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Rechtsextreme stürmen 1. Mai-Kundgebung in Weimar.

© dpa

Neonazi-Übergriff am 1. Mai in Weimar: NPD-Nachwuchs will den Kampf um die Straße

40 Neonazis griffen eine DGB-Veranstaltung am 1. Mai in Weimar an, darunter waren offenbar auch zehn Rechtsextremisten aus Brandenburg. Warum dieser Angriff eine neue Qualität hat.

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Potsdam/Weimar - Nach dem Angriff von etwa 40 Neonazis auf eine DGB-Veranstaltung am 1. Mai in Weimar verdichten sich nach PNN-Recherchen die Anzeichen darauf, dass die Aktion bei der auch zehn Brandenburger Rechtsextremisten anwesend waren, bereits Monate vorher gezielt geplant worden ist. Dabei war auch eine Führungsfigur des NPD-Nachwuchses „Junge Nationaldemokraten“ (JN) aus Brandenburg: Der Baruther Pierre Dornbrach (26). Die überfallartige Attacke war nach PNN-Recherchen vom JN-Bundesvorstand von langer Hand geplant – und Dornbrach ist Vize-Bundeschef des NPD-Nachwuchses, daneben Landeschef in Brandenburg und seit Kurzem Vize-Chef des NPD-Kreisverbands Dahmeland.

Audiodatei: "Auf linken Veranstaltungen für ein bissel Furore sorgen"

Auf dem Web-Portal indymedia.org ist vergangene Woche eine etwa drei Monate alte Audiodatei aufgetaucht, die belegen soll, dass es schon länger Pläne von der JN für einen Übergriff auf Kundgebungen zum 1. Mai gab: „Guten Morgen, also wir werden zum 1. Mai nichts anmelden, da wir für uns beschlossen haben, dass das im Moment sinnlos ist, irgendwo was anzumelden. Wir werden uns lieber dezentral treffen und dann auf linke Veranstaltungen gehen und da ein bissel für Furore sorgen.“ Die Stimme soll vom Vorsitzenden der JN Sachsens, Paul Rzehaczek, stammen. Er selbst hat sich dazu auf Nachfrage bisher nicht geäußert.

Diese und zahlreiche weitere Audio- Dateien sollen vom Handy des Leipziger Rechtsextremisten Alexander Kurth stammen. Der war am 3. März jeweils vor und nach einer Legida-Demonstration in Leipzig von äußerst brutal vorgehenden Vermummten überfallen worden. Dabei soll auch sein Handy entwendet worden sein.

Kampf um die Straße

Dass es sich bei der Audio-Datei nicht um eine Einzelmeinung handelt, zeigt der Aufruf des JN-Bundesvorstandes zum 1. Mai vom 29. April. Dort heißt es: „Denn ihr obliegt ein Gedanke, der fernab von den konventionellen sowie mittlerweile auch ausgetretenen Pfaden ist und sich lieber neuen Methoden widmet, das bereits mehrfach angesprochene Ziel zu erreichen. Eine dieser Methoden könnte sein, am kommenden Freitag eher Veranstaltungen aufzusuchen, wo das Volk oder unseretwegen auch der Verblendete jedoch mit einem noch sozialen Anspruch demonstrierende – vielleicht nicht weniger idealistische – Arbeiter aufzufinden ist. () Ihr wollt einen Kampf um die Straße? Dann lasst sie uns wieder zurückholen!“

Dass bei solchen Plänen auch Weimar als Ziel diskutiert worden war, behauptet Steven Hummel vom Kulturbüro Sachsen. Er verweist auf die Facebook-Seite der JN Sachsen. Dort soll am 30. April 2015 dazu aufgerufen worden sein, es den sogenannten „Arbeiterverrätern“ zu zeigen. Dazu sollen Veranstaltungshinweise gepostet worden sein, die mögliche Ziele darstellen könnten. Mit dabei war nach seiner Aussage auch die Veranstaltung in Weimar. Mittlerweile ist dazu nichts mehr zu finden.

Gewerkschafter als Arbeiterverräter beschimpft

Die 40 Neonazis – neben Brandenburg aus Sachsen, Thüringen und Hessen – hatten Besucher der Gewerkschaftskundgebung attackiert und drei Menschen leicht verletzt. Zudem beschimpften sie Gewerkschafter als „Arbeiterverräter“.

Dass eine Führungsfigur des NPD-Nachwuchses aus Brandenburg und mehrere Personen aus seinem Umfeld dabei waren, wirft ein Schlaglicht auf die Aktionen der NPD in den vergangenen Wochen. Bislang fielen die Neonazis nämlich bei ihren zahlreichen Aufmärschen gegen Flüchtlingsheime in Brandenburg bislang nicht mit Gewalttaten und Attacken auf. Bei der Attacke aber waren auch Personen wie Patrick N., der in Luckenwalde (Teltow-Fläming) für die Anmeldung von rechten Aufzügen gegen ein dortiges Asylbewerberheim verantwortlich sein soll. Ein weiterer war nach PNN-Informationen Mark Michalski. Er sitzt für die NPD in der Gemeindevertretung von Halbe, führt als Vorsitzender den NPD-Ortsverband im Amt Schenkenländchen und ist auf rechten Veranstaltungen als Liedermacher aktiv. Die zehn am Angriff in Weimar beteiligten Neonazis stammen aus Storkow, Bad Saarow (Oder-Spree), Baruth, Zossen (Teltow-Fläming), Groß Köris und Halbe (Dahmeland-Spreewald) – Landkreise, in denen der NPD-Nachwuchs äußerst aktiv ist.

NPD-Landeschef Klaus Beier wertete die Aktion der JN in Weimar übrigens nicht als Angriff, sondern als „eine legitime Protestaktion gegen den globalen Kapitalismus“. 

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