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Scheidung von Berlin: Brandenburg steigt aus gemeinsamen Bildungsinstitut aus
Berlin und Brandenburg beerdigen die gemeinsame Bildungsregion, länderübergreifende Institutionen werden getrennt. Erst das LISUM, nun das Institut für Schulqualität.
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Scheidung in der Hauptstadtregion. Berlin und Brandenburg gehen in der Bildungspolitik getrennte Wege, jeder macht seins: Brandenburg steigt jetzt aus dem gemeinsamen Institut für Schulqualität (ISQ) der Länder Berlin und Brandenburg aus. Das An-Institut der Freien Universität entwickelt bisher etwa diagnostische Tests und Vergleichsarbeiten (wie Vera) und andere wissenschaftlich fundierte Checks zur Qualität der Schulen in der Hauptstadtregion.
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) teilte am Donnerstag mit, dass Brandenburg aus dem ISQ austreten und das Verwaltungsabkommen mit Berlin zum 31. Dezember 2024 kündigen wird. Er hat dafür das grüne Licht des Kenia-Kabinetts aus SPD, CDU und Grünen unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der erst jüngst beim Treffen gemeinsam mit Berlins Regierenden Kai Wegner (CDU) die enge Zusammenarbeit beider Regierungen beschworen hatte. Bei den Bildungssystemen, die beide zu den schlechtesten in Deutschland gehören, ist damit Schluss. Berlin bedauert die Entscheidung Brandenburgs.
Berlin reichte zuerst Scheidung ein
Allerdings war es das Land Berlin, das zuerst die Scheidung einreichte. Berlin hatte 2022 noch unter dem alten Senat zum 1. Januar 2025 den Rückzug aus dem einst fusionierten Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) mit Sitz in Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) angekündigt, was Brandenburg bedauerte. Das LISUM als Zwei-Länder-Anstalt entwickelt seit der Gründung 2007 die Lehrpläne in beiden Bundesländern, erarbeitet Prüfungsaufgaben, ist für die Fortbildung der Lehrer zuständig und betreibt den bisher noch gemeinsamen Bildungsserver Berlin-Brandenburg.
Vom einstigen Ansatz der Angleichung beider Schulsysteme hatten sich beide Länder schon vor einigen Jahren verabschiedet. So sind die Aufgaben für das Zentralabitur schon lange unterschiedlich - beide unter dem Dach des LISUM entwickelt, separat für Berlin und Brandenburg.
Den Ausstieg aus dem Institut für Schulqualität (ISQ) begründet Freiberg mit der nach dem LISUM-Ausstieg Berlins nötigen und möglichen Neuausrichtung eines eigenen Landesinstituts für Schule und Medien allein für die Mark. Dort soll alles gebündelt werden, um die Qualität der brandenburgischen Schulen zu sichern und zu verbessern, von der Fortbildung der Lehrer, die Qualifizierung von Seiteneinsteigern, die Entwicklung der Lehrpläne bis zur Sicherung der Qualitätsstandards, also auch das System von Tests und Vergleichsarbeiten. Ziel sei es, „wissenschaftliche Erkenntnisse für unmittelbar praktisches Handlungswissen für Lehrkräfte zu erschließen“, so Freiberg. Und zwar schneller als bisher. „Wir wollen eine One-Stop-Agency aufbauen.“ Er versicherte, dass die bisherigen Vera-Vergleichsarbeiten weitergeführt werden.
Hintergrund ist auch, dass Brandenburgs Schulsystem ein massives Qualitätsproblem hat: Im letzten bundesweiten IQB-Vergleich hatten sich die Leistungen der Viertklässler 2022 im Vergleich zu 2017 in Mathematik und Deutsch deutlich verschlechtert, gehörte Brandenburg (wie Berlin) zu den deutschlandweiten Schlusslichtern.
Für den Brandenburg-First-Kurs hat Freiberg die grundsätzliche Rückendeckung der einflussreichen Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Es ist richtig, sich ganz auf brandenburgische Probleme zu konzentrieren“, sagt Landeschef Günther Fuchs. Allerdings hält die GEW Prämissen beim Aufbau einer eigenständigen Infrastruktur für unabdingbar, etwa eine ausreichende Personalausstattung. „Für das neue erweiterte LISUM darf kein Personal aus den Schulen abgezogen werden“, sagte Fuchs. Im Zuge der inhaltlichen und organisatorischen Neuaufstellung sei auch eine Entschlackung der Lehrpläne, eine Konzentration auf Kernkompetenzen oder auch eine Reduzierung der zu häufigen Tests nötig, „alles weniger abgehoben, mehr schulbezogen.“
Wie Brandenburg baut auch Berlin ein eigenes Landesinstitut auf, wie es 2020 eine Kommission empfohlen hatte. Vor diesem Hintergrund kam der ISQ-Rückzug die von Senatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) geführte Bildungsverwaltung nicht überraschend. „Dennoch bedauern wir die Kündigung des Landes Brandenburgs“, sagte Sprecherin Susanne Gonswa. „Wir danken für die gute Zusammenarbeit und blicken zugleich optimistisch in die Zukunft.“
Das Institut für Schulqualität Berlin-Brandenburg genieße bei den Berliner Schulen eine hohe Akzeptanz. Es biete „auf hohem Niveau“ eine Vielzahl von forschungsbasierten Serviceleistungen zur Unterstützung einer systematischen Unterrichts- und Schulentwicklung für beide Länder an. Im Zuge des Aufbaus des neuen Berliner Landesinstituts werde der Auftrag des ISQ weiterentwickelt. Künftig ohne Brandenburg.
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