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Orthodoxes Kloster in Brandenburg: Geld verdienen mit Gulaschkanone und Glamping
Ein Russland-Fan hatte vor Jahren große Pläne für ein orthodoxes Kloster in Brandenburgs Nordosten. Doch inzwischen stockt der Ausbau. Was ist aus den Plänen geworden?
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In mehreren Metern Höhe auf einem Baugerüst arbeitet Kirchenmaler Sergej Rulevskij an einer Heiligenfigur. Die Wandmalereien in der Kirche des russisch-orthodoxen Männerklosters St. Georg in Götschendorf (Uckermark) kommen langsam voran.
Doch Rulevskij wird noch lange zu tun haben. „Wahrscheinlich dauert es noch etwa vier Jahre, bis die Wandmalereien fertig sind. Wir finanzieren alles nur aus Spenden“, sagt der Abt des Klosters, Daniil Irbits. Der Altarraum ist bereits fertig: Abendmahl, Gottes Mutter mit Jesus, Heilige Bischöfe – alles ist im byzantinischen Stil gemalt, mit bunten, klaren Farben.
Ausbau der Kirche zieht sich
Das neue Kirchengebäude steht bereits seit 2017, doch der Ausbau zieht sich wegen der knappen Mittel hin. „Ich komme immer mit einem weinenden Auge hierher, weil alles so lange dauert“, sagt der Bauunternehmer Ramon Malchow aus dem benachbarten Milmersdorf. Er habe die Kirche mit seinen Mitarbeitern erbaut. Etwa alle halbe Jahre schaue er sich die Fortschritte an. Auch an diesem Tag. Er herzt den Abt freundschaftlich und fährt nach einem kurzen Rundgang durch die Kirche weiter.
Das 2007 gegründete Kloster ist eigenen Angaben zufolge das erste russisch-orthodoxe Kloster des Moskauer Patriarchats in Westeuropa. Hier war Großes geplant: 30 Mönche sollten einziehen. „Momentan sind wir zu fünft“, sagt Irbits. Für mehr Mönche habe er kein Geld. „Ich muss für alle die Krankenversicherung bezahlen“, sagt der Vorsteher.
Gutshaus nur notdürftig gesichert
Die Mönche wohnen in einem Nebengebäude des Gutshauses, einst Rittersitz der von Arnims. Dort waren ein Klosterhotel, ein Ikonenmuseum, Tagungsräume und ein russisches Restaurant geplant. Gläubige aus ganz Europa sollten künftig in das Dorf am Kölpiner See pilgern, Atheisten sollten dort das Klosterleben kennenlernen. Doch das Gutshaus ist nur notdürftig vor Wettereinflüssen geschützt und steht nach wie vor leer. „Man müsste zehn Millionen Euro investieren, die haben wir nicht“, erklärt Irbits.
Russland-Liebhaber hatte Idee für das Kloster
Die Idee, ausgerechnet im protestantisch geprägten Brandenburg ein orthodoxes Kloster zu eröffnen, hatte der Russland-Liebhaber Norbert Kuchinke. Ab 1973 arbeitete der Schauspieler und Journalist für deutsche Magazine in Moskau. Er schrieb Bücher und drehte Filme über die Russisch-orthodoxe Kirche.
Kuchinke arbeitete einige Jahre mit dem Patriarchen von Moskau, Kirill I., am Kloster-Projekt. 2013, zwei Jahre nach der Grundsteinlegung für die Kirche, starb Kuchinke. „Er war unser Antrieb, unsere Lokomotive. Ohne ihn ist es schwierig. Jetzt machen wir mit Gottes Hilfe weiter“, sagt Abt Irbits.
„Ein Vorhaben ist immer so gut, wie der, der federführend dafür verantwortlich zeichnet, und der ist nicht mehr da. Nun müssen eine Handvoll Mönche sehen, wie sie sich über Wasser halten“, sagt Bürgermeisterin Elke Grabowski. „Von dem, was anfänglich versprochen wurde, ist nur ein Bruchteil umgesetzt worden“, bedauert sie. Aus ihrer Sicht hängt die stagnierende Entwicklung auch mit der russischen Invasion in die Ukraine seit 2014 und den Sanktionen gegen Russland zusammen.
