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SPD in Klausur: Neben Kreisreform auch Schulstrukturreform
Laut Bildungsministerin Martina Münch gibt es in Brandenburg für die Gemeinschaftsschule zu wenige Schüler. Außerdem will die SPD noch einmal über Kürzungen bei den freien Schulen nachdenken.
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Potsdam - Neben der Kreisreform wollen die Sozialdemokraten einen Umbau des Bildungssystems in Brandenburg vorbereiten, wobei Schulschließungen nicht ausgeschlossen sind. Das geht aus einem den PNN vorliegenden Papier von SPD-Bildungsministerin Martina Münch für die Klausurtagung der Landtagsfraktion in Joachimsthal (Barnim) hervor, die am Donnerstag beendet wurde. Wegen zurückgehender Kinderzahlen werden danach „landesweit ab 2020 viele Grundschulstandorte nach heutigen Parametern nicht zu halten sein“, heißt es darin. Ab 2030 werde der Schülerrückgang auch die weiterführenden Schulen erreichen. Brisant ist dieser Befund von Münch: Selbst für das klassische Modell der „Gemeinschaftsschule“, die die Linken, aber auch die SPD favorisieren, werde es „keine ausreichenden Schülerzahlen“ geben. Wie aus dem Münch-Papier weiter hervorgeht, soll deshalb „mittelfristig“ eine „Regierungskommission zur Schulstrukturentwicklung“ eingesetzt werden.
Brandenburgs Schulsystem ist bislang so strukturiert, dass nach der sechsjährigen Grundschule entweder die Oberschule oder das Gymnasium folgt, vereinzelt gibt es noch Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe. Im Zuge der sogenannten „Inklusion“ sollen langfristig – mit Ausnahme von extrem schweren Fällen – Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie Lern- und Verhaltensschwächen nicht mehr in separaten Förderschulen, sondern in den regulären Schulen mit unterrichtet werden. Die SPD-Fraktion legte sich nun fest, dass dieses „gemeinsame Lernen nur mit mehr Personal“ gehen wird, wie Fraktionschef Ralf Holzschuher sagte. Linie der Fraktion ist es, dass die Zusammenführung von Förderschulen und herkömmlichen Schulen von unten wächst, ohne Druck, ohne Zeitplan. Wie berichtet hatten frühere Ankündigungen von Münch, wonach die Förderschulen bis 2019 auslaufen, bei Schulen, Lehrern und Eltern massive Unruhe ausgelöst. Die Ministerin legt sich inzwischen nicht mehr auf ein Zieldatum fest.
Dafür will die rot-rote Koalition einen neuen grundständigen Studiengang Sonderpädagogik an der Uni Potsdam einrichten, der ab 2013/2014 etwa 60 Studierende jährlich ausbildet. Um die Finanzierung wird noch gerungen. Die Landtagsfraktion der Linken, die sich zu einer parallelen Klausur nach Bad Saarow (Oder-Spree) zurückgezogen hatte, forderte gestern in einem Beschluss, dass die Vorbereitungen für den Sonderpädagogik-Studiengang „unverzüglich in Angriff genommen und die finanziellen Ressourcen dazu bereitgestellt werden“. Außerdem wollen die Linken, dass der Richtwert für die Einrichtung von Klassen für alle Grundschulen von 25 auf 23 Schüler reduziert wird. Der rot-rote Wettlauf um Verbesserungen im Bildungs- und Wissenschaftssystem ist nach den gerade von der Landesregierung beschlossenen Kürzungen etwa bei den freien Schulen, aber auch bei Bundesmitteln für Hochschulen, von denen ein Teil durch einen Trick im Landeshaushalt bleiben soll, nicht ohne Brisanz. Gegen den Rotstift an beiden Stellen gibt es intern Widerstände, selbst bei SPD und Linken. SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher stellte offen klar, dass das letzte Wort bei Kürzungen an freien Schulen nicht gesprochen ist. „Wir prüfen das. Es kann sein, dass wir gegensteuern“, sagte er. Und Vize-Fraktionschefin Susanne Melior erklärte: „Es gibt keine Garantie für die Landesregierung, dass ihr Gesetzentwurf unverändert beschlossen wird.“
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