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US-Dokumente veröffentlicht: Nukleare Feuerstürme über Brandenburg
Eine bislang geheim gehaltene Zielliste des US-Militärs zeigt: Die Amerikaner bereiteten sich im Kalten Krieg auf Atombombenabwürfe vor. Zu den ausgemachten Zielen zählten auch mehrere Orte in Brandenburg - mit verheerenden Folgen.
Stand:
Während des Kalten Krieges plante das US-Militär für den Ernstfall Atombombenabwürfe über den Ostblock-Staaten, auch in Brandenburg machten die Amerikaner mehrere potenzielle Ziele aus. Das geht aus einer US-Zielliste von 1956 hervor, die das National Security Archive jetzt veröffentlicht hat. Im Kriegsfall sollten die US-Atombomber die deklarierten Ziele zwischen DDR und China drei Jahre später, also 1959, angreifen. Noch nie zuvor sei eine solche umfassende und detaillierte Aufstellung zu dem Thema zugänglich gewesen, erklärte das Institut. 60 Jahre wurden die als „top secret“ markierten Dokumente unter Verschluss gehalten.
Ganz oben auf der Tausende Ziele umfassenden und nach Priorität geordneten Liste des „Stratetic Air Command“ (SAC) stehen Flugplätze in Weißrussland, wo sowjetische TU-16-Bomber stationiert waren. Die sowjetische Luftwaffe zu zerstören, hatte für die Amerikaner höchste Priorität. In Moskau sollten zudem 179, in Leningrad 175 Ziele attackiert werden.
Systematische Zerstörung geplant
Rund um Ostberlin markierte das US-Militär dabei 91 potenzielle Ziele, in den Dokumenten ist von „systematischer Zerstörung“ des Gebietes die Rede. Ähnlich wie in Moskau sahen die Amerikaner Angriffe auf Fabriken, Elektrizitätswerke, Gleise, Treibstofflager und Fernseh- und Radiostationen vor. Aber auch die Bevölkerung wird als Ziel genannt. Mit den Angriffen auf Großstädte sollte vermutlich die Kampfmoral des Gegners geschwächt und die Kriegsdauer somit verkürzt werden.
Die Ziele in Brandenburg
Wichtigstes Ziel in Brandenburg war der Flugplatz in Groß Dölln (Uckermark) auf Rang 70. Auf dem größten sowjetischen Flugplatz in der DDR waren dem US-Historiker William Burr zufolge zunächst Bomber und später auch Kampfflugzeuge stationiert. Weitere Angriffsziele unter den Top 100 waren im Brandenburgischen die Flugplätze in Werneuchen (Barnim, Rang 82), Oranienburg (Oberhavel, Rang 95) und Welzow (Spree-Neiße, Rang 96). Die dortigen Standorte wären laut Burr wahrscheinlich mit thermonuklearen Waffen angegriffen worden, diese weisen ein Hundertfaches der Sprengkraft der Atombombe von Hiroshima auf. Mit den Attacken auf die Flugplätze wollte die US-Armee die sowjetische Luftwaffe daran hindern, in den Krieg eingreifen zu können, so Burr.
Weitere Ziele in Brandenburg waren die Flugplätze in Brandenburg-Briest, Cottbus, Schönefeld (Dahme-Spreewald), Alt Lönnewitz, Fürstenwalde (beide Elbe-Elster), Briesen (Oder-Spree), Neuruppin, Wittstock (beide Ostprignitz-Ruppin), Drewitz, Jocksdorf (beide Spree-Neiße) und Jüterbog (Teltow-Fläming).
Auf einer zweiten veröffentlichten Liste sind weitere Angriffsziele im Großraum Ostberlin vermerkt, denen das SAC offenbar militärische und industrielle Bedeutung beigemessen hat – darunter Anlagen in Bernau, Hennigsdorf, Oranienburg, Potsdam, Schönwalde und Velten. Hier sollten kleine Bomben und Raketen zum Einsatz kommen.
US-Forscher: Auch Westberlin wäre betroffen gewesen
Durch die Atombombenangriffe wäre das Gebiet rund um Ostberlin großflächig mit nuklearen Strahlen verseucht worden. Ob das US-Militär dabei auch die Folgen für Westberlin kalkuliert hatte, ist bislang unklar. Burr zweifelt daran: „Die Atombombenabwürfe auf Ostberlin und seine Vororte hätten unter anderem nuklear erzeugte Feuerstürme verursacht. Das hätte für Westberlin katastrophale Folgen gehabt.“
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