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Speers Sparformel. Weniger Geld + weniger Menschen = weniger Polizisten. Brandenburgs Ex-Finanz- und nun Innenminister Rainer Speer (SPD)  hier in dieser Woche beim Antrittsbesuch beim Landeskriminalamt in Eberswalde, verordnet der Landespolizei die nächste Reform.

© A. Fröhlich

Von Thorsten Metzner: Polizei bekommt Sparreform

Innenminister Speer kündigt umfassenden Behördenumbau an. Die Opposition ist geteilter Meinung

Stand:

Potsdam - Brandenburgs Innenminister Rainer Speer (SPD) setzt bei der geplanten radikalen Polizeireform auf Tempo. Wie vorab berichtet berief Speer am Freitag eine Experten-Kommission „Polizei Brandenburg 2020“, die schon „bis Mitte Juli 2010“ ein Konzept entwickeln soll, wie Brandenburgs Polizeistruktur langfristig aussehen soll. Es soll danach in Regierung und Landtag beraten und beschlossen werden. Chef der zwölfköpfigen Kommission ist der frühere Schweriner Innenstaatssekretär und langjährige Potsdamer Polizei-Abteilungsleiter Hartmut Bosch. Speer kündigte in diesem Zusammenhang einen weiteren Personalabbau bei der Polizei an. Wie groß er ausfallen wird, ist immer noch offen. „Wir organisieren nicht den Untergang des Abendlandes“, sagte er. Ziel sei es, Präsenz in der Fläche zu sichern und die bisherigen Reaktionszeiten der Polizei – im Durchschnitt bei 21 bis 22 Minuten – zu halten, so Speer.

Allerdings legt er sich weiterhin auf keine Zielzahl fest, mit wie viel Stellen Brandenburgs Polizei angesichts knapper Kassen und sinkender Bevölkerung im Land auskommen muss. Diese Zahl - Grundlage für die Arbeit der Kommission - will Speer erst „ im Februar“ vorlegen. Derzeit sind es 9300 Stellen, kaum weniger als 1990, sagte Speer. Brandenburg habe damit nach Sachsen-Anhalt die größte Polizeidichte der Bundesrepublik. Er selbst hatte bei der Koalitionsbildung im Herbst 2009 einen Abbau von 3000 Stellen ins Spiel gebracht, was einen Proteststurm auslöste, rückt aber mittlerweile endgültig davon ab. Diese Zahl sei in der „Mottenkiste“, sagte er.

Bei der nun angeschobenen neuen Polizeireform geht es um die künftige Zahl der Präsidien, Schutzbereiche, Wachen, aber auch um die Autobahn- und Kriminalpolizei. Alles gehöre auf den Prüfstand, so Speer - mit einer Ausnahme: Das Landespolizeiorchester soll nicht angetastet werden.

Über Einzelheiten der möglichen Umstrukturierungen hielten sich Speer und Bosch bedeckt, nannten nur Stichworte. Es gehe auch um „Tageswachen“, also um Wachen, die nicht mehr 24 Stunden besetzt sind, um eine effizientere innere Dokumentation und Verwaltung, aber auch um die künftige Praxis der Unfallaufnahme, hieß es. In der Debatte sei, sagte Bosch dazu, Bagatellunfälle ohne Personenschäden nicht mehr von der Polizei aufnehmen zu lassen. Speer deutete an, dass die Polizei Geschwindigkeitskontrollen nicht weiter ausweiten wird, um zusätzliche Bußgelder einzunehmen. „Es sollte nicht nach Wegelagerei aussehen.“ Er sei nicht bereit, einen planerischen Aufwuchs von Einnahmen - jährlich über 40 Millionen Euro - hinzunehmen.

In der Polizei gibt es angesichts der Zwänge von Demografie und Finanzknappheit Überlegungen für eine radikale Neustrukturierung . So wird unter Experten im Innenministerium intern bereits die Bildung eines einzigen Landespolizeipräsidiums - bislang gibt es ein Präsidium in Potsdam für den Westen des Landes, in Frankfurt/Oder eins für den Osten - diskutiert. Dass nicht der Potsdamer, sondern der Frankfurter Polizeichef Arne Feuring in die Kommission berufen wurde, liege an dessen langjähriger Erfahrung und sei „keine Struktur-Vorentscheidung“, betonte Speer. In der Kommission sind außerdem Führungskräfte der Polizei wie Jürgen Storbeck(Chef der Polizeiabteilung), Jürgen Jakobs (Inspekteur), Dieter Büddefeld (Chef des Landeskriminalamtes), ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Gewerkschaft der Polizei, aber auch Praktiker aus Wachen und Schutzbereichen vertreten.

Die Pläne Speers sind umstritten und lösen Befürchtungen aus. So kritisierte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) den drohenden Personalabbau. „Wir werden noch mehr Kriminalität lediglich verwalten, statt sie zu bekämpfen“, sagte GdP-Landeschef Andreas Schuster. Der Bund der Kriminalbeamten äußerte sich skeptisch zu den Plänen und kritisierte, dass er anders als die GdP nicht in die Kommission berufen wurde.

Die Reaktion der Opposition im Landtag fiel unterschiedlich aus. Während die Grünen die angekündigte „Aufgabenkritik“ bei der Polizei ausdrücklich begrüßten, übten CDU und FDP Kritik. „Die Regierung Platzeck setzt die innere Sicherheit in Brandenburg aufs Spiel“, warnte etwa der CDU-Innenpolitiker Sven Petke.

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