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Brandenburg: Nutzte Platzeck sein Büro für Parteizwecke?

Streit um Unterstützung für Ex-Regierungschef: Brisanter Vermerk der Staatskanzlei

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Potsdam - Brandenburgs Landesregierung und die rot-roten Koalitionäre im Landtag wollen die Debatte um die finanzielle Unterstützung für den früheren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) mit einem neuen Ministergesetz endgültig begraben, das sie selbst seit 2013 verschleppt haben. Dabei sind noch Fragen offen und blieben auch am gestrigen Dienstag bei der auf Antrag von CDU und Grünen anberaumten Sondersitzung des Haushaltsausschusses unbeantwortet. Der Fall gewinnt zudem neue Brisanz. Denn nach PNN-Informationen hat Platzeck in seinem Büro in der SPD-Landtagsfraktion, wo auch der von der Staatskanzlei bezahlte persönliche Mitarbeiter sitzt, keineswegs nur Aufgaben erledigt, die aus seiner Zeit als Regierungschef herrühren oder mit der Fraktion zu tun haben.

Ein vertraulicher Vermerk der Staatskanzlei zu Platzecks Kontakten im Landtag, der den PNN vorliegt, legt den Verdacht nahe, dass der frühere Ministerpräsident sein Büro auch für Parteizwecke genutzt hat. Dem Papier zufolge hat es neben diversen Gesprächen mit Landtagsabgeordneten, Regierungsvertretern und Fachreferenten, Verbänden, Stiftungen und Journalisten auch Gesprächsrunden explizit mit Parteigenossen gegeben. Dabei sind Tätigkeiten für die Fraktion oder die Staatskanzlei strikt von Parteiarbeit zu trennen. Konkrete Parteiarbeit hat im Landtag nichts zu suchen. Dennoch hat es laut dem Papier der Staatskanzlei zu Platzecks Kontakten in seinem Büro Gespräche mit SPD-Unterbezirken und Ortsvereinen gegeben.

Ausdrücklich hat der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Jan Redmann, im Haushaltsausschuss eigens Staatskanzleichef Rudolf Zeeb gefragt, ob gegen die politische Chancengleichheit verstoßen wird und ob Zeeb ausschließen könne, dass im Landtag und mit dem Mitarbeiter der Staatskanzlei Aufgaben für die SPD oder das Deutsch-Russische Forum, dessen Vorsitzender Platzeck ist, erledigt werden. Zeeb erklärte, dass er davon ausgehe, dass die Schranken des Gesetzes eingehalten werden.

Auch sonst ist die Auflistung durch die Staatskanzlei für Platzecks Büro im Landtag interessant. Darunter fallen auch die Absprachen für einen Vor-Ort-Termin bei der SPD Greifswald/Stralsund, das SPD-Sommerfest oder ein „SPD-Frühlingstreffen Moskau über SPD Reiseservice“, ebenso Treffen mit Regierungsvertretern aus Russland, Weißrussland und der Ukraine.

Zudem listete die Staatskanzlei Mitgliedschaften in Organisationen, Verbänden und Vereinen auf – und vermerkte, welche einen Bezug zur SPD-Fraktion haben. Wie berichtet rechtfertigte SPD-Fraktionschef Klaus Ness das Fraktionsbüro von Platzeck für „nachwirkende Aufgaben“ aus seiner Zeit als Ministerpräsident damit, dass Platzeck die Fraktion berate und Kontakte zu anderen Parlamenten knüpfe. Ein Bezug zur Fraktion ist laut Gesetz zwingend, um einen Raum bereitzustellen. In dem Vermerk der Staatskanzlei sind als Aufgaben mit fraktionsbezogen etwa Platzecks Schirmherrschaft bei den Schlosskonzerten Königs Wusterhausen oder bei der Internationalen Bildungs- und Begegnungsstätte „Johannes Rau“ in der weißrussischen Hauptstadt Minsk, ebenso sein Amt als Aufsichtsrat beim Oberlinhaus in Babelsberg oder seine Ehrenbürgerschaft in Mühlberg.

Ansonsten gab die Debatte im Haushaltsausschuss im Landtag wenig her – Rot-Rot fühlt sich an den selbst auferlegten Zeitraum von 18 Monaten, in dem Platzeck ein Mitarbeiter gestellt werden sollte, nicht mehr gebunden. Mit dieser Frist hatte Rot-Rot im November eine entsprechende Regelung im Nachtragshaushalt begründet – sogar im Antrag für den Haushaltsausschuss. Nur im Gesetz selbst steht die Frist nicht. CDU und Grüne beklagten erneut, Rot-Rot versuche, eine ursprünglich verabredete Frist und auch den Willen des Landtags selbst klammheimlich zu umgehen. Redmann warf Rot-Rot Taschenspielertricks vor. Seit der Landtagswahl habe der Landtag eine neue Geschäftsordnung erarbeitet, das Abgeordnetengesetz beschlossen und die Verfassung geändert. Es wäre genug Zeit gewesen, ein Ministergesetz vor Ablauf der 18-Monats-Frist Ende Februar zu beschließen. „Wenn Sie dies verlängern wollen, hätten Sie das längst ganz offen mit einem Gesetzentwurf tun können, statt klammheimlich hinter dem Rücken des Parlaments“, sagte Redmann. Damit beschädige Rot-Rot die Würde des Amtes des Ministerpräsidenten. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte, das Vertrauen, dass sich die Landesregierung an ihre Zusagen hält, sei beschädigt.

Zeeb erklärte, in dem neuen Ministergesetz solle die Ausstattung „für nachwirkende Aufgaben“ eines Regierungschefs für zwei Jahre gelten. Dies sei nötig, um die weiter laufenden Aufgaben eines langjährigen Ministerpräsidenten, etwa viele Anfragen von Bürgern, zu bewältigen. Weil in der 2013 zunächst verabschiedeten Regelung keine Frist enthalten sei, sei die nun von der Regierung auch für Platzeck angepeilte Spanne von zwei Jahren nicht zu beanstanden. Schon im rot-roten Koalitionsvertrag sei seit November nachzulesen, dass dies geplant sei.

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