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Brandenburg: Rockerrazzia nach Überfällen

In Königs Wusterhausen gab es zum Jahreswechsel blutige Attacken. Die Behörden warnen vor Gewalt zwischen Hells Angels und Gremium

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Potsdam - In Ermittlerkreisen war die Razzia seit einiger Zeit bekannt, am Dienstagmorgen um 4 Uhr schlugen die Einsatzkräfte dann zu: Mehr als 800 Polizeibeamte, darunter Spezialeinsatzkommandos, durchsuchten in Brandenburg, Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen 52 Wohnungen und Niederlassungen der verfeindeten Rockerklubs Hells Angels und Gremium und deren Sympathisanten. Schwerpunkt der Durchsuchungsaktion war in Ostbrandenburg der Raum um Frankfurt (Oder), Fürstenwalde und Königs Wusterhausen. Weitere Einsätze gab es in Cottbus. In Sachsen gab es Durchsuchungen unter anderem bei den Hells Angels in Chemnitz und Plauen, in Nordrhein-Westfalen in Duisburg. In Berlin durchsuchten Beamte zwei Vereinslokale und drei Wohnungen.

Anlass der Razzia war nach offiziellen Angaben der für Organisierte Kriminalität zuständigen Staatsanwaltschaft in Frankfurt (Oder) gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den beiden Rockergruppen im Dezember 2011 in Königs Wusterhausen. Ermittelt wird wegen versuchten Totschlags. Am 25. Dezember war in Königs Wusterhausen in einer Diskothek ein führendes Mitglied des Gremium MC geschlagen und niedergestochen worden. Am Silvesterabend wiederum haben Gremium-Rocker einen damals 15-Jährigen mit Schlägen und Messerstichen schwer verletzt. Die Ermittler gingen davon aus, dass es sich beim Angriff auf den 15-Jährigen „offenbar um ein Versehen“ gehandelt habe. Die Rocker hätten den Jugendlichen entweder mit jemand anderem verwechselt, oder der Junge sei bei einer größeren Auseinandersetzung im Weg gewesen.

Am Dienstag verhafteten die Ermittler sechs Rocker. Zugleich stellten sie als Beweismittel Computer und Laptops, aber auch Messer, Macheten, Schlagstöcke, Quarzhandschuhe und weitere Schlagwerkzeuge sicher. Bereits im Februar hatte die Polizei in Duisburg einen Anwärter der Hells Angels verhaftet, der früher in Brandenburg lebte und den 15-Jährigen Silvester lebensgefährlich verletzt haben soll.

Das Unbeteiligte von der Rockergewalt betroffen waren, ist in diesem Fall der Hauptgrund für das harte Durchgreifen der Behörden. Allerdings sollte die Razzia auch ein Warnschuss an den Gremium MC sein, wie es aus Ermittlerkreisen hieß. Die Sicherheitsbehörden hatten sich in den vergangenen Wochen zunächst nur auf Hells Angels und Bandidos konzentriert, die sich blutige Auseinandersetzungen mit Schüssen geliefert hatten. Die Polizei hatte sogar einen Sprengstoffanschlag der Bandidos auf die Hells Angels vereitelt. Deshalb befürchteten die Ermittler, die Gremium-Rocker könnten unbeachtet in die entstandenen Lücken stoßen. Mit der Razzia sollte den Gremium-Rockern gezeigt werden, dass auch sie im Visier der Sicherheitsbehörden stehen, hieß es von Ermittlern.

In Brandenburg gibt es mehrere Gremium-Chapter, also lokale Ableger. Traditionell gilt die Gegend zwischen Königs Wusterhausen und Frankfurt (Oder) als Gegend der Bruderschaft Gremium MC, allerdings drängen seit einiger Zeit die Hells Angels aus Berlin, teils von den „Hells Angels Nomads“ dorthin. Für die Bruderschaft Gremium MC ist das nach ihrem Rockerverständnis eine Provokation. Die Hells Angels wollen auf diese Weise ihr Einflussgebiet ausweiten. In Berlin sind die Bandidos weitestgehend verdrängt. Bei den Geschäften der Rocker geht es um Drogen, Waffen, Prostitution und mit Türsteherdiensten um die Kontrolle der Klubs und Diskotheken. Jetzt läuft es in Ostbrandenburg auf eine Konkurrenzsituation zwischen Hells Angels Oder City aus Frankfurt (Oder) und deren Unterstützern, der „Brigade 81“ in Fürstenwalde auf der einen und „Gremium Nomads Eastside“ auf der anderen Seite hinaus. Polizeiintern wird vor neuen gewaltsamen Auseinandersetzungen gewarnt. Alexander Fröhlich

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