Brandenburg: Rechen, schippen, abfahren, verbuddeln
Um die Kastanien vor der Miniermotte zu retten, müssen Berlin und Brandenburg Laub fegen
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Um die Kastanien vor der Miniermotte zu retten, müssen Berlin und Brandenburg Laub fegen Potsdam/Berlin - Die Kastanien verlieren ihre Blätter und ganz Berlin fegt und recht. Seit Freitag sind in der Hauptstadt wieder freiwillige Feger unterwegs. Und geht es nach Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), der Stadtreinigung BSR, den Bezirken und dem Pflanzenschutzamt müsste halb Berlin Laub harken. Auch Brandenburgs Umweltministerium hat am Freitag wieder zum Laub harken aufgerufen: Denn wie schon seit Jahren soll auch in diesem Herbst wieder versucht werden, die aus Ostasien eingeflogene Miniermotte auszurotten. Während Brandenburg eine Presseerklärung mit praktischen Tipps versandte, startete Berlin gleich eine Aktion nebst Aufruf: „Rettet die Kastanien“. 60 000 Kastanien gibt es in Berlin, und alle sind befallen. Dieses Jahr fallen die Schäden allerdings geringer aus als 2003: Wo vergangenen Herbst gefegt wurde, sind die Bäume deutlich gesünder, sagt der Leiter des Pflanzenschutzamtes, Holger Schmidt. Auch der kühle, verregnete Frühsommer verhinderte das rasche Schlüpfen und Vermehren der ersten Mottengeneration. Und doch: Überall in der baumreichen Hauptstadt sind Schäden zu sehen, etwa gleich beim Kanzler um die Ecke, an der Kastanienallee im Tiergarten gegenüber dem Haus der Kulturen der Welt. Dort erleuchtete die Herbstsonne gestern die grünrotgelben Blätter – doch durch fast alle haben sich bis zu drei Larven-Generationen der nur fünf Millimeter kleinen Tierchen gefressen. In Berlin und in Brandenburg liegen viele Blätter seit Wochen braun-verkrümmt am Boden – in jedem einzelnen Blatt verbergen sich rund 300 Eier, das macht pro Kilo Laub 4500 Puppen – und sie überstehen selbst zweistellige Minusgrade im Winter problemlos. „Um die Ausbreitung im nächsten Frühjahr zu verhindern, gibt es nur eine Methode: Laub fegen“, sagte die Senatorin , die im Tiergarten mit anderen freiwilligen Helfern aus ganz Berlin demonstrativ zum Federbesen griff. Wenn alles Laub entfernt würde, lautet die Prognose der Fachleute, so könne man den Befall im nächsten Frühjahr um zwei Drittel reduzieren. Eine berlinweite Bekämpfung der Miniermotte mit Pflanzenschutzmitteln sei wegen der unerforschten Nebenwirkungen nicht möglich, sagte Junge-Reyer. Zumal noch Jahre vergehen, bis entsprechende Mittel überhaupt begrenzt eingesetzt werden könnten. Für Chemiefirmen sind die teuren Forschungsreihen für neue Mittel nicht lukrativ, weil sie sie nicht in großen Mengen absetzen können. Der natürliche Fressfeind, die Erdwespen, schafft es auch nicht allein, auch dies hat eine Forschungsreihe des Pflanzenschutzamtes ergeben. Deswegen schickt die Stadtreinigung der Hauptstadt nun wieder ihre 30 Mitarbeiter starke Spezialeinheit, den Miniermottentrupp, auf die Straße, die Bezirksämter bitten ABM-Mitarbeiter und Sozialhilfeempfänger sowie Straffällige an die Besen. Und zudem sollen in den nächsten Wochen möglichst viele freiwillige Helfer die Motten kriegen. Den Brandenburgern wird vom Umweltministerium empfohlen, das Laub in“in den nächsten Wochen die Laub harken zu schwingen“ und „das Laub penibel zusammenzutragen“. Die beste Methode, die Motte loszuwerden, sei das tiefe Eingraben des Laubes in die Erde – wie tief blieb offen. Möglich und ebenso gut sei das Abliefern in einer Großkompostieranlage. Aber auch mit einer Abdeckung durch eine „mindestens 10 Zentimeter dicke Erdschicht kann eine Eigenkompostierung im Hausgarten oder einer Kleingartenanlage erfolgen“, so der Sprecher des Umweltministeriums, Dr. Jens-Uwe Schade. Er bat, die Brandenburger, das Laub nicht zu verbrennen – „aus Gründen des Immissionsschutzes. Auch, wenn die Beseitigung des befallenen Kastanienlaubs „auf diese Weise sehr sicher ist“. Anette Kögel/Peter Tiede
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