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Brandenburg: Rockerkrieg wird immer brutaler Ermittler warnt vor Eskalation der Gewalt

Potsdam - Vor einer Eskalation der Gewalt zwischen den rivalisierenden Motorradclubs (MCs) Hells Angels und Bandidos in der Hauptstadtregion hat ein leitender Ermittler aus Potsdam gewarnt, der aus einsatztaktischen Gründen nicht genannt werden wollte. „Es sind zwar noch keine schwedischen Verhältnisse.

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Potsdam - Vor einer Eskalation der Gewalt zwischen den rivalisierenden Motorradclubs (MCs) Hells Angels und Bandidos in der Hauptstadtregion hat ein leitender Ermittler aus Potsdam gewarnt, der aus einsatztaktischen Gründen nicht genannt werden wollte. „Es sind zwar noch keine schwedischen Verhältnisse. Aber so weit sind wir davon nicht entfernt. Jedes Jahr wird mindestens ein Rocker angeschossen“, sagte der Beamte den PNN. Es sei eine Frage der Zeit, bis Unbeteiligte Opfer der mit äußerster Brutalität geführten Attacken beider Gruppen werden.

In Schweden hatte es beim Rockerkrieg in den 1990er Jahren mehrere Tote gegeben. In Berlin-Hohenschönhausen ist Mitte August ein 33-Jähriger auf offener Straße erschossen worden. Die Polizei vermutet einen Racheakt: Das Opfer war von den Hells Angels zu den Bandidos gewechselt.

Beide Gruppen mischen in der organisierten Kriminalität mit und streiten um Einflussgebiete. Sie sind im Sicherheitsgewerbe und der Türsteherszene aktiv, betreiben Fitness- und Tattoostudios, neuerdings Immobilienhandel, um illegale Geschäfte zu vertuschen. Einnahmequellen sind Zuhälterei, der Handel mit Waffen und Drogen, aber auch mit Dopingmitteln wie Anabolika. Experten sprechen von „Koks, Waffen und Frauen“. Die Ermittler haben festgestellt, dass sich die Rocker bei Sicherheitsdiensten Waffenscheine besorgen. Viele Mitglieder wie etwa die 15 Männer der im März gegründeten Niederlassung (Chapter) in Potsdam seien „kampferfahren“, darunter frühere Neonazis und Hooligans, hieß es. Die Rockerclubs begreifen sich als außerhalb der Gesetze stehend mit eigenen strengen Regeln.

In Brandenburg bauten die MCs in den vergangenen Monaten ihre Präsenz aus und gerieten aneinander. „Die Expansion ist nicht abgeschlossen“, sagte der Ermittler. „Da ist eine enorme Dynamik drin“, hieß es beim Landeskriminalamt. Trotz eines Ende 2008 vereinbarten Friedensschlusses setzten die Bandidos und deren Ableger, die Chicanos, auf Expansion – wie in Teltow-Fläming, Oberhavel, Brandenburg/Havel, in der Prignitz und im Barnim. Von der Mitgliederzahl her haben Bandidos und Chicanos die Hells Angels überflügelt, letztere sehen sich bedrängt.

Auch die Kommunalpolitik in Brandenburg bleibt von den Machenschaften nicht verschont. Der Ermittler warnte vor einem zunehmenden Einfluss der „Gesetzlosen“ auf die Rathäuser. Mehrmals musste er schon Bürgermeister aufsuchen, um über örtliche Strukturen aufzuklären. Kommunalpolitiker liefen schnell Gefahr, sich von den Rockern etwa bei Wohltätigkeitsfeiern oder durch Spenden vereinnahmen zu lassen oder die Clubs als Sicherheitsdienste für örtliche Feste zu engagieren. Dies sei schon häufiger geschehen. „Es gibt zunehmend eine positive Öffentlichkeitsarbeit“, erklärte der Beamte.

In Eberswalde wiederum, wo die nun verbotenen Barnimer Chicanos aktiv waren, haben rivalisierende Unterweltgrößen Schutz unter dem Dach der verfeindeten Clubs für ihre krummen Geschäfte gesucht.

Als Reaktion auf die zunehmende Gewalt hat Brandenburgs Polizei ihre Kräfte verstärkt. Die Ermittlungsgruppe Rocker im Potsdamer Polizeipräsidium wurde von sechs auf neun Mann aufgestockt. Beim LKA in Eberswalde sitzt ein elfköpfiges Ermittlerteam. Alexander Fröhlich

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