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Brandenburg: „Nach 17 Jahren ein Recht auf klare Verhältnisse“

Brandenburgs Wirtschaftsminister Junghanns über seine Forderung an Verteidigungsminister Jung, auf das Bombodrom zu verzichten

Stand:

Herr Junghanns, seit 17 Jahren wird um das Bombodrom gerungen. Nun haben Sie Ihren CDU-Parteifreund, Verteidigungsminister Franz Josef Jung, in einem Brief gebeten, auf die militärische Nutzung zu verzichten. Warum sollte er ausgerechnet jetzt auf diese Bitte mit einem Verzicht reagieren?

Weil das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März eine neue Qualität in diesem jahrelangen Rechtsstreit darstellt. Die Richter haben der Bundeswehr mehr oder minder unverblümt gesagt, dass sie sich mit dem Landesbeschaffungsgesetz auf ein untaugliches Instrument stützt und ihr erhebliche Mängel, etwa bei der Anhörung zu dem Vorhaben, aufgezeigt. Das vor dem Hintergrund, dass eine militärische Nutzung ohnehin keine Akzeptanz bei den Menschen im Nordwesten Brandenburgs und im Süden Mecklenburg-Vorpommerns findet und zudem touristische Investitionen als Impuls gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise dringend benötigt werden, hat mich dazu bewogen, erneut für eine zivile Nutzung des Areals einzutreten. Denn das tue ich öffentlich bereits seit 2004.

Glauben Sie tatsächlich daran, dass noch diese Bundesregierung vor der Wahl im September die Bundeswehr stoppt?

Ich hoffe darauf. Sonst hätte ich nicht erneut geschrieben. Worum es mir als für den Tourismus verantwortlichen Minister in Brandenburg geht, ist, dass endlich Rechtsfrieden und damit Planungssicherheit in der Region Einzug hält. Ich weiß ja, dass die Unternehmer dort mit Investitionen in die touristische Infrastruktur zögern, weil sie nicht wissen, wie der Streit um die Kyritz-Ruppiner Heide ausgeht. Das aber ist für einen Landstrich, dessen wirtschaftliches Potenzial vor allem auf dieser Strecke liegt, fatal.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier versucht gerade, sich an die Spitze der Anti-Bombodrom-Bewegung zu stellen und kann sich dabei auf einen Beschluss des Hamburger Parteitages berufen. Wie hinderlich ist es für die Landes-CDU im Landtags- aber auch im Bundestagswahlkampf, dass sie eine entsprechende Unterstützung von der Bundespartei und von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel nicht hat?

Nach so langer Zeit und mehreren Bundestagswahlen helfen hier keine Parteitagsbeschlüsse, sondern nur konkrete Entscheidungen. Der zuständige Bundesminister kann und soll entscheiden. Im Übrigen haben mehrere SPD-Verteidigungsminister das Vorhaben nicht gestoppt, unabhängig davon, ob sie SPD-Kanzlerkandidaten waren oder nicht. Das wird wohl auch ein neuerlicher SPD-Kanzlerkandidat nicht machen. Doch abgesehen davon hilft der Region vor allem eines: Grünes Licht für eine zivile Nutzung.

Die Bundeswehr hat ihre gesamte Luftübungsplanung neu gestaltet und einen Schwerpunkt auf Mecklenburg und eben das Bombodrom gelegt und will dort auch NATO-Partner üben lassen. Der Bundesrechnungshof dagegen meint, das Areal sei unnötig. Wer hat aus ihrer Sicht Recht – oder geht es nach so vielen Jahren und 25 juristischen Niederlagen für die Bundeswehr nicht mehr darum, sondern nur noch um Planungssicherheit für die Region?

Exakt. Meiner Ansicht nach haben die Menschen nach 17 Jahren ein Anrecht auf klare Verhältnisse.

Wenn Sie von Parteifreunden aus den Regionen um die beiden anderen Luft-Boden-Übungsplätze der Luftwaffe in Nordhorn und Siegburg gefragt werden, warum sie die Tiefflieger ertragen sollen, aber in der Wittstocker Heide weiter Ruhe herrschen soll, was sagen Sie denen?

Dieser Vergleich ist schief und taugt deshalb nicht. Denn die juristischen Verhältnisse sind völlig andere. In Siegburg und Nordhorn sind – juristisch wasserdicht - Übungsplätze faktisch in Betrieb. Das ist in der Kyritz-Ruppiner Heide völlig anders. Dort ist die militärische Nutzung rechtlich nicht durchsetzbar. Deshalb komme ich auf meinen Ausgangspunkt zurück: Im Nordwesten Brandenburgs und im Süden Mecklenburg-Vorpommerns schlummert erhebliches touristisches Potenzial. Das gilt es zu heben, was derzeit wegen des ungeklärten Rechtsstreits nicht möglich ist. Also geht es mir darum, diesen gordischen Knoten endlich zu durchschlagen.

Die Fragen stellte Peter Tiede

Ulrich Junghans (CDU), Wirtschaftsminister, fordert seit 2004 den Verzicht aufs Bombodrom, nun erneut in einem Brief an Verteidigungsminister Franz Josef Jung.

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