EU-Förderung 2014-2020: „Platzeck soll nicht den Traumtänzer spielen“
Europapolitiker von CDU und Grünen kritisieren Rot-Rot für Schlingerkurs in Verhandlungen zu EU-Förderperiode. Ministerpräsident Matthias Platzecks (SPD) habe sich zu wenig für Übergangsregelung eingesetzt.
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Brüssel/Potsdam - Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel – voraussichtlich Ende Januar werden die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsstaaten erneut über den Finanzrahmen der Union für die kommenden sieben Jahre verhandeln und möglicherweise auch über den Fortbestand der wichtigsten Förderprogramme für das Land Brandenburg entscheiden. Nachdem ein erster Gipfel wie berichtet Ende November ergebnislos abgebrochen worden war, warnte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Montag vor einem erneuten Scheitern. Es sei zwar nachvollziehbar, dass die Höhe der Fördermittel wegen der im Osten gewachsenen Wirtschaftskraft in den nächsten Jahren sinke, so Platzeck. Doch müssten mindestens zwei Drittel der bisherigen Mittel weiter fließen, um den Fortschritt nicht aufs Spiel zu setzen. EU-Politiker von CDU und Grünen werfen Platzeck hingegen vor, überzogene Forderungen zu stellen, zumal das Land einer Kürzung des EU-Gesamtetats im Bundesrat zugestimmt habe.
„Auch ein Brandenburger Ministerpräsident sollte mit beiden Beinen in der Realität stehen und nicht den Traumtänzer spielen“, erklärte die brandenburgische Grünen-Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter nach Platzecks Appell. Wer zusammen mit den anderen Bundesländern Bundeskanzlerin Merkel beauftragt habe, den mehrjährigen Finanzrahmen der EU um 100 Milliarden Euro zu kürzen, könne danach nicht Maximalforderungen stellen, so Schroedter. Auch der brandenburgische Europaabgeordnete der CDU, Christian Ehler, wirft der rot-roten Landesregierung vor, sich nicht entschieden genug für eine vernünftige Übergangsregelung eingesetzt zu haben. „Es ist zwar richtig, dass Platzeck ein Signal setzt, aber es kommt ein bisschen spät“, sagte Ehler am Dienstag den PNN. Vielmehr hätten die ostdeutschen Länder Anfang des Jahres vehementer gegenüber der Bundesregierung auf einer Zwei-Drittel-Übergangslösung bestehen müssen, statt die schwarz-gelben Kürzungspläne zu unterstützen.
Für die insgesamt gute Entwicklung Brandenburgs nach der Wende waren die Fördermittel aus Brüssel maßgeblich. Zahlreiche Infrastrukturprojekte wurden in Teilen mit EU-Millionen bezahlt, viele Firmenansiedlungen erst durch Geld aus dem Gemeinschaftshaushalt möglich. Allein in der auslaufenden Förderperiode 2007-2013 stehen rund 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung.
Von der Vorstellung, das Land könnte künftig zumindest noch über rund 2,3 Milliarden Euro aus Brüssel verfügen, muss sich die SPD/Linke-Koalition in Brandenburg wegen der Kürzungsbestrebungen der EU-Mitglieder ohnehin verabschieden, glaubt die Grünen-Europapolitikerin Schroedter. Dies wäre nur beim ursprünglichen EU-Haushaltsansatz der Kommission möglich gewesen, so Schroedter gegenüber den PNN. Ursprünglich hatte die Kommission einen Gesamtetat von 1091 Milliarden Euro vorgesehen. Auf Druck der auf Einsparungen setzenden Länder Großbritannien, Schweden, den Niederlanden und Deutschland hatte aber EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy noch vor dem jüngst gescheiterten Gipfel einen um 80 Milliarden abgespeckten Kompromiss vorgelegt. Statt zwei Drittel der ursprünglichen Förderung blieben laut Schroedter somit noch gerade einmal 57 Prozent. Doch selbst die Summe von rund 1010 Milliarden war vor allem den Briten noch zu viel. „Auf jeden Fall muss sich Brandenburg auf weit größere Einschnitte gefasst machen als bislang gedacht“, glaubt auch CDU–Mann Ehler.
Richtig eng könnte es für Brandenburg jedoch werden, sollten sich die EU-Mitglieder im kommenden Jahr gar nicht einigen können. Dann müsste eben jedes Jahr erneut über den Haushalt des Folgejahres verhandelt werden, hatte das EU–Parlament den sparwütigen EU-Ländern gedroht. „Das würde mittelfristigen Planungen ordentlich Sand ins Getriebe streuen. Bei mehrjährigen Projekten wie im Straßenbau käme man keinen Schritt weiter“, bestätigte etwa der Sprecher im Landesverkehrsministerium, Jens-Uwe Schade.
Ehler und Schroedter gehen aber davon aus, dass ein Kompromiss gefunden wird. Schließlich wisse man um die absehbaren Schwierigkeiten für langfristige Projekte, so die Grünen-Politikerin. Die Androhung jährlicher Haushaltsverhandlungen sei eher ein Druckmittel und „nichts, was wir uns wirklich wünschen“.
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