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BER Schönefeld: Platzeck für Schallschutz-Kompromiss

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) plädiert im Drama um den fehlenden Schallschutz für 25 000 Familien am neuen Hauptstadt-Flughafen Willy Brandt für einen Kompromiss.

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Potsdam - In einem den PNN vorliegenden Schreiben an alle Mitglieder des Aufsichtsrates zur Sitzung am 16. August drängt Platzeck eine Rücknahme des „Klarstellungsantrages“ der Flughafengesellschaft (FBB), die die Lärmschutzstandards zuungunsten der Anrainer verschlechtern will. „Wir können verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, wenn wir hier eine gemeinsame Haltung zeigen“, heißt es darin. Zum anderen will Platzeck aber einen nicht so teuren Schallschutz am BER durchsetzen wie im jüngsten Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) verfügt. Das unterfinanzierte 140-Millionen–Programm müsste damit lediglich um 300 Millionen Euro statt um 591 Millionen Euro aufgestockt werden. Auch auf einer Veranstaltung in Potsdam warb Platzeck am Freitag für diese Linie, mit der immer noch „exzellenter Schallschutz“ gewährleistet werde.

Vor diesem Hintergrund werden Berlin und der Bund nach PNN-Recherchen eine Rücknahme des „Klarstellungsantrages“ akzeptieren, womit Brandenburg auf der letzten Aufsichtsratssitzung noch gescheitert war. Auf PNN-Anfrage äußerte sich Platzeck am Freitag zuversichtlich, er habe „ein gutes Bauchgefühl“. Die bisherige Strategie des Flughafens mit dem Klarstellungsantrag habe sich als „wenig erfolgreich“ erwiesen, heißt es im Brief Platzecks an den Aufsichtsrat. Es gebe Akzeptanzprobleme und „gewichtige Bedenken, ob eine rechtliche Durchsetzung dieser Position möglich ist“. Man sei den Menschen „rund um den Flughafen einen guten Schallschutz schuldig“.

Wie berichtet waren die Anwohner in der unmittelbaren Einflugschneise des BER mit Duldung von Brandenburgs Behörden bislang um die ihnen nach dem rechtskräftigen Planbeschluss zustehenden Schallschutzmaßnahmen gebracht worden. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft prüft deshalb Betrugs-Strafanzeigen. Stattdessen hatte die FBB lediglich Billig-Maßnahmen bewilligt, bei der täglich sechs, jährlich eintausend Überschreitungen des Spitzenpegels von 55 Dezibel, einkalkuliert waren. Der „Klarstellungsantrag“ zielte darauf ab, das nachträglich zu legalisieren, was das OVG als „systematisch“ rechtswidrig stoppte. Nach dem OVG-Urteil ist – entsprechend dem Planfestellungsbeschluss – keine einzige Überschreitung („Null“) des Zimmerlautstärkepegels durch Fluglärm erlaubt. Brandenburgs Infrastrukturministerium vertrat seit Dezember 2011 die Position, dass täglich weniger als eine, insgesamt 179 Pegelüberschreitungen pro Jahr zulässig sind, ohne dies allerdings beim Flughafen durchzusetzen. Nach dem Platzeck-Brief soll das weitere Verfahren auf dieser Basis geführt werden. Das brandenburgische Infrastrukturministerium bereitet entsprechende Bescheide vor. Offen ist, ob das OVG akzeptiert, dass seine Null-Linie auf diesem Wege aufgeweicht wird.

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