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Brandenburg: Nach „Agnes“ kommt der Patientenbus

Ärztemangel, viele Alte: Neue Modelle in der Gesundheitsversorgung

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Potsdam - In Brandenburg sollen Landärzte flächendeckend von spezialisierten Krankenschwestern unterstützt werden, die in Routine-Fällen wie Blutabnahmen Hausbesuche übernehmen und älteren Patienten beim Ausfüllen komplizierter Formulare helfen. Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) kündigte am Mittwoch in Potsdam an, dass das Modellprojekt „Agnes II“, das mit sechs Schwestern, genannnt „Fallmanagerinnen“, seit 2009 erprobt wurde, nun auf das gesamte Land Brandenburg ausgedehnt werden kann. „Es hat sich bewährt“, betonte Tack. Sie appellierte zugleich an alle Krankenkassen, sich an „Agnes“ zu beteiligen.

Träger des Projektes, mit dem auf den Ärztemangel und die Überalterung im ländlichen Raum reagiert wird, sind bislang die großen Krankenkassen AOK und Barmer, bei denen jeder zweite Märker versichert ist, sowie die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburgs (KV). Darüber hinaus bereiten Kassenärztliche Vereinigung und die beiden großen Kassen, die mit Blick auf die langfristige Sicherung der Gesundheitsversorgung auf dem flachen Lande Brandenburgs mit weniger Ärzten neue Strukturen erproben und dabei Vorreiter sind, ein nächstes das Projekt vor - den „Patientenbus“.

Es mache „keinen Sinn“, die Ärzte, von denen keine Schwämme zu erwarten ist, „stundenlang über Land fahren zu lassen“, beschrieb KV-Chef Hans-Joachim Helming, die Grundidee, die auf eine Art Gesundheits-Kaffeefahrt hinausläuft. „Es liegt nahe, die Patienten in den Dörfern einzusammeln und zum Landarzt in die Sprechstunde zu bringen.“ Allerdings ist der „Patientenbus“ noch keine Realität, da Kassen und Kassenärztliche Vereinigung die Busse von den Gemeinden und Landkreisen finanzieren lassen wollen, die die Nahverkehrsangebote in den ländlichen Räumen Brandenburgs seit Jahren ausgedünnt haben.

Bei der wiederbelebten „Gemeindeschwester“ sind derlei Hürden ausgeräumt. Konkret beginnen danach in diesen Tagen 30 Schwestern, angestellt in Praxen oder Gesundheitszentren, ihre Überland-Tätigkeit. Im nächsten Jahr sollen weitere 30 folgen, sagte Helming. Man entlaste die Ärzte, könne älteren Menschen besser helfen. Barmer-Landesgeschäftsführer Hermann Schmitt sagte, das Projekt eigne „sich auch für den Schwarzwald, ländliche Räume Oberbayerns oder die Eiffel, die vor ähnlichen demografischen Problemen stünden.“ Wie sinnvoll es sei, beschrieb Vorstandschef Frank Michalak, Vorstandschef der AOK Nordost am Beispiel einer Patientin aus der Lausitz, die im letzten Jahr von einer der sechs Pilot-Schwestern betreut worden war. „75 Jahre, Asthma, Herzprobleme, Diabetis, Hüftleiden, 2010 sieben Mal in stationärer Behandlung, nie länger als vier Tage“. Die Schwester, die dann regelmäßig zu Hausbesuchen kam, habe ein Durcheinander von 20 Medikamenten, ein unbenutztes Gerät zum Inhalieren gefunden. „Seitdem gelang es, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden“, sagte AOK-Vorstandschef Michalak.

Den Namen „Agnes II“ hat das Projekt nach einer populären DDR-Fernsehserie erhalten, in der die Schauspielerin Agnes Kraus eine Gemeindeschwester spielte, die mit ihrer Schwalde über die Dörfer fuhr. Es gibt ein auf Initiative der früheren Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) zürckgehendes Vorläuferprojekt des Bundes „Agnes I“, das auf untervorsorgte Gebiete beschränkt war. Auch jetzt gibt es noch Vorbehalte, wie die Kassenvertreter Schmitt und Michalak andeuteten. Nach den ersten öffentlichen Ankündigungen seien beide sofort vom Bundesrechnungshof geprüft worden, „ob das auch alles sauber sei“, so Michalak. Thorsten Metzner

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