Der Krieg in der Ukraine spiele für die finanziell schwierige Lage keine Rolle, sagt der Abt. Schon vorher sei aus Russland kein Geld gekommen. Durch den Krieg und die Flüchtlinge aus der Ukraine sei die russisch-orthodoxe Gemeinde in Deutschland aber gewachsen. „Jetzt bauen wir alle zusammen. Bei Gott gibt es keine Nationalität. Wir sind alle Menschen, das ist wichtig“, betont er. Alles andere sei Politik, und davon verstehe er nichts und wolle auch nichts dazu sagen.
Die großen Konflikte werden auf diese Weise ausgeblendet. Patriarch Kirill und die Russisch-Orthodoxe Kirche befürworten den Angriffskrieg gegen die Ukraine. In der Ukraine hat sich eine eigene orthodoxe Kirche gebildet, die nicht mehr Moskau untersteht.
„Wir leben hier in Frieden zusammen, Russen und Ukrainer“, sagt der gebürtige Lette Irbits über sein brandenburgisches Kloster. Zwischendurch lebten dort auch Flüchtlinge aus der Ukraine. Einige seien zurückgekehrt, andere hätten Wohnungen und Arbeit gefunden.
Bürgermeisterin bedauert Zustand
Für die Menschen aus der Region habe man sich mehr erhofft, sagt Bürgermeisterin Grabowski. Es sei viel geplant gewesen, auch in kultureller Hinsicht und unter Einbeziehung der Bevölkerung. „Das ist komplett versandet, weil das Geld fehlt“, sagt Grabowski. „Jetzt ist es weniger eine Freude, mehr ein Leid. Für die Gemeinde hat das Kloster keinerlei Bedeutung“, sagt die Bürgermeisterin. „Das unter Denkmalschutz stehende Herrenhaus verfällt immer mehr, zum Leidwesen der Ortsbevölkerung“. Eine Bürgerinitiative habe vergeblich versucht, das Haus zu retten.
„Das Kloster empfängt jährlich über tausend Besucher, was vorteilhaft für die Gemeinde ist“, sagt der Vorsteher Irbits. Die Gäste besuchen demnach auch die Geschäfte, die nahegelegene Therme in Templin und lassen ihr Geld in der Region.
Gulaschkanone und Glamping sollen Geld bringen
Seit fünf Jahren versuchen die Klosterbrüder, mit dem Verkauf von Erbsensuppe oder Borschtsch aus einer Gulaschkanone Geld hinzuzuverdienen. Eine weitere Einnahmequelle sollen zwei kuppelförmige, voll verglaste Ferienunterkünfte in Form von Iglus in der Nähe des Kölpinsees werden.
Das Konzept heißt „Glamping“ – Camping mit glamourösem Charakter. Die Gäste wohnen mitten in der Natur und müssen trotzdem nicht auf die Annehmlichkeiten eines Hotelzimmers verzichten. Vom Doppelbett aus kann man nachts den Sternenhimmel sehen. „Die Unterkünfte sind neu, wir wissen aber noch nicht, wie sich die Vermietung entwickeln wird“, sagt Irbits.
Ungewiss ist auch, wie lange die Iglus überhaupt noch auf dem Klostergelände stehen werden. Leider bereite das Bauamt die Ablehnung des Antrags auf Genehmigung für das Glamping vor. „Wir lassen uns nicht entmutigen und werden kämpfen“, sagt der Abt.
Die Bürgermeisterin Elke Grabowski sieht die damalige Entscheidung kritisch, der russisch-orthodoxen Kirche das Grundstück zu überlassen. „Aus heutiger Perspektive hätte es eine bessere Alternative für diesen Standort gegeben“, sagt sie mit Blick auf einen potenziellen Investor, der eine private Augenklinik betreiben wollte. (dpa)
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