Brandenburg: POLITISCHE REAKTIONEN AUF DAS GUTACHTEN
Ralf Holzschuher, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion:„Das Papier ist eine rein politisch motivierte Abrechnung und hat mit wissenschaftlicher Arbeit wenig zu tun.“„Jeder weiß, dass Manfred Stolpe als Kirchenjurist in der DDR die schwierige Aufgabe hatte, vom Regime bedrohten Bürgern beizustehen.
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Ralf Holzschuher, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion:
„Das Papier ist eine rein politisch motivierte Abrechnung und hat mit wissenschaftlicher Arbeit wenig zu tun.“
„Jeder weiß, dass Manfred Stolpe als Kirchenjurist in der DDR die schwierige Aufgabe hatte, vom Regime bedrohten Bürgern beizustehen.“
„Den Autoren des Gutachtens fehlt offensichtlich jede tiefere historische Kenntnis. Anderenfalls wären nicht auf die abwegige Idee gekommen, Manfred Stolpes wichtige kirchenjuristische Arbeit zugunsten bedrohter Menschen als ,unbeachtlich' abzutun. In dieser Formulierung kommt die ganze Anmaßung und Selbstherrlichkeit der Gutachter zum Ausdruck.“
„Gutachten wie dieses gefährden den Erfolg der gesamten Enquete- Kommission. Wenn hier plattester politischer Meinungskampf an die Stelle differenzierter historischer Aufarbeitung tritt, sind keine Einsichten mit Blick auf die Zukunft zu erwarten. Genau dies aber, die Erarbeitung zukunftsgerichteter Erkenntnisse, ist der gesetzliche Auftrag der Enquete-Kommission.“
„Die Voraussetzung für die Friedlichkeit der Revolution von 1989 war das Versprechen der zweiten Chance.“
„Wir sind nicht bereit, Menschen alleine auf ihre lange zurückliegende Vergangenheit zu reduzieren. Wer aus historischen Irrtümern die richtigen Lehren gezogen hat und sich in der Demokratie ehrlich bewährt, muss allen Demokraten willkommen sein – genau das war über zwei Jahrzehnte lang Konsens in Brandenburg.“
„Wenn jetzt Teile der Opposition auf Vergeltung statt auf Versöhnung setzen, werden wir das nicht mitmachen. Wir lassen nicht zu, dass Brandenburg gespalten wird. Die Überlegenheit der Demokratie zeigt sich gerade in der Fähigkeit zur Integration ihrer früheren Gegner. Wir stehen zur Politik der zweiten Chance.“
Kerstin Kaiser, Chefin der Linke-Fraktion im Landtag:
„Die Weitergabe des Gutachtens von Gisela Rüdiger und Hanns- Christian Catenhusen an die Presse durch mindestens ein Mitglied der Enquete-Kommission verstößt erneut gegen die Grundsätze, welche wir uns für unsere Arbeit selbst gegeben haben. Dies wiegt diesmal umso schwerer, weil mit der Vor-Veröffentlichung bereits ein Vor-Urteil verbunden ist. “
„Die Indiskretion folgt genau dem Kalkül, die offene, sachliche und seriöse Debatte zum Gutachten zu stören und dessen Bewertung vorwegzunehmen. Zu groß scheint die Furcht davor zu sein, dass in der bevorstehenden öffentlichen Sitzung der Enquetekommission das Gutachten nicht bestehen wird.“
„In seinen Grundaussagen folgen sie (die Gutachter, A.d.R.) der Opposition im Landtag mit ihrer Tendenz zur Dämonisierung und Denunziation des eigenen Landes und seines demokratischen Neubeginns. Mit fragwürdiger Methodik und ohne irgendwelche neuen Informationen, Analysen oder Zusammenhänge werfen die Autoren Erkenntnisse demokratisch legitimierter Gremien und Prozesse über Bord.“ „Sie (die Gutachter, A.d.R.) ignorieren die schwierige Arbeit und Ergebnisse des ,Stolpe-Untersuchungsausschusses’. Sie erheben sich über differenzierte, sensible Entscheidungen von Vertretern der Evangelischen Kirche (...) Dass dabei Persönlichkeiten wie Manfred Stolpe, Michael Schumann und Heinz Vietze mit ihren Verdiensten für das neue Land Brandenburg erneut ins Zwielicht geraten sollen, verwundert in einem Gutachten, das für sich doch wissenschaftlichen Anspruch reklamiert.“
„Die Oppositionsfraktionen CDU, FDP und GRÜNE müssen sich jetzt fragen lassen, ob sie tatsächlich ein Interesse an differenzierten Analysen und sachlichen Debatten in der Kommission entwickeln wollen oder diese weiter als Vehikel ihres vergeblichen ideologischen Vorgehens gegen die rot-rote Große Koalition benutzen wollen.“
Kaiser endet mit einem Kurt-Tucholsky-Zitat: „Man merkt die Absicht und ist verstimmt.“
Axel Vogel (Grüne) und Linda Teuteberg (FDP) in einer gemeinsamen Erklärung:
„Die mit der vorfristigen Weitergabe eines Gutachtens an eine Tageszeitung ausgelöste Debatte dient bislang nur als Plattform für wüste Polemiken des SPD- Fraktionsvorsitzenden gegen die von der gesamten Enquetekommission beauftragten Sachverständigen.“
Es „wird immer deutlicher erkennbar, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD seit längerem das Ziel verfolgt, die gesamte Arbeit des Gremiums zu diskreditieren“.
