
© Manfred Thomas
Von Jan Kixmüller: Neue Spielräume
Die neue Wissenschaftsministerin Sabine Kunst kennt keinen Stillstand
Stand:
Potsdam - Ambitionen wurden ihr ja schon immer nachgesagt. Nun hat sie es also endlich geschafft. Die Präsidentin von Brandenburgs größter Hochschule, Sabine Kunst, wird neue Wissenschaftsministerin des Landes. Schon zum Regierungswechsel in Brandenburg 2009 hieß es, die Präsidentin der Universität Potsdam habe Wissenschaftsministerin werden wollen. Nur Gerüchte. Dann hieß es, sie habe sich um das Amt der Präsidentin der Berliner Humboldt Universität bemüht. Sie dementierte. Kurz darauf im Sommer 2010 dann die große Überraschung: Die 56-jährige Wissenschaftlerin mit technischer und sozialwissenschaftlicher Expertise wurde an die Spitze der weltweit größten akademischen Austauschorganisation – dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) – gewählt. Ein Ehrenamt wohlgemerkt, in Potsdam blieb sie weiter an der Spitze der Universität. Sie wisse das Haus gut aufgestellt und sich durch ihren ehrenamtlichen Vize Thomas Grünewald auch bei Abwesenheiten bestens vertreten.
Es war also schon alles eingefädelt. Die Zeichen standen auf Weiterkommen. Sabine Kunst schätzt den Stillstand nicht, sie sucht neue Herausforderungen. Und immer dann, wenn sie eine neue Aufgabe übernimmt, wirkt sie am stärksten. Im Herbst 2010 dann die nächste Überraschung: Die Hochschulmanagerin Kunst war für die Wahl zur Rektorin der Universität Leipzig nominiert. Gründe aus Brandenburg wegzugehen gab es. Hatte doch gerade das Wissenschaftsministerium der Potsdamer Uni fünf Millionen Euro Rücklagen weggenommen. Kunst galt in Leipzig als Favoritin – und fiel dann völlig unerwartet durch. Es folgte ein Bekenntnis zu Potsdam und der hiesigen Universität. Manch einer munkelte, nun sei Sabine Kunst in den Verhandlungen mit dem Wissenschaftsministerium eine „lame duck“, habe ihre Autorität verloren. Ihre Amtszeit an der Potsdamer Uni lief noch bis Ende 2012. Die Spitze der 600 Jahre alten Universität Leipzig wäre das i-Tüpfelchen auf ihrer Hochschulkarriere gewesen.
Doch ihre Person blieb von der Leipziger Episode unbeschädigt. Vielmehr bewies Kunst wieder einmal, dass sie sich so schnell nicht unterkriegen lässt. Am gleichen Tag ihrer Niederlage in Leipzig wurde zudem bekannt, dass sie zur Hochschulmanagerin des Jahres 2010 gekürt worden war. Was zeigte, dass sie sich gerade als Hochschulmanagerin einen Ruf weit über Potsdam hinaus erarbeitet hatte. Der auch gerechtfertigt ist. Denn trotz aller internen Widerstände war es ihr in relativ kurzer Zeit gelungen, die Potsdamer Hochschule nach ihren Vorstellungen umzustrukturieren. Sie machte die Uni für den Exzellenzwettbewerb fit, erhöhte die Drittmitteleinwerbung stark, und schaffte ein enges Netzwerk mit den außeruniversitären Einrichtungen Potsdams („Pearls“). 2010 warb man eine Humboldt-Stiftungs-Professur ein, die Bewerbung für ein Exzellenzcluster läuft.
Sabine Kunst gab sich auch nie mit einem Fachgebiet zufrieden. Die dreifache Mutter promovierte nacheinander in Umweltbiotechnologie und Politikwissenschaft, habilitierte sich 1990 am Fachbereich Bauingenieur- und Vermessungswesen der Universität Hannover, als Expertin für Wasser- und Abwasserbiologie. An der Uni Hannover war sie dann auch bis zu ihrem Wechsel an die Potsdamer Uni Vizepräsidentin für Lehre, Studium, Weiterbildung und Internationales. Auslandsaufenthalte und vielfältige Kontakte ins Ausland sind eng mit der Biographie der Wissenschaftlerin verbunden. So passte die Wahl zur DAAD-Chefin nur gut ins Bild.
Noch zum diesjährigen Neujahrsempfang der Universität vor nicht einmal zwei Wochen hatte Sabine Kunst gesagt, sie wünsche sich mehr Muße. Dies sei schließlich Voraussetzung für den Erhalt von Kreativität und Schaffenskraft. Und die werde sie brauchen, angesichts der drohenden Einsparungen, die durch den Rückgang des Landeshaushaltes um zwei Milliarden Euro bis 2020 auch auf die Wissenschaft zukommen. Sabine Kunst sprach dabei schon vieldeutig von „neuen Herausforderungen“. Die hat sie nun. Und die nachdrücklich von den Hochschulen vom Land eingeforderten Wiederauflage des Hochschulentwicklungsplans wird sie nun selbst mit den Uni-Chefs aufsetzen dürfen. Nun wird sich auch zeigen, wie viel Spielraum die neue, parteilose Ministerin bei den angedrohten Kürzungen des Wissenschaftsetats um 27 Millionen Euro hat – zumal nicht nur die Wissenschaft sondern auch die Kultur in ihr neues Ressort fallen. Aber so wie man Sabine Kunst bislang kennt, können sich ihre neuen Ministerkollegen für die Verhandlungen schon einmal warm anziehen.
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