Leere Wohnungen: Saniert, aber überflüssig
Wohnungsunternehmen im Land beklagen wieder mehr Leerstand. Für mehr Abriss fehlt das Geld
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Potsdam - In der ehemaligen Braunkohle-Hochburg Lauchhammer steht mehr als jede vierte Wohnung leer. Und das obwohl in der Vergangenheit dort bereits 554 verwaiste Wohnungen abgerissen worden sind. Im vergangenen Jahr lag die Leerstandsquote in der Lausitzstadt nach Angaben des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) mit 25,7 Prozent immerhin noch um 0,2 Prozent niedriger. Inzwischen aber wurden weitere zehn Wohnungen verlassen, ohne dass sich Nachmieter hätten finden lassen. Aber auch in anderen weit von Berlin entfernten Regionen hat der Leerstand wieder zugenommen. Sollte der Bund sich weiter weigern, den Stadtumbau Ost und damit den Abriss unbewohnter Häuser wie früher zu fördern, könnte der Leerstand dramatisch zunehmen, warnt der BBU. Die Zahl der leerstehenden Wohnungen würde sich von derzeit 70 000 auf mehr als 100 000 im Jahr 2020 erhöhen. Die Leerstandsquote Lauchhammer läge dann bei 33,9 Prozent.
Der Bundesregierung wirft der BBU Zeitspiel vor. Mit Hilfe des Bund-Länder-Programms Stadtumbau Ost konnte Brandenburg wie die anderen neuen Bundesländer auch in den Jahren nach der Wende den zunehmenden Leerstand, der vor allem durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR und die Perspektivlosigkeit in vielen Regionen im Osten hervorgerufen worden war, erfolgreich bekämpfen. Nach Angaben des brandenburgischen Infrastrukturministeriums wurden allein zwischen 2002 und 2012 landesweit 58 000 Wohnungen abgerissen oder zurückgebaut, wie es offiziell etwas weniger martialisch heißt. Zuletzt wurde das Programm 2009 verlängert, 2016 läuft es aus. Während die vorhergehende Bundesregierung das Programm sogar infrage gestellt hatte, versucht die aktuelle schwarz-rote Regierung nach Meinung des BBU, das Problem auszusitzen. Dabei hatten CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag eigentlich angekündigt, die Städtebauförderung aufstocken zu wollen. „Ein Gutachten nach dem anderen wird vorgelegt, mit dem das Problem kleingeredet werden soll“, ist BBU-Vorstand Maren Kern sichtlich genervt. Dabei stehe der Bund aus ihrer Sicht klar in der Verantwortung, habe sich „zuletzt aber einfach tot gestellt.“
Heute wird die Zunahme beim Leerstand nach Verbandsangaben weniger durch die Landflucht als vielmehr durch die demografische Entwicklung getragen: Die Alten sterben und zu wenig Kinder werden geboren. Allein um den Status quo in Brandenburg in den kommenden Jahren zu erhalten, müssen weitere 43 000 Wohnungen im sogenannten weiteren Metropolenraum abgerissen werden. Ohne staatliche Hilfe sei dies aber kaum noch möglich, so Kern. „Ein Großteil der leerstehenden Wohnungen ist mit Krediten belastet, weil sie zum Teil erst vor Jahren saniert wurden. Die Verbindlichkeiten auf andere Gebäude umzuschichten ist kaum noch möglich, weil die meisten Objekte bereits bis unters Dach belastet sind“, erläutert der BBU-Vorstand. Dafür sei Lauchhammer ein mahnendes Beispiel. Dort könnten vorerst keine Wohnungen mehr abgerissen werden. Gut 10 000 Einwohner hat die Stadt seit 1989 verloren. Gerade bei der Werbung um Investitionen sei „eine signifikante Zahl leerstehender Wohnungen im Stadtbild kein gutes Aushängeschild“, heißt es beim BBU.
Die Mietausfälle ihrer Verbandsmitglieder durch den Leerstand seit dem Jahr 2000 beziffert Kern mit gut 1,7 Milliarden Euro. Hinzu kämen rund 40 000 Euro, die jedes Jahr durch die Sicherung der leerstehenden Wohnungen sowie durch die Tilgung der darauf lastenden Kredite entstünden, so der Verbandsvorstand. Stärker als bisher in die Pflicht nehmen will der BBU die Landesregierungen, also auch Rot-rot in Brandenburg. „Erstens müssen sich die Länder dafür stark machen, dass die von der Bundesregierung noch für dieses Jahr zugesagte Erhöhung der Städtebauförderung jetzt auch endlich kommt. Und zweitens brauchen wir eine Lösung für den Umgang mit kreditbelasteten Wohnungen, die im Interesse des Allgemeinheit abgerissen werden müssen“, fordert Kern.
Einen Vorschlag legt der Verband gleich auf den Tisch: Zusätzlich zur 2016 auslaufenden Abrissförderung von 70 Euro pro Quadratmeter soll der Bund künftig noch eine Investitionsförderung von 50 Euro je Quadratmeter zahlen. Für Brandenburg bedeute dies zusätzliche Kosten in Höhe von rund 25 Millionen Euro pro Jahr, so der BBU. Falls das Land den Bund nicht davon überzeugen könne, müsse es eben selbst in die Pflicht treten.
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