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Exklusiv: Polizei vereitelt Sprengstoffanschlag auf Rocker

Die Polizei hat drei Rocker festgenommen, die Überläufer zu den Hells Angels offenbar mit einem Bomben-Anschlag töten wollten. Ermittler fürchten eine weitere Eskalation des Konflikts.

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Berlins Sicherheitsbehörden waren bereits alarmiert. Und ihre Befürchtungen vor einer Eskalation der Rockergewalt in Berlin scheinen sich zu bestätigen: Nur dank eines Tipps der Polizei aus Schweden konnte offenbar ein Bombenanschlag vereitelt werden. Ermittler gehen davon aus, dass Mitglieder der Bandidos einen blutigen Racheakt gegen Überläufer zum Konkurrenzklub Hells Angels in Berlin planten.

Und die Sicherheitsbehörden nehmen an, dass der Konflikt zwischen den Rockergruppen inzwischen weit über die Grenzen der Hauptstadt hinausreicht – denn die Order für das Attentat soll von der Europa-Führungsebene erteilt worden sein.

Anfang Juli nahmen Polizeibeamte im Überseehafen Rostock drei Männer fest, ein Schwede, die anderen beiden stammen aus Mazedonien und Iran und leben mit Aufenthaltsstatus in Dänemark. Zwei sind Mitglieder der Bandidos, einer aus dem schwedischen Helsingborg, der andere von der Elitetruppe „Nomads“. Der dritte steht in enger Verbindungen zu dem Rockerklub. Sie waren mit einem Mietwagen aus Schweden unterwegs und mit der Fähre aus Dänemark gerade in Rostock angekommen, als die Polizei zuschlug. Im Gepäck fanden die Beamten drei Stangen Sprengstoff, insgesamt 700 Gramm, eine Sprengkapsel und schusssichere Westen. Die drei Rocker sitzen jetzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Rostock und das Landeskriminalamt (LKA) Mecklenburg-Vorpommern wollen sich wegen der laufenden Ermittlungen noch nicht äußern.

Auch in Berlin ist die Stimmung bei den Sicherheitsbehörden angespannt. Die für Rocker zuständigen LKA-Beamten und das Mobile Einsatzkommando arbeiten an der Belastungsgrenze, heißt es aus Polizeikreisen. Die vermutlichen Zielpersonen des Anschlags stehen unter ständiger Beobachtung. Es soll sich um die Chefs der Bandidos-Niederlassungen handeln, die Ende Mai zu den Hells Angels in Berlin und Potsdam übergelaufen waren, um ein Verbot zu umgehen. Darunter Grischa V., bis dahin einer der wichtigsten Rocker bei den Bandidos in Ostdeutschland, der die Geschäfte und internen Strukturen des Klubs in Deutschland bestens kennt.

Das Motiv für die Attentatspläne ist daher Rache. Die Bandidos wollten Berlin nicht kampflos aufgeben, sagen Szenekenner. Der Rockerklub müsse Überläufer bestrafen und könne es nicht hinnehmen, in Berlin von den Hells Angels verdrängt zu werden. Laut Ermittlern haben die Bandidos in den vergangenen Wochen erheblich an Einfluss verloren. Sie rechnen für den nächsten Wochen mit dem schlimmsten.

Anfang Juni war der Hells-Angels-Chef André Sommer angeschossen worden. Einen Monat später wurden zwei Bandidos in Wedding von Schüssen getroffen, als in dem Vereinsheim gerade die Bandidos-Führungsriege tagte. Hinzu kommt ein Ultimatum der Hells Angels, wonach seit dem 1. Juli kein anderer Klub in Berlin geduldet wird. Schließlich warnte die Polizei intern vor der Verschärfung des Konflikts. Es müsse damit gerechnet werden, dass „scharfe Schusswaffen und Sprengstoff Verwendung finden“, hieß es. Zudem befürchteten die Behörden, Rocker aus Skandinavien, wo jahrelang ein blutiger Rockerkrieg tobte, könnten eingreifen. Fahrzeuge aus Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland sollen verstärkt kontrolliert werden. „Berlin ist für die rivalisierenden Banden von großer strategischer Bedeutung“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU). „Deshalb tobt hier unter den Clubs die Auseinandersetzung.“

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