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Brandenburg-Berlin: Otto schürt Angst vor Hochwasser

Regengebiet sorgte für steigende Pegelstände auch im Land Brandenburg und die nahende Scheitelwelle auf der Oder könnte Lage deutlich verschärfen.

Von Matthias Matern

Stand:

Spremberg/Berlin/Wriezen - In Berlin wurden Straßen überflutet, bei Briesen (Oder-Spree) blockierten umgestürzte Bäume stundenlang den Bahnverkehr und im Oderbruch steht erneut Wasser auf den Feldern. Mit heftigen Regengüssen und teils starken Windböen ist das Tiefdruckgebiet „Otto“ auf seinem Weg zur Ostsee in den vergangenen zwei Tagen über den Nordosten Deutschlands gezogen. Nachdem es bereits am Donnerstag in Sachsen und im Südosten Brandenburg anhaltend geregnet hatte, gab es in der Nacht zum Freitag auch in Berlin und im nordöstlichen Brandenburg bis hoch nach Vorpommern ergiebige Niederschläge. So registrierten die Meteorologen binnen 24 Stunden 79 Liter pro Quadratmeter in Hohenreinkendorf (Uckermark) und 60 Liter in Zehdenick (Oberhavel). Im sächsischen Bad Muskau an der Neiße waren es sogar 105 Liter, in Cottbus nur 31 Liter.

Unterdessen wächst im Land Brandenburg die Angst vor einem neuen Hochwasser. Seit gestern gilt für die Spree bei Spremberg (Spree-Neiße) die Alarmstufe 2. Die Stadtverwaltung von Spremberg hat deshalb bereits vorsichtshalber einige Brückenunterführungen sperren lassen. Auch ein Radweg an der Spree wurde dichtgemacht. Zur Mittagszeit erreichte der Fluss nach Angaben des brandenburgischen Landesumweltamtes (LUA) einen Pegelstand von 3,41 Meter. Am Morgen hatte er noch bei 3,32 Meter gelegen. Normal seien 1,85 bis 1,90 Meter, hieß es. Bis Samstag werde aber nur noch ein leichter Anstieg erwartet, teilte das Umweltamt weiter mit. Zudem könne die im Bau befindliche Talsperre Spremberg noch eine Weile für Entlastung sorgen.

Auch an der Lausitzer Neiße erwarteten die Experten ein Ansteigen des Wassers, aber offenbar deutlich stärker als bei der Spree. Gestern lag der Wasserpegel Forst-Bademeusel (ebenfalls Spree-Neiße) laut offiziellen Angaben mit 1,75 Metern unterhalb der Alarmstufe 1 von 2,60 Meter. Es sei jedoch davon auszugehen, dass am Samstag der Pegel sogar über den Richtwert der Alarmstufe 3 steigen könnte. Lokal seien für den heutigen Tagesverlauf nochmals bis zu 40 Liter Regen pro Quadratmeter angekündigt.

Eine ähnlich dramatische Lage wie im vergangenen Sommer erwartet Professor Matthias Freude, Präsident des Landesumweltamtes, jedoch nicht. Wegen des abziehenden Regens stabilisiere sich die Lage in der Lausitz langsam, sagte Freude gestern. Weder für die Spree noch für die Neiße sei mit der höchsten Alarmstufe 4 zu rechnen. Für die Schwarze Elster erwarte er vorerst gar kein Hochwasser. Sowohl an der Schwarzen Elster als auch an Spree und Neiße war es im vergangenen Jahr ebenfalls nach heftigem Regen teilweise sogar mehrfach zu Überschwemmungen gekommen. Anfang August etwa musste Bademeusel wegen einer auf der Neiße nahenden Scheitelwelle evakuiert werden. Teilweise überflutet wurde auch der Pückler-Park in Bad Muskau an der Grenze zu Brandenburg. Gleichzeitig entging Cottbus knapp einem Ausufern der Spree, weil die Talsperre Spremberg auf den letzten Drücker geflutet wurde. Im September erwischte es dann den Oderbruch: Bis zu 200 Liter Regen pro Quadratmeter binnen drei Tagen führten zum schlimmsten Binnenhochwasser in dem Landstrich seit knapp 200 Jahren. Bis weit in dieses Jahr blieben viele Äcker unbrauchbar.

Jetzt stehe wieder Wasser auf den Feldern, bestätigte LUA-Präsident Freude gestern. „Das Oderbruch hat ganz schön was abbekommen. Bis zu 60 Liter pro Quadratmeter an nur einem Tag ist schon sehr viel“, meinte er. Für eine steigende Hochwassergefahr an der Oder seien diese Niederschläge jedoch irrelevant. „Das Haupteinzugsgebiet der Spree liegt in Polen und Tschechien, doch da hat es jetzt leider noch deutlich mehr geregnet“, berichtete der Umweltexperte. Zwischen 120 und 140 Liter pro Quadratmeter seien heruntergekommen. „Das heißt, dort baut sich etwas auf“, kündigte Freude an.

Fatal für die Hochwasserlage in Brandenburg wäre ein Zusammentreffen der Scheitelwellen aus der Neiße und der Bober, beides Nebenflüsse der Oder, mit der Welle aus Polen und Tschechien. Mit einem Eintreffen der Oder-Scheitelwelle in Brandenburg rechnet Freude in zwei bis drei Tagen. „Bis dahin dürfte das Hochwasser der Neiße jedoch bereits abgeflossen sein“, meinte der LUA-Präsident. „Mit deutlich erhöhten Pegelständen an der Oder ist aber in jedem Fall zu rechnen.“

Zumindest flächendeckende Wolkenbrüche wird es landesweit wohl vorerst nicht mehr geben. Der Deutsche Wetterdienst in Potsdam hob am Freitagnachmittag die am Mittwoch ausgerufene Unwetterwarnung für Ostbrandenburg auf. Am Wochenende soll es bei weiter böigem Wind nur noch vereinzelt Schauer geben, örtlich soll sogar die Sonne zu sehen sein.

Doch auch ohne Hochwasser wird Sturmtief Otto einigen in Erinnerung bleiben. In Berlin etwa kam ein Taxifahrer mit einem Schock davon, als die Krone eines umstürzenden Baumes bei voller Fahrt auf das Dach seines Mercedes krachte. Auf der S-Bahnstrecke der S 7 zwischen Westkreuz und Wannsee war morgens bei Grunewald ein Baum auf die Schienen gefallen. Trotz einer Notbremsung konnte der S-Bahn-Führer den Aufprall nicht verhindern. Ebenfalls zu Behinderungen im Bahnverkehr kam es auf der Strecke Frankfurt (Oder) - Berlin. Sturm und starker Regen brachten dort zwei Bäume zu Fall. Dabei wurden die Oberleitungen auf dem Gleisabschnitt zwischen Pillgram und Briesen (Oder-Spree) beschädigt. In Neuhardenberg (Märkisch-Oderland) musste die Feuerwehr ein Geschäft auspumpen, das vollgelaufen war. (mit dapd, dpa)

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