
© Rolf Vennenbernd / dpa
Protest von Erziehern und Kindern in Brandenburg: Rot-Roter Streit um Bundesgelder für Kita-Qualität
SPD-nahe Wohlfahrtsverbände protestieren am Mittwoch gegen Linke-Finanzminister Christian Görke. Es geht um die Frage, was mit dem Betreuungsgeld des Bundes geschieht. In der rot-roten Koalition gibt es offenbar Kommunikationsprobleme.
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Potsdam - Vor einer Woche erst hatte die SPD-Landtagsfraktion ein 50 Millionen Euro schweres Paket für Kindertagesstätten in Brandenburg für Bauinvestitionen, für mehr Personal für Kitas in Problemkiezen und eine Freistellung von Leitungspersonal von der Betreuung verkündet – doch nun brodelt es weiter. Für Mittwoch rufen die Wohlfahrtsverbände und der Städte- und Gemeindebund Brandenburg zu einer Demonstration vor dem Landtag auf. Laut Ankündigung werden Erzieher und Kinder Finanzminister Christian Görke (Linke) die Meinung geigen, das Motto lautet „Versprochen ist versprochen“.
Es geht um die Summe von 59,5 Millionen Euro vom Bund. Das Geld stammt aus dem Topf des vom Bundesverfassungsgericht gekippten Betreuungsgeldes, der Bund zahlt es dem Land von 2016 bis 2018 in drei Tranchen aus. Görke hatte im vergangenen Jahr versprochen, es für bessere Qualität in den Kindertagesstätten zu investieren. Es gab auch einen Landtagsbeschluss. Nun werfen die Initiatoren dem Finanzminister vor, nicht nur sein Wort gebrochen, sondern auch gegen den Beschluss des Landtags verstoßen zu haben.
Kita-Kinder sollen für mehr Geld trommeln
Die Initiatoren der Demonstration sprechen von einem Skandal. Angeblich taucht das Bundesgeld im Entwurf der Landesregierung für den Haushalt 2016/17 nicht auf. In der Mitteilung heißt es: „Wir fordern dazu auf, das Geld zusätzlich in die Kindertagesbetreuung für mehr Qualität und bessere Rahmenbedingungen zu geben.“ Dazu sollen die Kinder, die zu dieser Zeit eigentlich in der Kita betreut werden und zum Landtag zur Demonstration gekarrt werden, „lautstark für das Betreuungsgeld trommeln“ und "spielerisch" ihre Forderung darstellen.
Als Redner sind Martin Matz, Vorstandsmitglied im Diakonischen Werk und Vorsitzender der Wohlfahrtsliga, und Anne Böttcher, Landesgeschäftsführerin der AWO Brandenburg, angekündigt. Pikant daran: Gerade Böttcher müsste es genau wissen, privat, als Lebenspartnerin von Bildungsminister Günter Baaske (SPD). Auch aus dessen Umfeld wird gestreut, Görke halte sich nicht an den Landtagsbeschluss. Das Betreuungsgeld sei nicht im Haushalt für bessere Kitabetreuung verbucht. Eine Anfrage dazu blieb am Montag unbeantwortet.
Finanzminister Görke: Geld ist für bessere Betreuung geplant
Das Finanzministerium, das seit Tagen mit Protestpostkarten der Demo-Initiatoren überschüttet wird, aber widersprach auf PNN-Anfrage entschieden und verwies auf den vom Kabinett, also auch von Baaske, am 19. Juli verabschiedeten Haushaltsentwurf. Görkes Sprecher sagte: „Der Finanzminister hat dafür gesorgt, dass nicht nur die Mittel aus dem Betreuungsgeld, sondern darüber hinaus weitere Landesmittel im Entwurf des Doppelhaushaltes 2017/2018 für die Verbesserung der Kita-Betreuung eingeplant sind.“ Damit solle der Betreungsschlüssel im Krippenbereich auf 1:5 – also ein Erzieher, fünf Kinder im Alter von bis zu drei Jahren – angehoben werden. Bei den Drei- bis Sechsjährigen soll er auf 1:11 steigen. Insgesamt seien 2016 und im kommenden Doppel-Etat 317 Millionen Euro mehr eingeplant worden, als noch in 2015 vorgesehen waren. Darin seien die Bundesmittel für Betreuungsgeld enthalten.
In Sachen Kita-Politik sind die Sozialdemokraten gerade nicht gut zu sprechen auf die Linken. Denn die verbuchen es als ihren Erfolg, dass die SPD sich bewegt, ein beitragsfreies Kita-Jahr nicht mehr ablehnt und an der mittel- bis langfristigen Einführung der Gratis-Kita arbeitet – also nicht vor 2018. Die Linken wollen das nun beschleunigen.
SPD will das Geld noch einmal ausgeben
Auch sonst scheint in der Koalition die Kommunikation nicht rund zu laufen. Als SPD-Fraktionschef Mike Bischoff vor einer Woche sein 50-Millionen-Euro-Paket für die Kitas verkündete, sprach er auch das Betreuungsgeld an. Er deutete an, dass auch damit die Pläne finanziert werden könnten. Im Finanzministerium rieb man sich verwundert die Augen. Das Geld sei doch für den besseren Betreuungsschlüssel schon verplant - und man könne es doch nur einmal ausgeben. Am heutigen können sich die Sozialdemokraten das von Finanzminister Görke vorrechnen lassen: Er ist zu Gast in der SPD-Fraktion und erklärt den Abgeordneten den Haushaltsentwurf des Kabinetts.
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