
© Reuters/Marc R./Schröder
Von Jörn hasselmann, Christoph Stollowsky und Claus-Dieter Steyer: Nach zwei Minuten fiel ein Triebwerk aus
Sieben Verletzte nach Bruchlandung eines Rosinenbombers in Schönefeld. Schon früher gab es Probleme
Schönefeld - Ein am Sonnabend in Schönefeld (Dahme -Spreewald) notgelandete Rosinenbomber hat schon in der Vergangenheit mehrfach technische Probleme gehabt. Bei der Bruchlandung waren sieben Insassen leicht verletzt worden – Pilot, Kopilot, Stewardess und vier der 25 Passagiere zwischen 41 bis 80 Jahren. Sofort nach dem Unfall waren die Flughafenfeuerwehr und zahlreiche Rettungswagen aus umliegenden Gemeinden ausgerückt.
Die Douglas DC-3 war am Samstag planmäßig gegen 14.45 Uhr zu einem Rundflug über Berlin gestartet. Dieser sollte etwa 35 Minuten dauern. Einer der Passagiere, der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann aus Stuttgart, berichtete, dass sofort nach dem Start das linke Propellertriebwerk gestottert habe. „Es hat Plopp-plopp gemacht und gequalmt.“ Dann sei eine Alarmsirene ertönt, „da haben wir noch gedacht, alles ist eine Show“. Der Pilot sei sofort in eine scharfe Linkskurve gegangen, daraufhin habe die Maschine hart aufgesetzt und sei etwa 150 Meter weit von einer Wiese bis auf eine Baustraße gerutscht. „Höher als 30 Meter waren wir wohl nicht gekommen“, sagte Kaufmann. „Der Pilot hat das toll gemacht.“
Der normale Flugverkehr in Schönefeld war nach dem Unfall kaum betroffen, zwei Maschinen aus Korfu und Valencia, die am Samstag gegen 15 Uhr landen sollten, wurden nach Tegel umgeleitet. Aus Sicherheitsgründen sei der Flughafen für 15 Minuten geschlossen worden, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Ein Flug war auf der Fluginformation im Internet jedoch ganz gestrichen: „DCXXX01“ – denn die DC-3 sollte um 18.15 Uhr zu einem weiteren Rundflug starten.
Im Jahr 2003 musste die Maschine in Prag bei einer Flugschau schon einmal notlanden, nachdem ein Motor kurz nach dem Start in Brand geraten war. Am Karfreitag dieses Jahres brach die Maschine ihren Rundflug nach etwa 10 Minuten ab, sagte ein Teilnehmer gegenüber dieser Zeitung. „Es gab eine Durchsage auf technische Probleme“, sagte Michael Kapfhammer. Nach der sicheren Landung habe der Pilot von einem Schaden am Zylinderkopf gesprochen. „Wir haben dann Gutscheine für einen neuen Flug bekommen“, sagte der Leser gestern.
Trotz dieser Vorfälle betonte der Eigentümer der DC-3, die Gesellschaft Air-Service Berlin (ASB), dass die Maschine in einem hervorragenden technischen Zustand gewesen sei. Zuletzt seien die Triebwerke am 9. Juni gewartet worden und hatte seitdem acht Flugstunden absolviert. Vorgeschrieben ist die Wartung nach jeweils 50 Flugstunden. Das am Sonnabend ausgefallene Triebwerk sei erst vor zwei Jahren eingebaut worden, der rechte Motor vor drei Jahren.
Wieso am Sonnabend um 14.47 Uhr das linke Triebwerk kurz nach dem Start ausfiel, ist weiter unklar. Die Maschine war nach einer scharfen Linkskurve und etwa zwei Minuten in der Luft auf der Baustelle des neuen BBI-Geländes sehr hart aufgesetzt. Eine Tragfläche ist abgebrochen, die 1944 gebaute Douglas insgesamt stark beschädigt. Auslaufendes Kerosin hatte sich nach der Bruchlandung entzündet, die Flammen konnten durch die noch aus der Luft alarmierte Feuerwehr rasch gelöscht werden. Die Maschine hatte 1000 Liter Kerosin an Bord, für ein Ablassen sei keine Zeit gewesen, sagte ein Sprecher.
Beim Unternehmen Air-Service hieß es am Sonntag, dass auch das rechte Triebwerk deutlich an Leistung verloren habe, vermutlich durch den starken Kurvenflug. „Der Start ist immer die kritischste Phase“, sagte Unternehmenssprecher Holger Trocha. Die Maschine sei nach Einschätzung des Piloten schon etwa 60 bis 100 Meter hoch gewesen, die Notlandung „eine Glanzleistung“. Eine genaue Höhe sei durch den Transponder an die Flugsicherung übermittelt worden, die Daten seien jedoch noch nicht ausgewertet, hieß es am Sonntag. Einen Flugschreiber hat die Maschine nicht.
Während des Unglücks befand sich ein Bus mit Baustellentouristen nach Auskunft von Flughafensprecher Kunkel in etwa 250 Metern Entfernung vom Unglücksort auf der neuen Landebahn. Nach der Bruchlandung rutschte das Flugzeug über das Gras und wurde von einem massiven Stahlpfosten gestoppt. Dabei riss die Tragfläche ab. „Im Bus brach keine Panik aus“, korrigierte er andere Berichte von Teilnehmern nach dem Unglück.
Kapitän der Maschine war der Chefpilot Martin Müller, dieser sei mit 1700 Flugstunden auf dem Oldtimer „sehr erfahren“. Der Kopilot sei die Maschine 500 Stunden geflogen. Dieser habe mit einem Nasenbeinbruch die schwerste Verletzung erlitten.
Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung untersuchten gestern die Maschine. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Nach Freigabe soll die Maschine in einen Hangar geschafft werden, um sie genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Claudia Hämmerling, forderte, „diese in jeder Hinsicht technisch museumsreifen Maschinen“ nicht mehr zur Sightseeingflügen zu nutzen. ASB-Sprecher Trocha betonte dagegen, dass es auch bei ganz modernen Maschinen immer wieder technische Probleme gebe. Die Douglas DC-3 startete pro Woche von Schönefeld zu etwa 10 bis 20 Rundflügen. Großes Lob erhält die Air Service Berlin von Flughafensprecher Kunkel. „Die verhalten sich bei Kontrolle und Flugvorbereitung extrem pingelig.“
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