
© Sebastian Gabsch
Streit um Beamtensold in Brandenburg: Polizisten demonstrierten beim Sommerfest der Landesregierung
Die rot-rote Koaliation legte einen Kompromiss im Streit um den Beamtensold vor, doch den Gewerkschaften reicht das nicht. 400 Polizeibeamte demonstrierten deshalb am Abend beim Sommerfest der Brandenburger Landesregierung in Potsdam.
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Potsdam - Etwa 400 Beamte der Brandenburger Polizei haben am Dienstagabend im Potsdam am Rande des Sommerfestes der Landesregierung für einen Ausgleich von jahrelang zu Unrecht entgangenen Sold demonstriert. Das Motto der Kundgebung: „11 Jahre Verfassungsbruch – schön, dass ihr noch feiern könnt“. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die mitgliederstärkste in Brandenburg, aber auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) lehnen das Kompromissangebot von Rot-Rot mit 2000 Euro Ausgleichszahlung als zu niedrig ab. Unterstützt wird das inzwischen auch von der Deutschen Verwaltungsgewerkschaft Brandenburg, die die Beamten der Ministerialbürokratie vertritt.
Rot-Rot hatte in der vergangenen Woche sein Angebot nachgebessert und war den Gewerkschaften entgegengekommen. Neben der geplanten Übernahme des Tarifabschlusses für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes soll es einen Aufschlag für die 34 000 Beamten geben. Von 2017 bis 2020 ist pro Jahr ein Zuschlag von 0,5 Prozent geplant, ebenso die Übernahme des nächsten Tarifabschlusses für die Jahre 2019/20. Zudem soll jeder Beamte als Ausgleich für den verfassungswidrigen Sold 2000 Euro bekommen, gestreckt auf vier Tranchen bis 2020. Die Landesregierung will nur etwa 300 Beamten, die geklagt und Widerspruch eingelegt hatten, den vollen entgangenen Sold nachgezahlten. Am Dienstagnachmittag beschloss der Finanzausschuss die entsprechenden Gesetzesvorgaben, bevor der Landtag darüber befindet. Doch trotz des mehr als 300 Millionen Euro schweren Verhandlungspakets konnte Rot-Rot den Widerstand der Gewerkschaften nicht brechen.
Gewerkschaft fordert 3000 Euro Einmalzahlung für alle Beamten
Den Gewerkschaften reicht das nicht. Sie fordern einmalig 3000 Euro für alle Beamten. Dies sei die Mindestsumme, zumal den Beamten jeweils zwischen 3800 und 10 000 Euro durch den von der Landesregierung selbst eingeräumten Verfassungsbruch beim Sold von 2004 bis 2014 entgangen seien. GdP-Landeschef Andreas Schuster sagte, die Beamten seien „wütend über den elf Jahre bestehenden Verfassungsbruch“. In dieser Zeit habe das Land Millionensummen eingespart, indem Urlaubsgeld gestrichen, das Weihnachtsgeld gekürzt und die Tariferhöhung des öffentlichen Dienstes nicht voll übernommen worden sei. „Und nun soll kein Geld da sein, um eine angemessene Entschädigung für geleistete Arbeit zu zahlen“, sagte Schuster. Der Landesregierung und der rot-roten Landtagskoalition warf er vor, nur eine „Billigstvariante“ vorgelegt zu haben. Zudem habe die Landesregierung mit Zugeständnissen etwa für Lehrer versucht, die Gewerkschaften zu spalten. Damit verwies Schuster auf eine Sonderregelung für Oberschullehrer, die um eine Besoldungsstufe angehoben werden, 400 bis 600 Euro pro Monat mehr bekommen – das hatte die Lehrer-Gewerkschaft GEW herausgeschlagen. „Die Polizistinnen fühlen sich von ihrer Landesregierung vergessen und nicht nur sie. Es tritt genauso große Teile der Verwaltung und die Justiz“, sagte Schuster. „Man kann nicht immer nur von sozialer Gerechtigkeit sprechen, man muss sie auch praktizieren.“
Am Rande der Demonstration versuchte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erneut, mit Schuster zu verhandeln. Insbesondere SPD-Fraktionschef Mike Bischoff habe Fehler eingeräumt, sagte Schuster. Zudem haben die Koalitionsvertreter – neben Woidke und Bischof auch Finanzminister Christian Görke (Linke) und Linksfraktionschef Ralf Christoffers – nach Angaben des GdP-Landeschefs ein neues Angebot gemacht. Konkret waren es neue Verhandlungen über Maßnahmen, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern. Schuster sagte, die GdP rücke nicht von ihrer Forderung ab. Derartige Verhandlungen seien bereits 2016 gescheitert. Rot-Rot will im Landtag nun per Entschließungsantrag die Landesregierung auffordern, bis Mitte 2018 unter Mitarbeit der Gewerkschaft ein Konzept vorzulegen, wie angesichts des Wettbewerbs unter den Ländern und des massiven Nachwuchsbedarfs wegen der anstehenden Pensionierungswellen den Landesdienst attraktiv zu machen.
CDU Brandenburg will Platzeck als Schlichter im Streit
SPD-Fraktionschef Bischoff sagte, man sei auf die Gewerkschaften mit großen Schritten zugekommen. Angesichts der anhaltenden Konflikte um die Beamtenbesoldung hat die oppositionelle CDU jedoch einen Schlichter gefordert. Die Front zwischen der rot-roten Landesregierung und den Gewerkschaften sei so verhärtet, dass es offenbar nur noch so gehe, sagte CDU-Landes- und Fraktionschef Ingo Senftleben am Dienstag. Brandenburg gebe zu Recht viel Geld aus, erreiche dabei aber keine Einigung mit den Gewerkschaften, sagte Senftleben. Er brachte den früheren Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) als möglichen Schlichter ins Gespräch, auch wenn er dies ausdrücklich nicht als eigenen Vorschlag verstanden wissen wollte. Ein Regierungssprecher lehnte die Forderungen ab. Es gebe keine Tarifverhandlungen, also auch keine Schlichtung. GdP-Chef Schuster begrüßte den Vorstoß der CDU. Auch wenn es keine klassische Tarifverhandlung sei, seien bei entsprechenden Angeboten Gespräche unter Vermittlung von Platzeck durchaus denkbar. (mit dpa)
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