Von Alexander Fröhlich und Thorsten Metzner: Rot-roter Streit überlagert brisanten Parteitag
Regierungsbilanz, Kohlendioxid-Endlager, Sparkurs – die Linke hat genug zu verkraften, nun fällt ihr die SPD in den Rücken
Stand:
Potsdam – Eigentlich sind die selbst gesetzten Themen für den heutigen Landesparteitag der brandenburgischen Linken in Potsdam brisant genug: Es soll Bilanz nach eineinhalb Jahren rot-roter Koalition gezogen, eine Linie für den Sparkurs in den nächsten Jahren gefunden werden, und dann ist da noch die sogenannte CCS-Technologie, die die Linke mit dem Thema Braunkohleverstromung und Suche nach einem Kohlendioxid-Endlager in Ostbrandenburg hadern lässt. Doch ein unappetitliches Thema hat ausgerechnet der große Koalitionspartner, die SPD, der Linken in dieser Woche auf die Agenda gesetzt: Die SPD droht damit, einem Gesetz der Linke-Umweltministerin Anita Tack im Landtag die Zustimmung zu verweigern – aus reinen Lobbygründen, wie die Linken finden. Ein bislang unter Rot-Rot einmaliger Eklat, zu dem die Linke nach klaren Worten suchen will.
Denn die SPD-Fraktion hatte angekündigt, ein mit dem Kabinett abgestimmtes Gesetz von Tack zu blockieren. Sie will die Zuschüsse zur Tierkörperbeseitigung kürzen, mit denen sich das Land an den Tierkadaver-Kosten der Bauern beteiligt. Es ist das erste Spargesetz eines Ministeriums unter linker Führung. SPD-Politiker haben dagegen Widerstand angekündigt. Die Linken haben nach PNN-Informationen daher bei Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) interveniert, der die Kritik an der politischen Kurzsichtigkeit seiner eigenen Parteikollegen teilt, aber auch am Ausbrechen von Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) aus der Kabinettslinie. Nach PNN-Informationen hält auch die Staatskanzlei Vogelsängers Schritt nicht für akzeptabel, denn es geht um einen Kabinettsbeschluss. Wenn es bei dem Widerstand gegen den Kürzungsplan bleibe, warnt die Linke, könne die SPD keine Zustimmung zu anderen Kürzungen erwarten, etwa im Bildungsetat.
Ohnehin probt die Linke den Spagat zwischen Wahlkampf-Positionen und Koalitionszwängen. Das trifft besonders auf das CCS-Vorhaben des Energiekonzerns Vattenfall zu, der in Jänschwalde 1,5 Milliarden Euro teures Braunkohle-Kraftwerk bauen will und das dort abgeschiedene Kohlendioxid (CO2) in Ostbrandenburg unterirdisch speichern will. Bereits Wochen zuvor hatte das Thema in der Partei – von der Basis bis zur Spitze – Turbulenzen ausgelöst. Wirtschaftsministers Ralf Christoffers agierte in einer juristischen Frage äußerst ungeschickt – was in der Öffentlichkeit verheerend wirkte: Plötzlich stand der ansonsten anerkannte Minister als linker CCS-Verteidiger am Pranger, obwohl sich die Partei im Wahlkampf gegen CCS ausgesprochen hatte, dann aber mit der SPD einen Kompromiss eingehen musste. Ein Abwahlantrag der Basis in der CO2-Speicherregion konnte aber noch abgewendet werden. Um Kritiker zu besänftigen und um Zweifel am schwammigen Leitantrag zu zerstreuen, legten zwei Landtagsabgeordnete, der Oder-Spree-Verbandschef Peer Jürgens und der Energieexperte Thomas Domres, einen weitreichenden Initiativ-Antrag vor. „Darüber kann sich Vattenfall nur ärgern“, sagte Jürgens. Der Antrag sei ein Kompromiss, „streng genommen müssten wir sagen, wir steigen aus CCS aus und brechen den Koalitionsvertrag. Wir bleiben aber, haben Hürden benannt, die nicht überwunden werden können.“
Dennoch schlägt den Linken heute der Protest entgegen, Greenpeace-Aktivisten wollen eine „CO2-Bombe“ vor das Potsdamer Kongresszentrum bringen. Die Linke müsse einen Kohleausstieg vorantreiben. Bürgerinitiativen wie „CO2- Endlager stoppen“ und die „Klinger Runde“ aus der Lausitz lehnen die Linke-Position ab, diese sei „energiepolitisch rückwärtsgewandt und zutiefst undemokratisch“.
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