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Rechtsextreme Angriffe: Neonazis verbreiten Angst

Wieder haben sie nachts zugeschlagen, wieder traf es einen Jugendklub, Parteibüros und auch Bewohner eines Flüchtlingsheimes.

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Potsdam/Berlin - In der Nacht zu Dienstag griffen Rechtsextremisten in Waßmannsdorf (Dahme- Spreewald) das Asylbewerberheim mit Steinen und Farbbeuteln an. Ein Stein landete im Zimmer einer schlafenden Bewohnerin. Ein Farbbehälter hat laut Landrat Stefan Loge (CDU) nur knapp ihren Kopf verfehlt. Die Frau aus Afghanistan, die in Deutschland Asyl sucht, sei mit dem Schrecken davongekommen, teilte der Verein Opferperspektive mit. Die Täter sprühten zudem ein Hakenkreuz und den Spruch „Rostock ist überall“ sowie „NW Berlin“ an die Wand, womit die 1992 weltweit bekannt gewordenen Pogrome in Rostock-Lichtenhagen gemeint sein dürften. Den Zaun um das Gelände haben die Angreifer zerschnitten. Landrat Loge sagte: „Das war ein menschenverachtender, krimineller Angriff.“ Die Innenexpertin der Grünen-Fraktion im brandenburgischen Landtag, Ursula Nonnenmacher, verurteilte den Angriff. „Leider bleibt der Kampf gegen rechtsextremes ausländerfeindliches Gedankengut in Brandenburg auf der Tagesordnung“, sagte sie.

In den vergangenen Wochen sind vermehrt Angriffe von Neonazis registriert worden, rund um und in Berlin. Erst am Sonntag hatte es einen Anschlag auf das Haus des Sprechers der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“, Jörg Wanke, gegeben. Der Briefkasten wurde gesprengt, der Versuch, eine Scheibe mit einem Stein einzuwerfen, scheiterte. Die Polizei schließt einen politischen Hintergrund nicht aus, der Staatsschutz ermittelt. Zossens Bürgermeisterin Michaela Schreiber dagegen erklärte in der Lokalpresse, für Wanke tue es ihr persönlich leid, „so wie für jeden anderen auch, der von einer solchen Sachbeschädigung betroffen sei“. Dieser Vorfall würde es aber nicht rechtfertigen, dass Wanke die Stadt erneut bewusst als „Hort des Rechtsextremismus“ dargestellt.

Tatsächlich hinterließen Neonazis in Zossen in den vergangenen Tagen Hakenkreuze auf einem Mahnmal für die Opfer des Faschismus und an anderen Stellen. Stolpersteine, die an jüdische Opfer des Nationalsozialismus erinnern, wurden geschändet. Zossen war 2010 wegen eines Brandanschlags auf das „Haus der Demokratie“ und zahlreicher Angriffe auf Mitglieder der Initiative in die Schlagzeilen geraten. Die hiesige Kameradschaft „Freie Kräfte Teltow Fläming“ wurde 2011 verboten.

In Berlin–Britz wurde am Dienstag das Anton-Schmaus-Haus mit Hakenkreuzen und unverhohlenen Morddrohungen beschmiert. In Tegel wurden die Scheiben eines Büros der Linken zerstört und rechtsradikale Parolen hinterlassen. Die mutmaßlich selben Täter griffen auch ein SPD-Büro in Spandau an. Innensenator Frank Henkel (CDU) hat noch am Dienstag Reaktionen angekündigt. „Die jüngste Häufung solcher feigen Taten erfüllt mich mit großer Sorge“, sagte Henkel. „Es liegt nahe, dass es sich hier um Einschüchterungsversuche aus dem rechtsextremen Spektrum handelt. Das dürfen wir uns als Demokraten nicht bieten lassen.“

Immer wieder hatten Neonazis junge Besucher des Anton-Schmaus-Hauses angegriffen und Wände in Britz mit rechtsextremen Parolen überzogen. Das Haus ist als Zentrum der Falken, eines SPD-nahen Jugendverbandes, im Visier rechtsradikaler Cliquen. Vergangenes Jahr wurde dort innerhalb von fünf Monaten zweimal Feuer gelegt – der am Dienstagmorgen an eine Wand gesprühte Spruch „Ihr interessiert uns brennend“ kann deshalb nicht als leere Drohung verstanden werden. Nach den zwei Brandstiftungen hatte die Versicherung den Falken gekündigt. Am Dienstag sind auch auf dem Weg zu dem Jugendtreff großflächig Nazi-Symbole angebracht worden. Die Falken befürchten, dass Rechtsextreme versuchen könnten, die Zeit bis zum Fertigstellen eines Zaunes für einen Anschlag zu nutzen. Senator Henkel hat nun nächtlichen Objektschutz angeordnet.

Auffällig ist, dass an den Tatorten am Dienstag die Adresse der bekannten Neonazi-Seite „NW-Berlin.net“ hinterlassen wurde. Das nährt den Verdacht, dass die Täter zum Netzwerk um die Homepage des „Nationalen Widerstand Berlins“ gehören. Auf der Seite ist eine „Feindesliste“ mit Namen von Politikern, Antifa-Aktivisten und Journalisten veröffentlicht. Der Verweis auf die Seite taucht in Neukölln, Treptow, neuerdings aber auch im angrenzenden Umland auf. Wie berichtet hatten Neonazis in Schöneweide mehrfach Büros und Privatwohnungen von Mitgliedern der SPD und der Linken angegriffen. Auch in Jugendklubs in Beeskow und Fürstenwalde waren Scheiben eingeschlagen und der Name der Internetseite an Wände gesprüht worden.

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