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Brandenburg: Präsident des Verfassungsgerichts in Erklärungsnot

Jes Möller hat sich zu den Klagen gegen die Kürzungen bei den Freien Schulen geäußert. Die Opposition hält ihn deshalb für befangen

Potsdam - Staatskanzlei-Chef Albrecht Gerber (SPD) freute sich schon. Für ihn war die Sache so gut wie gelaufen. In der Staatskanzlei wurde schon gefeixt, dass man sich die Verhandlung vor dem Landesverfassungsgericht zu den Kürzungen bei den Freien Schulen eigentlich sparen könne. Und dass man auch keinen Vertreter der Landesregierung schicken müsse, es sei doch alles entschieden. Denn in der Staatskanzlei, aber auch im Bildungsministerium hatte man den Bericht der PNN über das Jahrespressegespräch des Präsidenten des Landesverfassungsgerichtes, Jes Möller, aufmerksam registriert. Dessen Äußerungen stimmten die Staatskanzlei überaus zuversichtlich. Nun aber sind sie ein Politikum und ein Problem für Brandenburgs obersten Richter. Denn die Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und Grünen im Landtag halten Möller, SPD-Mitglied, für befangen. Die Glaubwürdigkeit des Landesverfassungsgerichtes steht auf dem Spiel. Die für diesen Freitag geplante Verhandlung zu den Freien Schulen ist abgesetzt worden.

Der Titel des besagten PNN-Beitrags vom 1. Februar, also vor sechs Wochen, lautete: „Kürzung oder Systemwechsel?“ Möller hatte in dem Pressegespräch über die anstehenden Verfahren in diesem Jahr berichtet. Eines der wichtigsten ist die Normenkontrollklage der Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und Grünen im Landtag. Seit 2012 zahlt das Land den Freien Schulen nicht mehr 94 Prozent der Personalkosten, sondern einen jährlich, mit fiktiven Faktoren neu ermittelten Betriebskostenzuschuss, der jährlich schmilzt. Die Oppositionsfraktionen bezweifeln die Verfassungsmäßigkeit der mit der Mehrheit von SPD und Linke im Landtag beschlossenen Kürzungen. Denn das Land ist laut Verfassung verpflichtet, das finanzielle Existenzminimum der Schulen in freier Trägerschaft zu gewährleisten und die Finanzierung so auszugestalten, dass auch Kinder aus einkommensschwachen Familien diese Schule besuchen können.

Eigentlich gilt als Grundsatz, dass sich ein Richter mit Äußerungen zu Verfahren stärker zurückhalten muss, je näher die Verhandlung rückt. Verfassungsgerichtspräsident Möller ließ sich im Jahrespressegespräch aber zu einigen weitreichenden Äußerungen hinreißen. Die Opposition bezweifelt deshalb Möllers Unvoreingenommenheit, weil er Standpunkte der Freien Schulen als Richter negativ bewertet und damit eine Vorfestlegung getroffen hat. Die Opposition liest aus Möllers Worten, dass die Entscheidung eigentlich schon gefallen ist.

Möller hatte gesagt, die Bezeichnung des neuen Finanzierungsmodells als „Kürzung“, wie es die Freien Schulen tun, sei „unglücklich“. Zudem sah der Gerichtspräsident „einen Systemwechsel, ein völlig neues, anderes Finanzierungsmodell“, wie es im PNN-Beitrag hieß.

Dass Möller sich so geäußert hat, steht außer Frage. Nach PNN-Informationen wird beides nicht bestritten. Möller selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Tatsächlich geht es bei Möllers Wortwahl um mehr als begriffliche Haarspalterei. Wird im Gesetz die Umstellung eines Finanzierungsmodells als Systemwechsel bezeichnet, hätten die rot-rote Landesregierung und die Mehrheit von SPD und Linke im Landtag einen weitaus größeren Gestaltungsspielraum gehabt und Kürzungen weitaus leichter durchsetzen können. Das ist der Stand der Dinge laut der geltenden Rechtssprechung durch das Bundesverfassungsgericht. Nur hat der Begriff Systemwechsel im Gesetzgebungsverfahren nie eine Rolle gespielt, Landesregierung und Opposition haben ihn auch nie im Zuge des Normenkontrollverfahrens vor dem Landesverfassungsgericht eingeführt. Nur auf Referatsebene im Bildungsministerium fiel der Begriff. Sollte das Gericht nun den Wechsel der Finanzierung der Freien Schulen als Systemwechsel einstufen und nachträglich als Maßstab für die Entscheidung des Landtags – im Gegensatz zu dessen ursprünglicher Intention – einführen, stünden die Chancen für die Normenkontrollklage der Landtagsopposition schlecht.

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