Brandenburg: Raus aus der Haasenburg
Jugendämter aus der ganzen Bundesrepublik holen Kinder aus Brandenburger Heimen zurück
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Potsdam – Im Haasenburg-Skandal haben nach PNN-Recherchen jetzt die ersten Jugendämter aus Deutschland damit begonnen, Kinder und Jugendliche aus den betroffenenen Heimen herauszuholen. Und zwar noch vor der förmlichen Schließung, die Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) wegen der von einer Kommission bestätigten Misshandlungsvorwürfe in den nächsten zwei Wochen verfügen will. Allerdings sind da noch juristische Auseinandersetzungen mit der Betreiberfirma programmiert. Derzeit befinden sich in den Haasenburg-Heimen in Müncheberg und Neuendorf noch 37 Kinder und Jugendliche, davon zwei aus Brandenburg, 35 aus vierzehn Bundesländern, vom Saarland bis Schleswig-Holstein.
Doch Jugendämter aus der ganzen Bundesrepublik, die bislang schwer erziehbare, teils kriminell auffällige und oft auch in ihrem Sozialverhalten gestörte Kinder und Jugendliche in brandenburgische Haasenburg-Heime geschickt haben, beginnen mit dem Rückzug ihrer Schützlinge – und suchen andere Heime. Das bestätigten mehrere betroffene Jugendämter auf PNN-Anfrage. Anlass ist auch der Untersuchungsbericht der unabhängigen Expertenkommission, der zwar selbst die Schließung der Heime nicht empfohlen, aber schwerste Missstände festgestellt hatte.
So wird etwa das Jugendamt der Stadt Neuwied, unweit von Koblenz in Rheinland-Pfalz, zwei Jugendliche aus den Haasenburg-Heimen herausholen, erklärte Wolfgang Hartmann, Leiter des Amtes für Jugend und Soziales, am Montag den PNN. „Das Jugendamt der Stadt Neuwied sucht derzeit für die in der Einrichtung noch untergebrachten Jugendlichen geeignete und aufnahmebereite Heime als Konsequenz aus dem vorliegenden Gutachten“, sagte Hartmann. „Nach derzeitigem Stand schließen wir weitere Unterbringungen in der Einrichtung aus.“ Allerdings sei es nicht leicht, Heime für diese Jugendlichen mit sehr schwierigen Biografien zu finden. „Wir haben Sorge, dass das kurzfristig gelingt. Die Kollegen arbeiten mit Hochdruck daran.“ Schon vor der Unterbringung in der Haasenburg hätten nämlich einige Einrichtungen die Aufnahme dieser Jugendlichen abgelehnt – „mit der Begründung, dass sie das nicht leisten können“. Auch Hamburg will nach eigenen Angaben für zwei Jugendliche, die noch in der Haasenburg sind, „so schnell wie möglich“ ein anderes Heim finden. Und das Jugendamt Helmstedt (Niedersachsen), das derzeit noch ein 15-jähriges Mädchen in der Haasenburg untergebracht hat, hofft in Abstimmung mit Brandenburgs Landesjugendamt auf eine andere Lösung, möglichst in Brandenburg. „Wir hoffen, dass das gelingt und wir die Jugendliche nicht abholen müssen“, sagte Wolfgang Kiaulen, Chef des Geschäftsbereiches Jugend in der Kreisverwaltung. „In dem konkreten Fall brauchen wir ein geschlossenes Heim, weil die Jugendliche sonst überall abhauen würde.“ Davon gebe es nicht viele, in Niedersachsen gar keins, die nächsten in Bayern, und die seien voll. Die Alternative wäre „allenfalls noch eine Auslandsmaßnahme mit Einzelbetreuung in Rumänien“.
Aus Berlin sind keine Jugendlichen mehr in Haasenburg-Heimen. Und die zuständige Senatsverwaltung hat den zuständigen Bezirken empfohlen, keine Neubelegungen in Haasenburg-Heime vorzunehmen. Über eine anders gelagerte Schwierigkeit berichtet das Jugendamt Neunkirchen aus dem Saarland. Ein von dort eingewiesener Jugendlicher will unbedingt in der Haasenburg bleiben, und zwar „über das 18. Lebensjahr hinaus“. Man habe bereits eine alternative geschlossene Unterbringung angeboten, die dieser aber abgelehnt habe. Nun müsse mit der Schließung aller Haasenburg-Einrichtungen dennoch ein anderes Heim gefunden werden. Thorsten Metzner
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