Stukturstreit: Polizei- und Justizstrukturen werden nicht gleich
Machtwort der Staatskanzlei im Streit zwischen Schöneburg und Woidke
Stand:
Potsdam - Die Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) greift nun direkt in den Streit von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) und Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) um deckungsgleiche Polizei- und Gerichtsstrukturen ein. Um den Koalitionsfrieden zu wahren und den offen ausgetragenen Konflikt zwischen beiden Ministern zu lösen, opfert die Landesregierung ein zentrales Element der Polizeireform: Den deckungsgleichen Zuschnitt der Landgerichtsbezirke mit den künftigen Polizeidirektionen wird es im Landesnorden nicht geben.
Nach einem Krisengespräch am Sonntag teilte Staatskanzlei-Chef Albrecht Gerber mit, dass die beiden Kabinettskollegen jeweils auf ihren Plänen beharren. Ein Kompromiss war offenbar nicht möglich. Laut Staatskanzlei wird Schöneburg bei den Beratungen der Landesregierung über die Neuordnung der Gerichtsbezirke daran festhalten, dass die Amtsgerichte Prenzlau und Schwedt (beide Uckermark), wie bereits mit Woidkes Vorgänger Rainer Speer (SPD) verabredet, dem Landgerichtsbezirk Neuruppin zugeschlagen werden. Woidke beharre dagegen darauf, dass die Uckermark der Polizeidirektion Ost in Frankfurt zugeordnet wird, da dies aus polizeilichen Sicht sinnvoller sei. Woidke zufolge könne mit einer Polizeidirektion entlang der Oder bis zur Uckermark die wachsende Grenzkriminalität besser bekämpft werden.
Daran bestehen aber selbst polizeiintern erhebliche Zweifel, die 2010 gegründete Ermittlergruppe Grenze ist inzwischen auch fernab der Oder tätig. Selbst Polizeipräsident Rainer Kann hatte gesagt, dass sich die grenzüberschreitende Kriminalität wie etwa Autodiebstähle zunehmend ins Binnenland verlagere.
Ursprünglich sollte durch identische Polizei- und Justizstrukturen und bessere Zusammenarbeit die sinkende Zahl an Kriminalbeamten abgefedert werden. Die Uckermark sollte komplett in die künftige Polizeidirektion Neuruppin eingegliedert werden. Anfang Mai schwenkte Woidke überraschend, aber mit Platzecks Rückendeckung, um, was bei Kommunalpolitikern im Nordwesten, der in der Landespolitik wenig Einfluss hat, und auch der Staatsanwaltschaft Neuruppin Proteste auslöste. Der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher sah den Justizstandort in Gefahr, weil dieser mit weniger Einwohnern deutlich kleiner als die Landgerichtsbezirke Potsdam, Frankfurt und Cottbus ausgefallen wäre.
Das ist nun vom Tisch. Schöneburg und Woidke stellten nun klar, sie seien sich einig, dass der Landgerichtsbezirk Neuruppin damit „in seiner Arbeitsfähigkeit nicht infrage gestellt ist“. Auch mit neuen, nicht deckugsgleichen Strukturen in der Uckermark erwarten sie, „dass die bisherige gute Zusammenarbeit“ weiterhin „möglich sein wird“. Schnitter sagte den PNN am Sonntag, die „gefährliche Situation, was den Erhalt des Justizstandorts Neuruppin angeht“, sei damit abgewendet.
Die einsame Abkehr vom Gleichzuschnitt von Justiz und Polizeiebene mit etwa gleich großen Polizeidirektionen ist allerdings selbst in der rot-roten Koalition umstritten. Dort wird Woidkes Entschluss als Wählerpflege für Platzeck betrachtet, der in der Uckermark seinen Wahlkreis hat. Zudem hatte Uckermark-Landrat Dietmar Schulze (SPD), früher Staatssekretär unter Woidke als Agrarminister, seinen Einfluss genutzt.
Für Platzecks Landesregierung könnte der nun verkündete Kompromiss schwerwiegende Folgen für den künftigen Umbau des Landes haben. Denn Woidkes Vorgänger Speer hatte mit seinen Plänen für vier gleich große Polizeidirektionen und mit darauf zugeschnittenen Gerichtsbezirken voraus gedacht. Die neuen, etwa gleich starken Gebilde hätten für die anstehende Reform von Landkreisen und Landesbehörden als Verwaltungsräume dienen können. Diese Idee gibt Platzecks Landesregierung nun auf.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: