposition forderte am Freitag Aufklärung darüber, ob Finanzminister Helmuth Markov (Linke) tatsächlich den Ministerpräsidenten – als einziges Mitglied des rot-roten Kabinettes – von Steuernachforderungen wegen schludrig geführter Fahrtenbücher in den Jahren 2007 bis 2010 verschont hat, während alle anderen saftige Summen ans Finanzamt nachzahlen müssen. Neben Platzeck soll auch Finanzstaastsekretärin Daniela Trochowski verschont worden sein. Dies hatte zuvor „stern.de“ unter Verweis auf interne Regierungsdokumente berichtet. Demnach soll zudem der für den Regierungsfuhrpark zuständige Brandenburgische Liegenschaftsbetrieb (BLB) vor einer „Lex Platzeck“ gewarnt haben. Der BLB gehört zum Finanzministerium.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Ingo Senftleben, nannte die Vorwürfe schwerwiegend. Man erwarte kommende Woche im Finanzausschuss Auskunft.
Die Landesregierung sah sich prompt zu einem Dementi genötigt, allerdings unter Verweis auf das Steuergeheimnis ohne die konkrete Auskunft, ob Platzeck nun zahlen musste oder nicht. „Eine Ungleichbehandlung hat es nicht gegeben“, erklärte Platzecks Sprecher. Es gebe kein Privileg für Platzeck. Bislang war man bis in die Reihen des Kabinetts fest davon ausgegangen, dass auch Platzeck zur Kasse gebeten wurde, mit einigen Zehntausend Euro.
Bei der Affäre geht es darum, dass Minister Fahrten mit ihren Dienstwagen in den Fahrtenbüchern nicht vollständig dokumentiert haben sollen. Der BLB beanstandete etwa, wenn bei der Zieladresse Angaben zum Gesprächspartner fehlten. Diese Auslegung ist durchaus umstritten. Zum anderen waren jedoch bei den Prüfungen etwa bei früheren SPD-Ministern so laxe Eintragungen („Stadtfahrt Potsdam“) festgestellt worden, dass keine saubere Trennung zwischen Dienst- und Privatfahrten – und damit über zu versteuernde geldwerte Vorteile – mehr möglich war. Als Konsequenz entschied das Markov-Ressort, dass nachträglich pauschal ein Prozent des Listenpreises der Dienstwagen pro Monat als geldwerter Vorteil dem Bruttoeinkommen der Minister zugerechnet wird, wofür nachträglich Steuern fällig werden. Bei Platzeck, der einen gepanzerten Mercedes S 400 Hybrid als Dienstwagen fährt, würde dies einen geldwerten Vorteil von fast 1400 Euro ausmachen, für den Steuern fällig würden – selbst wenn er den Dienstwagen keinen einzigen Kilometer privat fahren würde. Markovs rigide Regress-Linie ist deshalb innerhalb der rot-roten Regierung, vor allem aber auch bei ehemaligen Ministern und Staatssekretären der alten SPD/CDU-Koalition umstrittenen. Betroffene haben bereits Schadenersatzklagen angekündigt.
Die oppositionellen Grünen halten sich zurück. Einen Skandal könne er bisher nicht erkennen, sagte Fraktionschef Axel Vogel. Er habe aus dem Finanzministerium die informelle Auskunft, dass es in den Fällen, wo Nachzahlungen veranlasst wurden, „in den Fahrtenbüchern keine Beanstandungen gab“. Es sei erfreulich, sagte Vogel, dass „der Fahrer des Ministerpräsidenten das Fahrtenbuch offenbar ordnungsgemäß geführt hat“. Wenn der Maßstab wie bei den anderen galt, dann müssten in Platzecks Fahrtenbüchern selbst bei vertraulichen Terminen die Gesprächspartner stehen.
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