Rundfunkbeitrag: Rechnen für mehr Durchblick
Geimeinden und Bezirke befürchten höhere Kosten, die Wirtschaft fürchtet eine Wettbewerbsverzerrung. Noch sind die Bescheide aber nicht zugestellt.
- Rainer W. During
- Alexander Fröhlich
- Matthias Matern
Stand:
Potsdam/Berlin - Der seit Jahresanfang fällige Rundfunkbeitrag stößt bei Teilen der regionalen Wirtschaft auf Kritik. Bemängelt wird etwa eine Benachteiligung von Firmen mit mehreren Standorten. Aber auch einige Kommunen in Brandenburg befürchten deutlich höhere Kosten. Denn ebenso wie für Firmen gilt auch für Behörden die Regel, dass sich der Rundfunkbeitrag, der die alte gerätebezogene Gebühr abgelöst hat, aus der Zahl der Betriebsstätten, der Beschäftigten und der betrieblich genutzten Fahrzeuge errechnet. Noch aber basieren die vermeintlichen Mehrkosten auf eigenen Berechnungen, Bescheide sind noch nicht zugestellt.
Das brandenburgische Finanzministerium ist gerade noch dabei, die neuen Gebühren zu berechnen. Bislang haben jedes Ministerium, jedes Finanzamt und jede Behörde die Gebühr in Eigenregie abgerechnet. „Wir ermitteln jetzt, wie viele Betriebsstätten und Liegenschaften wir haben im Land, wieviele Mitarbeiter dort sind und welche Autos wo angemeldet sind“, sagte ein Sprecher der Finanzministeriums. Noch weiß die Landesregierung nicht einmal, wie viel die Landesverwaltung bisher überhaupt zahlen musste. Insgesamt rechnet das Ministerium mit steigenden Kosten, wegen der vielen einzelnen Behördenstandorte im Flächenland. „Günstiger wird es dort, wo verschiedene Niederlassungen von Behörden auf einer Liegenschaft sitzen. Aber teurer dort, wo bislang für einzelne Behörden keine Fernsehgeräte angemeldet waren, denn wir müssen für jede Betriebsstätte einzeln zahlen.“ Nach PNN-Information deckt das Ministerium auch darüber nach, mit der GEZ eine Paketlösung für die Landesverwaltung auszuhandeln.
Auch bei vielen Kommunen im Land wird noch gerechnet. Gravierende Kostensteigerungen seien aber nicht zu erwarten, meinte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher. „Mit rund einem halben Dutzend Kommunen haben wir das durchgerechnet. Dabei hat sich eine relative Kostenneutralität gezeigt“, so Böttcher. Es könne aber sein, dass es zu kleineren Verschiebungen kommt.
In Brandenburg/Havel jedoch rechnet man mit bis zu 1000 Euro mehr alleine für Schulen. „Bisher waren es 2124 Euro. Für dieses Jahr werden es nach unseren Berechnungen 3190 Euro sein“, sagte Stadtsprecher Guido Zimmer. Wie sich der höhere Betrag errechne, könne er aber nicht sagen. Städtebundchef Böttcher gib zu bedenken, dass in der Vergangenheit möglicherweise nicht alle meldepflichtigen Geräte auch angegeben worden seien.
In Wittstock/Dosse (Ostprignitz-Ruppin) erwartet man sogar bis zu 2000 Euro mehr für den öffentlichen Rundfunk – vor allem wegen der Kitas und Jugendklubs. Diese seien früher von der Gebühr befreit gewesen, berichtete die Leiterin des Bildungsamtes, Dorothea Stüben. „Wir wären sicherlich froh, wenn wir 2000 Euro mehr hätten. Insgesamt ist es aber eine überschaubare Gebühr“, sagte Stüben.
Im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf geht man dagegen von Mehrkosten in Höhe von rund 14 000 Euro aus. „Wir haben noch keinen Bescheid, aber wir gehen davon aus, dass sich der Jahresbetrag mehr als verdoppelt, von 12 000 auf 26 000 Euro, so der zuständige Stadtradt Klaus-Dieter Gröhler (CDU). In Spandau rechnet Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) sogar mit jährlichen Kosten von 17 000 Euro, „einem Vielfachen dessen, was wir bisher bezahlt haben“.
Aus der Wirtschaft sind noch kritischere Stimmen zu hören. Beklagt wird etwa, dass die Einbeziehung der Betriebsstättenzahl zu einer Ungleichbehandlung führt. „Große Unternehmen mit nur einer Betriebsstätte kommen günstiger weg als große Firmen mit vielen Filialen. Das ist wettbewerbsverzerrend“, bemängelte etwa der Geschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. Auch die Industrie- und Handelskammer Potsdam teilt diese Kritik. Der Ansatz der neuen Regelung sei zwar richtig, doch dürften unterschiedliche Betriebsmodelle nicht unterschiedlich behandelt werden.
Trotz der Benachteiligung ist man bei der Großbäckerei Exner aus Beelitz (Potsdam-Mittelmark) mit insgesamt 42 Filialen einigermaßen gelassen. „Früher mussten wir nur die zehn Filialen angeben, in denen es einen Fernseher gibt. Jetzt werden alle Geschäfte berücksichtigt. Dafür fallen jetzt aber die Fahrzeuge weg, weil für jede Betriebsstätte ein Fahrzeug beitragsfrei ist“, heißt es aus der Buchhaltung. Vermutlich werde es auf einen nur leichten Kostenansteig hinauslaufen.
Unzufrieden sind allerdings Betreiber von Hostels, da ihre Zimmer für Rucksacktouristen oft weder Fernseher noch Radio haben, sie aber dennoch zur Kasse gebeten werden. Beim Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg hält man den Rundfunkbeitrag dennoch für eine gute Sache: „90 Prozent unserer Mitglieder werden entlastet“, bestätigte Hauptgeschäftsführer Olaf Lücke. Da müssten die restlichen zehn Prozent eben zurückstehen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: