
© dpa (Archivbild von 2005)
Nach Finca-Urlaub: Privatflug von Wowereit wirft neue Fragen auf
Der Berliner Regierungschef hält alle Fragen für beantwortet. Auch auf die Nachfrage hin, ob es weitere vergleichbare Einladungen gab. Die Opposition kritisiert die Vermischung von Dienstlichem und Persönlichem.
Stand:
Für Klaus Wowereit ist alles gesagt. „Nach unserem Gefühl sind alle Fragen beantwortet“, sagte der Sprecher des Regierenden Bürgermeisters, Richard Meng, am Montag. Der Tagesspiegel hatte gefragt, ob Wowereit ausschließen könne, dass es über die in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Verbindungen des Regierungschefs zu dem umstrittenen Partyveranstalter Manfred Schmidt hinaus weitere vergleichbare Einladungen gab.
„Das war alles“, heißt es in der Senatskanzlei. „Da ist nichts, was es noch geben könnte.“
Wowereit hatte am Freitag zugegeben, vor acht Jahren im Rahmen eines Spanien-Urlaubs zwei bis drei Tage gratis in Schmidts Ferienhaus bei Barcelona verbracht zu haben. 2011 organisierte Schmidt dann eine Wahlkampf-Party mit Wowereit in seinem Penthouse am Brandenburger Tor. Da gegen Schmidt im Rahmen der Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten ermittelt wird, sieht vor allem die Opposition noch Aufklärungsbedarf. „Das ist alles noch viel zu sehr im Nebel“, sagte der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer. Er findet, Wowereit habe noch nicht deutlich genug gemacht, wie die Beziehungen Schmidts zum Regierungschef und zum Senat aussahen. Wowereit hatte erklärt, es habe keine Geschäftsbeziehungen der Senatskanzlei oder anderer ihm bekannter Einrichtungen des Landes zu Schmidt gegeben. Das reicht auch den Grünen noch nicht als Antwort. Deren rechtspolitischer Sprecher Dirk Behrendt hatte deshalb angekündigt, das Thema am Mittwoch im Rechtsausschuss auf die Tagesordnung setzen zu wollen. Das dürfte allerdings an der Ausschussmehrheit von SPD und CDU scheitern. „Berlin hat wichtigere Probleme als die Profilneurose der Grünen“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh. „Es ist verantwortungslos, den Rechtsausschuss für diese Egoshow zu missbrauchen.“ Dazu kommt, dass zumindest die Einladung Wowereits in Schmidts Urlaubsdomizil vor acht Jahren rein rechtlich wohl keine Relevanz mehr hätte, auch wenn man den Verdacht hegen sollte, es könnte eine Vorteilsnahme im Amt vorliegen: Das Delikt verjährt laut Strafgesetzbuch nach fünf Jahren.
Behrendt findet trotzdem, dass der Fall ein Thema für den Rechtsausschuss ist und sagt: „Die Koalition mauert.“ Sollte das Thema in dem Gremium nicht umfassend zur Sprache kommen, werde die Opposition nach Wegen suchen, das Thema im Parlament zu behandeln und Wowereit direkt zu einer ausführlichen Auskunft zu bewegen, möglicherweise im nächsten Plenum am 22 . März.
Aus Sicht von Wowereit gibt es hingegen „nichts, was es noch zu sagen geben könnte“, wie Senatssprecher Meng sagt. Der Abstecher zu Schmidts Finca, der im Rahmen eines Spanienurlaubs des Regierungschefs und seines Partners Jörn Kubicki stattfand, sei Wowereits einziger Besuch dort gewesen. Gefragt, bei welchen anderen Freunden oder Bekannten aus der freien Wirtschaft Wowereit im Laufe seiner Amtszeit noch Urlaub gemacht habe, antwortete Meng: „Bei niemandem.“
In der „Bild“-Zeitung hatte Wowereit Schmidt am Montag als „sehr guten Bekannten“ bezeichnet, der „ein feiner Kerl“ sei. Im Parlament hatte der Regierungschef vor vier Wochen gesagt, Schmidt der Partyveranstaltersei mit seinen Veranstaltungen, bei denen ab Mitte der 90er Jahre Prominente aus Politik, Wirtschaft und Medien zusammenkamen, „für Berlin wichtig“ gewesen.
Gefragt, wie das zu verstehen sei, sagte der Senatssprecher, Schmidt habe in den Jahren nach dem Regierungsumzug dabei geholfen, wichtige Netzwerke herzustellen. Geschäftliche Beziehungen mit dem Land oder auch die finanzielle Unterstützung der SPD sei damit aber nie verbunden gewesen, sagt auch SPD-Landesgeschäftsführer Rüdiger Scholz: „Soweit wir das überblicken können, hat es von Schmidt nie Zuwendungen für die Berliner SPD gegeben.“ Veranstaltungen wie die Wahlkampfparty mit Wowereit seien von Schmidt rein privat organisiert worden und „weder mit uns abgesprochen noch auf unsere Initiative hin“ veranstaltet worden.
