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Brandenburg: Neuer Korruptionsverdacht am Flughafen
Die Haustechnik-Firma Imtech ist offenbar in einen Bestechungsskandal um Kraftwerke verwickelt. Und es gibt eine Verbindung zum BER. Das Anti-Korruptions-Team am BER prüft den Vorfall
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Schönefeld – Am künftigen Hauptstadt-Flughafen wächst die Sorge vor einem neuen Korruptionsfall. Nach PNN-Informationen prüfen Anti-Korruptions-Überwacher der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) aktuell, ob es bei Vergaben an die Firma Imtech möglicherweise Auffälligkeiten und Ungereimtheiten gibt. Imtech ist einer der großen Auftragnehmer am BER, baut im Terminal die Haustechnik (Heizung, Klima) und neben Siemens und Bosch auch die Brandschutzanlage, dort das Sprinkler-System. Auslöser der Aktivitäten ist ein vorige Woche im „Handelsblatt“ veröffentlichter Bericht, wonach Imtech beim Bau von Kraftwerken des RWE-Konzerns im westfälischen Hamm und im holländischen Eemshafen an einem Baukartell beteiligt gewesen und den Stromriesen dort um Millionen betrogen haben soll. Aufgeschreckt ist der Flughafen, weil es nach dem „Handelsblatt“-Bericht eine Verbindung zur Berliner BER-Baustelle gibt: Hinweise auf hier ausgestellte Scheinrechnungen.
Am BER hatte Flughafenchef Hartmut Mehdorn nach dem Korruptionsskandal um den gefeuerten und mittlerweile wegen Bestechlichkeit und Betruges verurteilten früheren Technikchef Jochen Großmann das System der Korruptionsvorbeugung verschärft. Seit wenigen Wochen hat der Flughafen mit der früheren Wirtschaftsstaatsanwältin Elke Schaefer dafür einen eigenen Compliance-Officer. Sie hat nun den ersten Fall. Auf PNN-Anfrage bestätigte Flughafensprecher Ralf Kunkel: „Die Compliance-Abteilung der FBB informiert sich derzeit über den im ,Handelsblatt’ geäußerten Korruptionsverdacht gegen Imtech.“ Weitere Einzelheiten nannte er nicht.
Laut „Handelsblatt“, das sich auf einen Whistleblower bei Imtech und der Zeitung vorliegende Dokumente beruft, soll Imtech im Rahmen des Baukartells den RWE-Stromkonzern so betrogen haben: Bei Ausschreibungen sollen sich Konkurrenten zurückgehalten oder bewusst viel zu hohe Gebote abgegeben haben, sodass Imtech trotz überteuertem Angebot einen Auftrag erhielt. Im Gegenzug sollen die Firmen dann Imtech Scheinrechnungen gestellt haben, für Leistungen, die in Wirklichkeit nie erbracht, aber trotzdem bezahlt wurden.
Dem „Handelsblatt“ liegen solche Rechnungen vor, und hier führt eine Spur nach Berlin. „Manche waren auf die RWE-Projekte gebucht, andere auf den neuen Berliner Flughafen“, heißt es in dem Bericht. Imtech wollte sich zu dem Kartell-Verdacht um die RWE–Kraftwerke bisher nicht äußern, hat aber eine interne Prüfung durch die eigene Compliance-Abteilung bestätigt. Der holländische Konzern war in den letzten Jahren mehrfach in Korruptionsskandale verwickelt, hatte etwa 2013 einige Manager selbst bei der Hamburger Staatsanwaltschaft angezeigt.
Den Millionen-Auftrag für die Haustechnik im Fluggastterminal hatte Imtech in einer Arbeitsgemeinschaft mit einer anderen Firma bereits im Jahr 2009 erhalten. „Imtech ist verantwortlich für die Heizungs- und Kältetechnik, inklusive eines Wärmerückgewinnungssystems, das mindestens 70 Prozent der entstehenden Wärme wieder verwertet“, hieß es in der damaligen Presseerklärung der Firma. „2,5 Millionen Kubikmeter Luft werden pro Stunde in dem neuen Terminal klimatisiert. Darüber hinaus werden im Rahmen der Brandschutztechnik 50 000 Sprinklerköpfe eingebaut.“ Außerdem hieß es: „Imtech ist weiterhin daran interessiert, bei künftigen Aufträgen innerhalb dieses Projektes berücksichtigt zu werden.“
Die Schlagzeilen um Imtech werfen nicht nur für den Flughafen und seine Compliance-Mannschaft Fragen auf, sondern inzwischen bereits für die Politik. Die CDU-Opposition in Brandenburgs Landtag hat mit der Überschrift „Baukartell – BER“ jetzt eine Kleine Anfrage an die Potsdamer Landesregierung gestellt. Die CDU-Abgeordneten Ludwig Burkardt und Rainer Genilke wollen unter anderem wissen, welches Volumen die der Firma Imtech erteilten Aufträge bisher haben, in welchen Verfahren die Aufträge erteilt wurden, wie viele Mitbewerber es gab.
Die Berliner BER-Dauerbaustelle ist für den Imtech-Konzern, der auch wirtschaftlich Probleme hat, offenbar lukrativ. In der Vergangenheit, nach der verschobenen Flughafeneröffnung im Jahr 2012, hatte die FBB bereits Konflikte mit Imtech, da aus ihrer Sicht Abrechnungen und Stundensätze von der Firma zu hoch angesetzt wurden.
Den Verdacht verdeckter Preisabsprachen von beteiligten Firmen gab es auch am BER-Flughafen bereits, allerdings nicht gegen Imtech. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt gegen Großmann und weitere Personen im Zusammenhang mit der Vergabe von Planungsleistungen für den neuen Flughafen. Zwar dauern die Ermittlungen noch an, die Anklagebehörde wartet noch ein Gutachten ab. Doch bestätigte Oberstaatsanwalt Frank Winter auf Anfrage, dass nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen sich der Preisabsprachen-Verdacht nicht bestätigt hat, dieses Ermittlungsverfahren voraussichtlich eingestellt wird.
Eine Anklage wegen Korruption am Flughafen wird gerade verhandelt. Am Landgericht Cottbus läuft momentan der Prozess gegen einen Ex-Geschäftsführer des Märkischen Wasser- und Bodenverbandes und weitere Manager. Im Gegenzug für Aufträge an Fremdfirmen zum Bau von Wasserleitungen für den Airport, so die Anklage, soll es private Gegenleistungen gegeben haben. Thorsten Metzner
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