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Von Thorsten Metzner: Nazi-Codes auf Nummernschildern

Verfassungsschutz nennt fragwürdige Kennzeichen / Nur wenige Kombinationen sind aber verboten

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Potsdam - Brandenburgs Verfassungsschutz warnt vor Nummernschildern, mit denen Rechtsextreme bevorzugt herumfahren. „Wenn Rechtsextreme solche Kombinationen nutzen, dann geben sie sich damit unter Gleichgesinnten zu erkennen. Und nach außen dokumentieren sie ihre antidemokratische Gesinnung“, heißt es einem aktuellen Flyer, der seit kurzem prominent auf der Homepage des Landesgeheimdienstes platziert ist und dort heruntergeladen werden kann.

Die konkret als warnende Beispiele aufgeführten Kennzeichen werfen allerdings Fragezeichen auf, da sie teils gar nicht vergeben werden, teils als Neonazi-Chiffre nur für Insider erkennbar sind – und tausende unbescholtene Autofahrer verdächtig machen.

Konkret verweist der Verfassungsschutz auf eine Empfehlung des Bundes an die Zulassungsstellen, keine Buchstabenfolgen mit NS-Symbolik zu verwenden. Das gilt für die Kürzel „HJ“ (Hitlerjugend), „NS“ (Nationalsozialismus), „KZ“ (Konzentrationslager), „SS“ (Schutzstaffel der NSDAP) und SA (Sturmabteilung). Die Warnung läuft praktisch ins Leere, weil diese Kombinationen von den Zulassungsbehörden Brandenburgs und Berlins nach PNN-Recherchen sowieso nicht vergeben werden. So heißt es auf der Homepage des Berliner Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, auf der man „Wunschkennzeichen“ reservieren kann, allerdings ohne Begründung: „Die Buchstabenserien HJ, KZ, NS, SA sowie SS stehen nicht zur Verfügung.“ Das Gleiche gilt – nach Stichproben – auch für Brandenburg. Der Flyer des Brandenburger Verfassungsschutzes mit dem Titel „Falsche Kennung – Kritische Kombinationen auf Kfz-Kennzeichen“ nimmt dann „problematische“ Ziffernkombinationen ins Visier, die „in der rechtsextremen Szene sehr beliebt“ sind. Angeführt werden etwa die „18“, die nach der Rangfolge der Buchstaben im Alphabet für „A“ und „H“ und damit die Initialien Adolf Hitlers steht, oder die „88“ für „Heil-Hitler“.

Aber nach dem Behördenflyer läuft man Gefahr, unverfänglichen Kombinationen in die falsche Ecke gestellt zu werden. So steht laut Flyer die „28“ als Abkürzung für die verbotene Skinheadorganisation „Blood & Honour“ oder die „14“ für ein im Englischen aus 14 Wörtern bestehendes Plädoyer des US-Neonazis-Führers David Lane zur Sicherung der weißen Rasse.

Das Potsdamer Innenministerium erklärt die Aktion mit der Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes. „Es ist eine reine Information für den mündigen Bürger, um ihn zu sensibilisieren“, sagte ein Sprecher. Nach Erkenntnissen der Behörde fahren „weniger als 10 Prozent“ der landesweit bekannten 1300 Rechtsextremisten mit verfänglichen Autokennzeichen herum. Nach einer Stichprobe bei den Zulassungsstellen von Potsdam, Potsdam-Mittelmark und Berlin bleibt zudem unklar, warum Neonazis eigentlich auf die „18“ oder die „88“ ausweichen sollen, wenn schon die Buchstabenkombination „AH“ gang und gäbe ist, die im Flyer nicht einmal aufgeführt wurde: In Potsdam war gestern sogar das Kennzeichen „P-AH 18“ noch frei. Die Praxis in Berlin und Brandenburg sieht dann auch so aus, dass die Zulassungsstellen bei Ziffernkombinationen keine Einschränkungen machen, zumal es dafür auch keine Rechtsgrundlage gäbe. „Es sind normale Zahlen. Man muss die Kirche im Dorf lassen“, hieß es etwa aus der Berliner Behörde. „Wir haben keine Hinweise, dass sie oft gezielt nachgefragt werden.“

Das Informationsblatt im Netz:

www.verfassungsschutz.brandenburg.de

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