Axel Vogel dazu:„Dies wird ihm nicht gelingen. Auch in seiner eigenen Partei gibt es namhafte Kritiker des Umgangs mit dem Erbe der DDR in Brandenburg.“
Linda Teuteberg zu Holzuschers Vorwurf: „Versöhnung kann demnach insbesondere aus Sicht der Sozialdemokraten nur dadurch stattfinden, dass Andersdenkende beschimpft und diskreditiert werden. Die SPD beharrt nach wie vor darauf, als selbsternannter Hüter der Landesgeschichte zu agieren. Das Brandenburg des Jahres 2011 braucht aber keine Verkünder ewiger Wahrheiten, sondern eine offene, an den Fakten orientierte Debatte. Die rote Schlammschlacht gegen ausgewählte Gutachter muss beendet werden!“
„Ich habe mich gefreut, dass es bislang gelungen ist, parteipolitisch motivierten Streit weitgehend zu vermeiden und den gemeinsam bestimmten Gutachtern mit dem nötigen Respekt zu begegnen. Es ist schade, dass jetzt Herr Holzschuher von außen und zunehmend auch Frau Kaiser eine unnötige Schärfe in die Debatte bringen. Die Unterstellungen der Koalitionsfraktionen, die Opposition spalte Brandenburg, müssen aufhören.“
Axel Vogel: „Wir teilen die Empörung der Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion Kerstin Kaiser über die vorfristige Weitergabe des jüngsten Gutachtens der Enquetekommission. Wir sind wie Frau Kaiser der Meinung, dass der Ort für die öffentliche Diskussion solcher Gutachten die Sitzungen der Kommission selbst sind. Denn erst auf diesen Sitzungen entsteht durch den Dialog zwischen Abgeordneten und Wissenschaftlern – darunter auch den Gutachtern selbst – das umfassende Bild, das Voraussetzung für eine fundierte Meinungsbildung ist.“
„Ich wäre dankbar dafür, wenn Frau Kaiser und die anderen Vertreter der Linkspartei dazu beitragen würden, dass die Auseinandersetzung um die Ergebnisse von Gutachtern nicht weiter von der Kommission in ausgewählte Presseerzeugnisse verlagert wird. Wer zu dem in Frage stehenden Gutachten Anmerkungen hat, sollte dies auf der Sitzung am 24. Juni tun, bei dem die beiden Autoren anwesend sind und sich kritischen Fragen stellen können. Dies ist auch ein Gebot der Fairness gegenüber den Gutachtern. Die derzeitige Strategie des Herrn Holzschuher, Formulierungen aus dem Zusammenhang zu reißen und in ein schiefes Licht zu rücken, ist nicht hinnehmbar.“
Linda Teuteberg: „Wenn die SPD nicht bereit ist, sich mit neuen Argumenten auseinanderzusetzen, offenbart dies auch eine erschreckende Ignoranz gegenüber all den Abgeordneten und Wissenschaftlern, die viel Zeit und Mühe in die Arbeit in der Enquetekommission investieren. Von uns wurde das Gutachten jedenfalls nicht an Herrn Holzschuher, der gar nicht Mitglied der Kommission ist, weitergegeben.“ PNN
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