Ein geselliges Wochenende auf einem Landgut bei London bringt Klaus Wowereit in Erklärungsnot. Wie Senatssprecher Richard Meng am Montagabend bestätigte, war der Regierende Bürgermeister im Jahr 2002 – im ersten Jahr nach seinem Amtsantritt – vom exklusiven Berlin Capital Club zu einem Wochenende mit rund 50 international tätigen Geschäftsleuten auf das Anwesen mit Golfplätzen eingeladen worden und hatte dafür das Angebot von Ex-Bahnchef und Capital-Club-Präsident Heinz Dürr angenommen, in dessen Privatmaschine mitzufliegen. Hinterher habe Wowereit dann den vermuteten Gegenwert eines Linienfluges nach London, 300 Euro, an ein gemeinnütziges Projekt gespendet, bestätigte Meng einen Bericht der „B.Z.“. Dadurch habe der Regierungschef den Eindruck vermeiden wollen, er habe von der Einladung finanziell profitieren wollen.
Für die Opposition fügt sich Wowereits Erklärung zu dem zehn Jahre alten Vorgang in ein Muster, das sich auch an der Beziehung des Regierenden Bürgermeisters zu dem umstrittenen Partyveranstalter Manfred Schmidt zeige. Wowereit hatte am Freitag zugegeben, vor acht Jahren im Rahmen eines Spanien-Urlaubs zwei bis drei Tage gratis in Schmidts Ferienhaus bei Barcelona verbracht zu haben. 2011 organisierte Schmidt dann eine Wahlkampf-Party mit Wowereit. Da gegen Schmidt im Rahmen der Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten ermittelt wird, sieht die Opposition noch Aufklärungsbedarf.
Diese Forderung bekommt durch die am Montag bekannt gewordene Einladung zum Privatflug nach England zusätzliches Gewicht. „Es hat ein Geschmäckle, wie hier Dienstliches und Privates vermischt wird“, sagte der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer, dem Tagesspiegel. Wenn es gute Gründe für Wowereit gegeben habe, 2002 als Regierender Bürgermeister zu dem Treffen nach England zu fliegen, dann müssten die vorgelegt werden. Lederer forderte Wowereit auf, alle Informationen zu möglicherweise problematischen Verbindungen von privaten und persönlichen Vorgängen transparent zu machen. Ansonsten müsse sich die Landesregierung fragen, ob der nach der Bankenaffäre und dem Ende der Großen Koalition von CDU und SPD 2001 propagierte Mentalitätswechsel wirklich vollzogen wurde.
Dass Wowereit an dem Wochenende in London einerseits als Regierender Bürgermeister teilnahm, aber die Kosten dann durch eine private Spende ausglich, begründet sein Sprecher damit, dass das Treffen eher „Freizeitcharakter“ hatte, gleichzeitig aber Wowereit es als sinnvoll zum Knüpfen neuer Kontakte auch für seine Arbeit ansah. Deswegen sei der Flug nicht als offizielle Dienstreise deklariert worden, was „auch schwer vermittelbar gewesen wäre“, wie Meng sagt: „Er ist als Regierender Bürgermeister eingeladen gewesen, aber auch als Privatperson – wie soll man das trennen?“ Einerseits habe der gerade neu ins Amt gekommene Wowereit „interessante Leute“ kennenlernen wollen, andererseits „wollte er die Landeskasse nicht belasten“. Daraus Wowereit einen Vorwurf zu machen, findet Meng ungerechtfertigt: „Wenn das korrupt wäre, wären wir alle korrupt.“
Zum Fall des Eventmanagers Manfred Schmidt hat Wowereit nach eigener Ansicht inzwischen alles gesagt. „Nach unserem Gefühl sind alle Fragen beantwortet“, sagte Senatssprecher Meng. Der Tagesspiegel hatte gefragt, ob Wowereit ausschließen könne, dass es über die bekannt gewordenen Verbindungen des Regierungschefs zu dem Partyveranstalter hinaus weitere vergleichbare Einladungen gab. „Das war alles“, heißt es in der Senatskanzlei. „Da ist nichts, was es noch geben könnte.“ Das sieht auch die Koalition aus SPD und CDU so und will das Ansinnen der Opposition mehrheitlich ablehnen, die Beziehung Schmidts zum Land Berlin am Mittwoch im Rechtsausschuss zu behandeln. Dann wollen Grüne und Linke versuchen, den Fall im nächsten Plenum am 22 . März zu thematisieren.
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