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Koalitionsstreit in Brandenburg: Platzeck fällt als Schlichter aus

Der Streit zwischen Markov und Woidke um die Beamtenbesoldung eskaliert und der Regierungschef liegt im Krankenhaus.

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Potsdam - Brandenburgs rot-rote Regierungskoaltion hat sich in eine Krise manövriert, Finanzminister Helmuth Markov (Linke) und Innenminister Dietmar Woidke (SPD) haben sich im Streit um die Übernahme des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes für die Beamten völlig verkeilt – und ausgerechnet in dieser Lage fällt der Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) aus. Der Ministerpräsident liegt mit Kreislaufproblemen im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum und hat alle Termine abgesagt.

Nach PNN-Informationen aus Regierungs- und Koalitionskreisen herrscht zwischen Markov und Woidke Eiszeit, es soll zu lautstarken Auseinandersetzungen gekommen sein. Weil sich beide Seiten bis zuletzt nicht auf eine Linie einigen konnten, wurden am Freitag kurzfristig die Gespräche mit den Gewerkschaften abgesagt und um eine Woche verschoben. Auch der Koalitionsausschuss musste sich mit den Differenzen beider Ressorts befassen. Platzeck als Schlichter fällt nun aus. Eine Lösung ist bislang nicht in Sicht.

Aus der Staatskanzlei dagegen heißt es, Innen- und Finanzministerium seien sich weitgehend einig, nur in Detailfragen des Verhandlungspakets müsse noch verhandelt werden. Tatsächlich zeichneten sich seit längerer Zeit Konflikte ab. Während die Linke den Tarifabschluss vom März für die Beschäftigten im öffentliche Dienst mit einem Gehaltszuwachs von 5,6 Prozent 1:1 auf die Beamten übertragen will, favorisiert die SPD flexible Lösungen etwa mit der Wiedereinführung von Weihnachtsgeld oder Arbeitszeitverkürzungen für ältere Lehrer. Denn die SPD hält die Finanzierung einer 1:1-Übernahme des Tarifabschlusses für kaum durchführbar.

Als offizieller Grund für die Verschiebung der Gespräche mit den Gewerkschaften am vergangenen Freitag werden ein Arzttermin Markovs und Woidkes Verpflichtungen in den Hochwassergebieten angeführt. Doch intern wird von vielen Seiten signalisiert, dass diese Gründe nur vorgeschoben sind und die Fronten zwischen Markovs Finanzressort und Woidkes federführendem Innenministerium verhärtet sind. Ob heute im Kabinett ein Kompromiss gefunden wird, ist ungewiss, zumal ausgerechnet Markov als stellvertretender Ministerpräsident am heutigen Dienstag die Sitzung leiten wird. Dabei ist der Zeitdruck groß: Die Regierung selbst hat in der Koalition und gegenüber den Gewerkschaften zugesagt, bis Ende Juni ein Ergebnis vorzulegen. Klar ist für beide Seiten, SPD und Linke, dass bei den 37 000 Landesbeamten aufgestockt werden muss, um nicht den Anschluss zu anderen Bundesländern zu verlieren. Mit seinem Landessold steht Brandenburg im Ländervergleich an vorletzter Stelle, nur Berliner Beamte werden schlechter bezahlt. Und schon jetzt zieht es junge Beamte nach der Ausbildung fort in andere Länder. Allerdings sind auch die Gewerkschaften uneins: Der Beamtenbund fordert die 1:1-Übernahme des Tarifs, damit wären die vorsorglich eingeplanten Mehrkosten für Angestellte und Beamte von 250 Millionen Euro für 2013 und 2014 fast aufgebraucht. Dem stehen die Forderungen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nach dem Weihnachtsgeld und die der Lehrergewerkschaft GEW nach Stundennachlass für Ältere entgegen.

Platzeck aber kann in diesen Streit nicht eingreifen. Vielmehr wächst die Sorge, er könnte im Amt des Ministerpräsidenten gesundheitlich an seine Grenze stoßen. Zumal der 59-Jährige seit Jahresbeginn Chef des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft ist und vom Erfolg des neuen Hauptstadtflughafens sein politisches Schicksal abhängig macht. In den vergangenen beiden Wochen war Platzeck wegen des Hochwassers im Dauereinsatz, raste von Termin zu Termin, auch noch am vergangenen Wochenende, Beobachter bescheinigen ihm dennoch ein robustes Auftreten. 2006 war Platzeck aus Gesundheitsgründen als SPD-Bundesvorsitzender zurückgetreten. Zwei Hörstürze und ein Kreislaufzusammenbruch zeigten ihm die Grenzen der Belastbarkeit auf. Auch in Brandenburg fiel Platzeck regelmäßig immer wieder aus. Erst Ende April hatte er eine Reise nach Israel wegen einer Grippeerkrankung abgesagt. Vor einem Monat prangte auf seiner Stirn eine Platzwunde – Folge eines frühmorgendlichen Sportunfalls. Auch einen Hexenschuss hat er sich dabei zugezogen.

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