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Brandenburg: Personalwechsel nach Maskenmann-Pannen

Aus den Querelen bei der Kriminalpolizei ziehen Innenministerium und Polizeipräsidium nun Konsequenzen

Stand:

Potsdam – Die Querelen und Pannen in der Brandenburger Polizei bei den Maskenmann-Ermittlungen haben personelle Konsequenzen. Die Polizeiführung tauscht nach Abschluss der internen Ermittlungen führende Beamte der Mordkommission und der damaligen Soko „Imker“ aus. Auch strukturelle Veränderungen sind angedacht.

Nach PNN-Recherchen muss der frühere Leiter der Kriminalpolizei in der Direktion Ost, Siegbert Klapsch, der auch Chef der Soko „Imker" im Maskenmann-Fall war, zur Fachhochschule der Brandenburger Polizei in Oranienburg (Oberhavel) wechseln. Offiziell bestätigen konnten das weder das Polizeipräsidium noch das Innenministerium. Bei Kriminaldirektor Klapsch ist der Wechsel noch nicht abschließend entschieden. Da Klapsch in der Besoldungsgruppe A15 ist, muss das Innenministerium entscheiden, dort aber war der zuständige Staatssekretär Matthias Kahl über Wochen wegen Krankheit abwesend.

Festgezurrt dagegen ist der Wechsel von Kriminalhauptkommissar Falk Küchler, einer, der in der Polizei schnell Karriere machte und schon 2008 im Alter von 33 Jahren Chef der Mordkommission in der Polizeidirektion Ost in Frankfurt (Oder) wurde. Er soll ins Landeskriminalamt wechseln. Dort soll er sich um Wohnungseinbrüche kümmern oder zum Staatsschutz wechseln. Intern ist von einer Bewährungszeit die Rede. Weil er bei den Maskenmann-Ermittlungen am Tatort alkoholisiert war, bekam er nach einem Disziplinarverfahren eine Missbilligung – ein sanftes Mittel, das nicht in die Personalakte kommt. Dasselbe geschah, als er sich eine Lizenz für den Digitalfunk erschlichen haben soll. Ermittlungen, weil er einen Dienstwagen privat nutzte, wurden gegen Geldbuße eingestellt.

Bei der dritten Personalie handelt es sich um den ranghöchsten Kriminalisten unter den vier sogenannten „kritischen Beamten“, die Klapsch und Küchler beim Maskenmann einseitige Ermittlungen, vorschnelle Festlegungen und ein Verbot, entlastende Spuren zu suchen, vorgeworfen hatten. Es ist Kriminaloberrat Mathias Schäle, damals Vize-Chef der Soko „Imker“ und vom Rang deutlich höher als Mordkommissions-Chef Küchler, der Schäles Initiativen bei den Ermittlungen hintertrieben hatte. Ursprünglich sollte Schäle in den Flüchtlingsstab ins Innenministerium wechseln. Inzwischen hat das Ministerium dies aber wieder zurückgenommen. Jetzt soll Schäle entweder zur Fachhochschule der Polizei in Oranienburg oder zum LKA wechseln, er will sich damit aber nicht abfinden.

Wie berichtet, ermittelt zwar die Staatsanwaltschaft Cottbus gegen die sogenannten kritischen Beamten wegen des Verdachts auf Falschaussage im Maskenmann-Prozess. Allerdings will die Polizeiführung intern nicht weiter gegen sie vorgehen. Disziplinarmaßnahmen sollen nach PNN-Informationen nicht gegen sie verhängt werden. Denn mit den Versetzungen und dem Austausch der Chefermittler in der Kripo in Ost-Brandenburg und in der dortigen Mordkommission wollen Innenministerium und Polizeipräsidium einen Schlussstrich unter die Pannenserie bei den Maskenmann-Ermittlungen, aber auch unter die von einer internen Untersuchungskommission festgestellten Missstände bei der Polizei ziehen.

Wie berichtet, kam die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass es bei den Ermittlungen zum Maskenmann in der Soko „Imker“ schwere Defizite in der Führung und internen Kommunikation gab. Insbesondere Klapsch und Küchler wurde „mangelhafte Wahrnehmung von typischen Leitungsaufgaben wie Anleiten, Delegieren, Motivieren und Kontrollieren“ attestiert. Teils hätten informelle Strukturen „Konflikte und Dissens begünstigt“. Von vorgeschriebenen Dienstwegen sei abgewichen worden. Ein kollegialer und vertrauensvoller Umgang, offene und konstruktive Kritik seien nicht möglich gewesen. Und es gab „keine ausreichende Kenntnis der Regeln und Vorschriften zur Personalführung“. Innenstaatssekretär Kahl hatte bei der Vorstellung des Berichts im Dezember erklärt, dass nicht auszuschließen sei, dass Beamte der Soko – wie von den internen Kritikern behauptet – von Vorgesetzten daran gehindert wurden, in alle Richtungen zu ermitteln.

Fachleute im Ministerium und im Polizeipräsidium saßen seit Januar an der Auswertung des Berichts, um Konsequenzen festzulegen. Die Personalentscheidungen sind nur ein Teil. Auch sonst soll sich etwas ändern in Brandenburgs Polizei. Kahl hatte bereits eine Zeitenwende für die Behörde angekündigt. Kahl damals: „Wir brauchen eine neue Führungskultur.“ Über die Details sind sich Kahl und die Chefebene der Polizei einig, Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke lässt ein Führungskräftekonzept zur Kommunikation mit Untergebenen erstellen. Ziel sei ein Klima der Kritikfähigkeit, in dem Beamte offen mit Vorgesetzten um den besten Weg streiten können. Geplant ist auch eine Innenrevision im Polizeipräsidium.

Mörke hat zudem eine Transparenzoffensive verkündet, um das Image der Polizei – auch nach der Affäre um die geschönte Kriminalstatistik seines Vorgängers Arne Feuring – aufzupolieren. Abgeschlossene Ermittlungen werden vor der Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft von einer 20-köpfigen Gruppe im LKA geprüft, um neue Statistikfehler bei der Erfassung von Straftaten zu vermeiden.

Intern ist die Stimmung nicht ganz so gut. Viele Beamte befürchten, dass mit der neuen Innenrevision keine Beschwerdestelle für Mobbingopfer, sondern nur eine zentrale Einheit für Disziplinarverfahren aufgebaut wird, also eine „Anschwärzertruppe“. Und statt Vertrauen sehen viele Beamte in der Polizei eher ein Klima des Misstrauens. Hintergrund: Das Präsidium stellt seinen täglichen Lagebericht nicht mehr allen Beamten zur Verfügung, wenn überhaupt dann nur Teile je nach Zuständigkeit, angeblich weil Berichte über Straftaten und Flüchtlinge durchgestochen wurden. Oder wie es ein altgedienter Beamter sagte: Das kenne er aus der DDR. „Da war die Begründung: Schutz vor Angriffen des Klassenfeindes“. Alexander Fröhlich

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