Brandenburg: Schiffchen, wechsle dich
Chef-Pirat Bruno Kramm verlässt die Partei – und läuft bei den Brandenburger Grünen ein
Stand:
Berlin/Potsdam - Die Erosion der Piratenpartei in Berlin schreitet fort: Am Donnerstagmorgen teilte der Landesverband den Rücktritt des Landesvorsitzenden Bruno Kramm mit und veröffentlichte ein Statement von ihm – ergänzt um einen Dank an ihn für seinen Einsatz im Wahlkampf. Am Freitag will Kramm in der Potsdamer Landesgeschäftsstelle der Brandenburger Grünen vor die Presse treten – und offenbar seinen Eintritt in die Partei bekannt geben, in der er schon von 2009 bis 2012 aktiv war. Zeitweise war er also Doppelmitglied bei Piraten und Grünen. Er habe seinen Wohnsitz gleich nach der Wahl nach Werder (Havel) verlegt, wo er ein Haus mit Tonstudio habe, sagte der 48-Jährige dieser Zeitung. „Ich habe den Rücktritt vorher lange durchdacht. Es macht auch Sinn, das gerade im Zuge der Causa Claus-Brunner zu tun.“ Kramm hatte zunächst ein Gedenken für Gerwald Claus-Brunner organisiert. Wenig später stellte sich heraus, dass der vor seinem Freitod einen anderen Mann umgebracht hat (siehe nebenstehenden Beitrag).
Kramms Statement zu seinem Rücktritt ist gemessen am sonst oft üblichen Umgangston in der Partei sehr nett. „Viele von euch sind mir als Freunde ans Herz gewachsen und haben mich immer wieder inspiriert“, schreibt Kramm. Doch „das desaströse Wahlergebnis hat gezeigt, dass die Piratenpartei in den Medien kaum mehr wahrgenommen wird und mit ihren vielen großartigen Vorstößen nur marginal in der politischen Debatte stattfindet“. Er sei überzeugt, dass „einige prominente Ex-Mitglieder“ die Partei bewusst geschädigt hätten.
Kramm hatte sich im Gespräch mit dieser Zeitung noch kurz vor der Wahl überzeugt gezeigt, das nach den Umfragewerten absehbare Desaster abwenden zu können und den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus zu schaffen. Doch davon ist die vor fünf Jahren fulminant mit 8,9 Prozent gestartete Partei mit 1,7 Prozent weit entfernt. Nur in zwei Bezirksverordnetenversammlungen konnte sie je zwei Mandate retten. Auf Bezirksebene gilt eine Drei-Prozent-Hürde.
„Nach einem kräftezehrenden, verlorenen Wahlkampf und einer unerwarteten Trauerphase über eine menschliche Tragödie am Rande der Partei ist nun die Zeit gekommen, auf das Erreichte zurückzublicken und auch einen Blick auf den eigenen Horizont zu wagen“, schreibt Kramm weiter. „Ohne jeden Groll oder Enttäuschung stelle ich fest, dass für mich die Zeit gekommen ist, neue Wege in meiner politischen Arbeit zu gehen. Ich danke euch allen aus tiefstem Herzen für euer Vertrauen und lege mein Amt in die kommissarischen Hände meines Stellvertreters und Freundes Simon Kowalewski.“ Kowalewski gehört der 15-köpfigen Fraktion an, mit der die Piraten vor fünf Jahren ins Abgeordnetenhaus eingezogen waren. Stefan Jacobs
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: