Von Thorsten Metzner: Rotation auf dem Personalkarussell
Rückkehrer, Neueinsteiger und Umbesetzungen: Brandenburgs Parteien bereiten sich auf das Superwahljahr vor – besonders die SPD
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Potsdam - Vor den Landtags- und Bundestagswahlen im Herbst 2009 dreht sich bei den von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführten Sozialdemokraten in Brandenburg das Personalkarussell: Die SPD, das ist nach den bisherigen Nominierungen der Kandidaten erkennbar, will die künftige SPD-Landtagsfraktion stärken, die bisher auch mangels profilierter Köpfe im Windschatten der Regierung steht und kaum eigene politische Akzente setzt. Wohl auch deshalb werden zwei politische Schwergewichte erstmals für den Landtag kandidieren: Es sind Generalsekretär Klaus Ness, Platzecks wichtigster Stratege, der in Königs Wusterhausen antritt, sowie der bisherige SPD-Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt, der vor seinem Wechsel nach Berlin einige Jahre Bildungsstaatssekretär in Brandenburg war.
Der 52-jährige Gorholt war von Platzeck in dessen kurzer Amtszeit als SPD-Bundesvorsitzender (November 2005 bis April 2006) als Manager der Krisengeschüttelten und an Mitgliederschwund leidenden Partei ins Willy-Brandt-Haus geholt worden. Als Platzeck-Nachfolger Kurt Beck jetzt von Franz Müntefering abgelöst wurde, hatte Gorholt seinen Posten räumen müssen. In SPD-Kreisen heißt es, Gorholt sei als „Generalist“ universell einsetzbar, ob in der Landtagsfraktion – etwa als parlamentarischer Geschäftsführer oder auch als Chef der Staatskanzlei oder als Minister in der Regierung. Dass er trotz anderer Chancen in die Niederungen der Landespolitik zurückkehrt, ist für Gorholt kein Widerspruch. „Man kann konkreter, problemnäher arbeiten. Es ist eine Herausforderung, sich den Bürgern direkt zu stellen“, sagte er den PNN. Gorholt will im Havelland antreten – gegen CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski und Christian Görke, den parlamentarischen Geschäftsführer der Landtagsfraktion der Linken.
Erstmals für den Landtag werden auch der als starker Mann hinter Platzeck geltende SPD-Finanzminister Rainer Speer (Havelland) und Bildungsminister Holger Rupprecht (Prignitz) kandidieren.
Wie die Führung der künftigen Fraktion aussehen wird, gilt auch vor dem Hintergrund dieser Personalien als offen: Es ist nicht ausgeschlossen, dass Platzeck den bisherigen Fraktionschef Günter Baaske bei der Regierungsbildung 2009 wieder ins Kabinett holt, wo Baaske als problem- und bürgernaher Sozialminister (bis 2004) nach Einschätzung von Genossen eine bessere Figur machte als auf seinem jetzigen Posten. Als kommende Frau in der märkischen SPD, in der weibliche Führungskräfte rar sind oder in den letzten Jahren verschlissen wurden, gilt vor allem die Vize-Fraktionsvorsitzende und Potsdamer Abgeordnete Klara Geywitz, die wieder antritt und mit einem prominenten Listenplatz rechnen kann: Die bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion war jüngst auf Vorschlag Platzecks zur Vize-Landesvorsitzenden gewählt worden.
Auch bei den Linken gibt es Bewegung. Landeschef Thomas Nord hat eine „Kompetenzliste“ von linken Abgeordneten erstellen lassen, die die auf Rot-Rot hoffende Daueropposition seit 1990 gern auch in der neuen Fraktion sehen würde. Die Liste, eine „Empfehlung“ an die Kreisverbände für die Aufstellung der Direktkandidaten, sorgt zur Zeit bei den nicht genannten Mitgliedern der Landtagsfraktion allerdings für Verstimmungen: Gesetzt und gewünscht sind danach neben der Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser unter anderem etwa der parlamentarische Geschäftsführer Christian Görke (Arbeit), Gerrit Große (Bildung), Ralf Christophers (Wirtschaft), Kornelia Wehlan (Ökologie), Hans-Jürgen Scharfenberg (Innen), Anita Tack (Infrastruktur, Verkehr).
Nicht dabei sind etwa der Energiepolitiker Wolfgang Thiel, obwohl die Partei gerade das Volksbegehren für den Kohleausstieg betreibt oder der junge Hochschulexperte Peer Jürgens. Inwieweit sich die Kreisverbände an die Direktive der Nord-Spitze halten, ist freilich ohnehin offen. Aufschlussreich ist eine andere Personalie. Stefan Ludwig, Bürgermeister in Königs Wusterhausen, will 2009 für den Landtag kandidieren, wo er bereits einige Jahre Abgeordneter war. Anders als der bei der SPD als „rotes Tuch“ und Hardliner geltende Innenpolitiker Hans-Jürgen Scharfenberg käme Ludwig als Innenminister eines möglichen rot-roten Regierungsbündnisses infrage.
Für die am gleichen Tag stattfindende Bundestagswahl steht zumindest das SPD-Personal weitgehend fest. Zugpferd wird Außenminister und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, der auch Spitzenkandidat der Landespartei wird. Der bisherige Brandenburger SPD-Landesgruppenschef Peter Danckert, als Chef des Sportausschusses ein Schwergewicht in Berlin, tritt ebenso wieder an wie der frühere Bildungsminister Steffen Reiche. Neu in den Ring gehen die bisherige Sozialministerin Dagmar Ziegler und der ursprünglich aus Indien stammende Arzt und Landtagsabgeordnete Ravindra Gujulla. In der Lausitz steht noch eine Kampfkandidatur bevor: Der Bundestagsabgeordnete Stephan Hilsberg hat mit Thomas Zenker, dem erfolgreichen Bürgermeister von Großräschen, einen kommunal starken Herausforderer. Das Ziel, das hinter all den Personalien steht, hat Platzeck bereits vor geraumer Zeit formuliert: Die Sozialdemokraten wollen 2009 bei der Landtagswahl wie bei der Bundestagswahl ihren Rang „als stärkste Partei“ verteidigen. Das sind sie dort in Brandenburg seit 18 Jahren.
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