Brandenburg: Rechte vertrieben
Neonazis sollen Gewerberäume in Berlin nicht mehr mieten können
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Berlin - Als Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat im Oktober 2012 das letzte Mal in Schöneweide war, tummelten sich stadtbekannte Neonazis auf Festen, in Kneipen und Läden im Kiez. Der „Henker“, eine unter Rechtsradikalen beliebte Spelunke, bekam sogar Szenebesuch aus Süddeutschland, und Sebastian Schmidtke, der NPD-Landeschef, stand grinsend in der Tür seines Ladens „Hexogen“, in dem er Gleichgesinnten allerlei Eindeutiges verkaufte. Als die SPD-Politikerin am Donnerstag wieder nach Schöneweide kam, erklärte sie: Von Schöneweide gehe ein positives Signal aus, Engagement lohne sich, Neonazis könnten vertrieben werden.
In Schöneweide gab es seit der Wende etliche Anwohner, die im Kampf gegen Neonazis viel riskiert haben. Antifa-Gruppen, Linke, Jusos, aber auch Seniorenvereine haben über rechtsradikale Netzwerke informiert, eigene Kundgebungen organisiert und dafür Schläge bekommen. Die Rechtsradikalen waren hier oft besonders militant. Noch 2012 sprengten sie in Treptow die Briefkästen der Privatwohnungen von Nico Schmolke, dem Vize- Chef der Berliner SPD-Jugend, und Hans Erxleben, einem Bezirksverordneten der Linken. Doch die anhaltenden Proteste führten dazu, dass nicht nur die Politik auf den Kiez aufmerksam wurde. Auch die Immobilienwirtschaft reagierte, wenn auch spät. Dem „Henker“ wurde nach vier Jahren 2013 gekündigt, NPD-Chef Schmidtke stritt sich mit seinem Vermieter. Nun ist der „Henker“ geschlossen, und Schmidtke will wegziehen.
Kolat und Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) haben am Donnerstag nachgelegt. Zusammen mit der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) haben sie sich an zwei der größten Wohnungsbaugesellschaften der Stadt gewandt. Denn die MBR hatte mit einem Juristen Klauseln entwickelt, wonach die Nutzung von Gewerberäumen für rechtsextreme, rassistische und antisemitische Zwecke explizit untersagt ist. Diese Klauseln sollen ab sofort in den Mietverträgen von Degewo und „Stadt und Land“ enthalten sein – und somit verhindern, dass Gewerberäume für Propaganda und Parteigeschäfte genutzt werden.
Zusammen vermieten Degewo und „Stadt und Land“ fast 1500 Gewerberäume in Berlin. Senatorin Kolat hofft, dass sich andere Gesellschaften, Immobilienfirmen und Privatvermieter anschließen. Anders als bislang zögen Kündigungen in diesen Fällen wohl keinen Rechtsstreit nach sich. Der „Henker“-Betreiber hatte noch Monate lang Aufschub bekommen, weil sich nach der Kündigung erst Richter mit seinem Mietvertrag befassen mussten. Bei ihrem Einzug vor ein paar Jahren hatten sich weder der „Henker“-Wirt noch NPD-Mann Schmidtke als Rechtsradikale vorgestellt. Die nun in Schöneweide vorgestellten Klauseln, die in Berlin schon in Einzelfällen verwendet worden sind, wurden vor Gericht bislang nicht gekippt.H. Heine
H. Heine
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