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Von Alexander Fröhlich: Rot-Rot bessert Polizeireform nach Innenminister Woidke macht Zugeständnisse an Landtag und wendet Schlappe in den eigenen Reihen ab

Potsdam - Polizeireform gerettet: Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) musste am gestrigen Donnerstag in letzter Minute im Innenausschuss des Landtags eine Abstimmungsschlappe in den eigenen Reihen abwenden. Zwar hat damit die Radikalreform die endscheidende letzte Hürde genommen, bevor der Landtag das Gesetz in zwei Wochen verabschieden kann.

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Potsdam - Polizeireform gerettet: Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) musste am gestrigen Donnerstag in letzter Minute im Innenausschuss des Landtags eine Abstimmungsschlappe in den eigenen Reihen abwenden. Zwar hat damit die Radikalreform die endscheidende letzte Hürde genommen, bevor der Landtag das Gesetz in zwei Wochen verabschieden kann. Doch mit der Enthaltung des SPD-Innenpolitikers Christoph Schulze wurde nach dem Rücktritt von Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD), der die Reform eingefädelt hatte, erstmals deutlicher Widerspruch in der Regierungskoalition laut, die nun selbst stärker mitbestimmen will. Intern wurde dies als deutliche Warnung an die Landesregierung für künftige Reformvorhaben gewertet – und zwar gegen einsame Entscheidungen à la Speer, der den Abbau um 1900 auf 7000 Stellen und Wachenschließungen mit aller Macht durchsetzen wollte und Kritik stets brüsk abgebügelt hatte. „So etwas darf sich nicht wiederholen“, sagte Schulze. Nachdem Woidke Zugeständnisse an den Innenausschuss gemacht hatte, verzichtete Schulze darauf, die „letzte Altlast“ von Speer, die „wir hoffentlich von ihm haben“, abzulehnen. In diesem Fall wäre es zum Patt zwischen Koalition und Opposition gekommen, der Ausschuss hätte dem Reformgesetz nicht zugestimmt.

Das auf „11 dünnen Seiten“ verfasste „unzulängliche Gesetz“ sei mit ihm nicht zu machen, so Schulze. Die Zukunft der Wachenstandorte sei völlig unklar, „wir wissen nicht, wo die Reise hingeht“. Er wolle keine „Katze im Sack“ kaufen, dem Innenminister allerdings „eine Chance geben“, sagte Schulze. Grund dafür ist nicht nur die auch von der Opposition gelobte Kommunikationsoffensive des Innenministers, der ein Mammutprogramm in den zwei Polizeipräsidien, zehn Schutzbereichen und beim Landeskriminalamt samt intensiver Gespräche mit Personalräten und Kommunalpolitiker absolviert hat. Maßgeblich für den Entschluss von Schulze, die Reform nicht abzulehnen, waren Woidkes „Sinneswandel“ und Ansage, noch vor Bekanntgabe der künftigen Wachenstandorte, über die er zu befinden hat, den Innenausschuss persönlich zu informieren und einzubinden.

Nicht nur im Umgang mit den Kritikern, sondern auch in den Details der Reform ist Woidke bereits teilweise von der strikten Linie Speers abgerückt. Es bleibt zwar bei 15 Vollwachen samt Führungsstab in bislang 15 Schutzbereichen, die zu vier Direktionen zusammengefasst werden. Diese sollen aber die Dienststellen ohne Führungsriege auf unterer Ebene bestimmen, je nach Gegebenheit vor Ort flexibel steuern und besetzen, je nach Bedarf von 12 bis 24 Stunden. Um Lücken in den Weiten des Landes zu schließen und wegen der kritischen Kriminalitätslage in der Grenzregion zu Polen, sind intern weitere 24-Stunden-Standorte neben den 15 Vollwachen im Gespräch: in Gransee, Rathenow, Schwedt, Lübben, Guben oder Forst. Allerdings hält Woidke an der Zielzahl von 7000 Stellen fest. Wegen eines Abkommens der Innenministerkonferenz ist der Wegfall einer von bislang vier Einsatzhundertschaften vorerst vom Tisch, Woidke will dies beim Personalabbau an anderer Stelle kompensieren und den Bedarf an Hundertschaften 2014 prüfen. Für Linke-Innenexperte Hans-Jürgen Scharfenberg ist der geplante Stellen-Abbau aber noch kein Gesetz. Im Reform-Konzept sei von „voraussichtlich 7000 Stellen“ bis 2002 die Rede, daher gebe es „Spielraum, um flexibel zu reagieren“. Dass wegen überlasteter Polizisten Reformbedarf besteht, sieht selbst die Opposition, die Woidke aber keinen „Freifahrtschein für die größte Polizeireform seit 1990“ geben will.

Ein CDU-Antrag, der auch einen Landtagsbeschluss zu den Wachenstandorten fordert, fiel durch, Rot-Rot hält das nicht für praktikabel. Stattdessen zwingt die Koalition die Regierung mit einem Entschließungsantrag, „der das enthält, was im Gesetz stehen sollte“, zum Nachsteuern. Es geht um den Erhalt der Revierpolizisten, genügend Dienststellen und Nachwuchs, es soll keine Abstriche bei der Kriminalpolizei geben, das LKA Eberswalde als Direktion erhalten bleiben. Zudem wird Woidke für den Wachen-Entschluss eine Frist bis Juli 2011 gesetzt, einmal im Jahr muss das Ministerium Bericht erstatten und den Personalbedarf prüfen.

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