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Brandenburg: Nazis dürfen Finowfurt beschallen

NPD-Funktionär setzt rechtes Musik-Festival beim Verwaltungsgericht durch

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Finowfurt/Potsdam - Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat am gestrigen Freitag ein von dem NPD-Funktionär Robert Wolinski organisiertes Neonazi-Konzert in Finowfurt (Barnim) genehmigt. Brandenburg steht damit an diesem Samstag das größte Neonazi-Konzert seit Jahren bevor. Erwartet werden bei dem „Sonnentanz Festival“ auf dem Gehöft von Klaus Mann, Ex-Landeschef der Neonazi-Partei „Die Rechte“ und letzter Landeschef der DVU, bis zu 500 Teilnehmer.

Doch größere Proteste wie sonst in Finowfurt bei Klaus Manns Neonazi-Veranstaltungen wird es diesmal nicht geben. Die zivilgesellschaftlichen Gruppen hatten sich auf das Verbot des Konzerts durch den Landkreis Barnim und die Gemeinde Schorfheide verlassen. Doch der Beschluss des Gerichts macht dies nun zunichte. Die Gruppen, die gemeinsam mit der Gemeinde und Politikern Gegendemonstrationen organisieren, sind völlig unvorbereitet. Alle seien verplant und hätten keine Zeit, hieß es. Das Aktionsbündnis befürchtet, dass sich Finowfurt nun wieder als zentraler Veranstaltungsort für die Neonazis etablieren könnte.

Bislang hatte die Gemeinde vor Gericht oft Erfolg mit ihren Verboten von rechtsextremen Veranstaltungen auf dem Grundstück von Mann. Wolinski hat nun einen rechtlich geschickten Weg gewählt, um gegen den Bescheid von Kommune und Landkreis vorzugehen. Er beantragte einstweiligen Rechtsschutz in dem erst am Donnerstag beim Gericht eingegangenen Eil-Antrag gegen die Verbotsverfügung, wie ein Gerichtssprecher den PNN am Freitag bestätigte. Ganz konkret ging der NPD-Funktionär dagegen vor, dass das Verbot nicht sofort vollziehbar und sein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung haben sollte. Nun bestätigte das Gericht, dass Wolinskis Widerspruch doch aufschiebende Wirkung hat, der Verbotsbescheid also nicht sofort umgesetzt werden kann. Die Folge: Das Festival kann stattfinden.

Allerdings hat Wolinski, Vorstandsmitglied in der Brandenburger NPD und Stadtverordneter in Velten (Oberhavel), selbst schon seine Pläne zusammengestrichen. Ursprünglich sollte das Festival von Freitag bis Sonntag dauern, nun bleibt nur noch der Samstag übrig.

Das Grundstück der Familie Mann in Finowfurt gilt seit rund zehn Jahren als einer der wichtigsten Orte für Zusammenkünfte der rechtsextremistischen Szene in Berlin und Brandenburg – mit Rechtsrockkonzerten und braunen Festen. Oftmals war auch die Polizei eingeschritten, wenn indizierte Musik gespielt wurde. Wolinski wollte auch Ende April in Finowfurt bei Familie Mann seinen 28. Geburtstag feiern. Weil aber Stunden zuvor in sozialen Netzwerken dafür geworben wurde, ging die Polizei von einer öffentlichen Veranstaltung aus – und untersagte die Party.

Diesmal sind in der internationalen Neonazi-Szene namhafte Bands angekündigt. Die bekannteste davon ist die US-Band „H8Machine“. Die Hardcore-Band bekennt sich offen zum Nationalsozialismus und hat sich bereits deutlich antisemitisch geäußert. Ebenso für die Szene bedeutend ist der Gütersloher Rapper Julian Fritsch, der unter dem Künstlernamen „Makss Damage“ auftritt. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des „NS-Rap“. Neonazi-Konzerte gelten als eines der wichtigsten Mittel, um neue Anhänger zu gewinnen und die vorhandenen bei Laune und – vor allem – ideologisch auf Kurs zu halten.

Bemerkenswert ist im Fall Finowfurt die Rolle von Wolinski. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden ist er eine der zentralen Figuren in Brandenburgs Neonazi-Szene. Er verfügt über enge Kontakte in die rechtsextreme Konzert- und Musikszene bundesweit, war Anmelder rechter Musikveranstaltungen – auch in Finowfurt. Kenner sehen in Wolinski ein Bindeglied zwischen NPD und der starken subkulturellen Neonazi-Szene.

Mehrfach ist Wolinskis Wohnung in Velten von den Ermittlungsbehörden durchsucht worden. Zudem hatte er im November 2014 in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) ein nicht angemeldetes Konzert organisiert, an dem bis zu 500 Neonazis teilnehmen wollten. Als die Polizei die Veranstaltung auflöste, kam es zu gewalttätigen Angriffen, ebenso im Jahr zuvor in Viereck bei Pasewalk. Im November 2013 war er Rädelsführer eines Neonazi-Fackelmarsches durch Hennigsdorf (Oberhavel) für den verstorben NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke. Alexander Fröhlich

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