Schädlinge in Brandenburgs Wäldern: Schlachtfeld Baum: Fressen und Bohren
Etwa ein knappes Dutzend Falterraupen und Käferlarven machen den Bäumen in Brandenburgs Wäldern in regelmäßigen Abständen zu schaffen. Während die Borkenkäfer derzeit unter den vergangenen feuchten Sommern leiden, geht es Nachtfaltern wie dem Eichenprozessionsspinner oder der Nonne prächtig
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Eberswalde - Sie sind klein und haben faszinierende Namen, doch treten sie in Massen auf, können sie ganze Wälder entlauben oder sogar einzelne Bäume zu Fall bringen. Durch seine massenhafte Ausbreitung hat es in den vergangenen Jahren vor allem der Eichenprozessionsspinner in Brandenburg zu einer zweifelhaften Berümtheit gebracht. Rund 7000 Hektar von landesweit insgesamt 57 000 Hektar Eichenwald gelten derzeit als befallen. Doch der Nachtfalter, dessen Raupen auch wegen ihrer Allergien auslösenden Brennhaare gefürchtet sind, ist bei Weitem nicht der einzige Forstschädling. Angaben des brandenburgischen Landeskomeptenzzentrums Forst Eberswalde (LFE) zufolge gibt es im Land ein knappes Dutzend Schmetterlingsraupenarten und Käferlarven, die bei einer Massenvermehrung flächige Waldverluste oder aber zumindest schwere lokale Schäden verursachen können.
Nonne
Wie der Eichenprozessionsspinner ist auch die Nonne (Lymantria monacha) ein Nachtfalter. Sie legt ihre Eier am liebsten in Rindenritzen von Fichten- und Kiefernbäumen ab. Nach dem Schlüpfen ziehen die Raupen zwischen Ende April und Juni in die Kronen der Bäume zum Fressen. Dabei soll eine Raupe bis zu 200 Kiefernnadeln oder 1000 Fichtennadeln verzehren. Durch den Befall werden die Bäume derart geschwächt, dass sie auch für andere Schädlinge wie Käfer oder Pilze anfällig sind. Den LFE-Experten zugfolge unterliegt die Population einem Zehnjahresrhythmus. Dabei begünstigt ein früher trockener und warmer Frühlingsstart die Ausbreitung. Für dieses Jahr rechnet Katrin Möller, Spezialisten am LFE für blatt- und nadelfressende Insekten, wieder mit erheblichen Fraßschäden bis zum Kahlfraß. „Betroffen sein wird eine Fläche von insgesamt 10 000 Hektar, vor allem in der Lausitz und im Fläming“, meint Möller. Geplant sei, befallene Bestände aus der Luft mit dem Insektengift Dimilin, einem Häutungshemmer, zu besprühen und besonders stark geschädigte Bäume vom Boden aus mit dem Kontaktgift Karate zu behandeln.
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Eichenprozessionsspinner
Allein im vergangenen Jahr waren etwa im Schlosspark Sanssouci 70 Prozent aller Eichen befallen. Die Eichen entlang der Bundesstraße 96 im Norden des Landes waren nahezu kahl gefressen. Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) breitet sich allerdings schon seit geraumer Zeit in Brandenburg aus. Laut Möller gelten derzeit etwa 3000 Hektar Eichenwald in Brandenburg als besonders stark geschädigt. Derzeit streiten die brandenburgische Landesregierung und der Bund über die richtige Bekämpungsmethode.
Kiefernspinner
Katrin Möller hält die Raupen des Kiefernspinners (Dendrolimus pini) für noch problematischer als die der Nonne. „Die Raupen des Kiefernspinners sind deutlich größer. Da können Sie richtig zugucken beim Fressen.“ Da sie bevorzugt auch Knospen fresse, habe der Baum parktisch keine Chance mehr sich zu regenerieren. Allerdings seien die ebenfalls wärmeliebenden Kiefernspinner-Raupen stärker anfällig für Witterungsschwankungen, da sie im Boden überwintern. Weil die Population ebenfalls zunehme, werde der Kiefernspinner auch in diesem Jahr bekämpft. „Zum Teil sind dieselben Flächen betroffen wie bei der Nonne“, sagt LFE-Expertin Möller.
Kiefernspanner
Der Kiefernspanner (Bupalus piniaria) ist auch ein Nachtfalter und kommt in ganz Europa von der Iberischen Halbinsel und den Britischen Inseln im Westen bis nach Sibirien vor. Im Süden reicht das Verbreitungsgebiet sogar bis nach Nordafrika, im Norden bis an den Polarkreis. In Brandenburg kommt er laut Möller vor allem nördlich von Berlin bis zur Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern vor. Momentan aber spiele die Raupe, die beim Fressen ausschließlich auf Kiefern spezialisiert ist, als Schädling kaum eine Rolle. „Da ist es zum Glück ruhig“, meint die Schädlings-Fachfrau.
Kieferneule
Das gilt auch für „Panolis flammea“, die Forl- oder Kieferneule, ein weiterer Nachtfalter. „Eher ein Klimawandelverlierer“, meint Katrin Möller. Seit den 1960er Jahren werden Massenvermehrungen immer seltener registriert, so die LFE-Expertin. „Ist es zu heiß und trocken, vertrocknen die Falter regelrecht, bevor sie sich paaren und Eier ablegen können.“ In der Vergangenheit spielte die Kieferneule als Schädling laut Möller vor allem im mittleren und östlichen Brandenburg eine Rolle. Die Raupen fressen fast ausschließlich an den Nadeln der Waldkiefer, nur bei Massenvermehrungen findet man sie auch an Fichten und Weißtannen.
Schwammspinner
Eher unauffällig ist derzeit laut Möller auch der Schwammspinner (Lymantria dispar). „Damit haben vor allem die Kollegen in Bayern Probleme“, berichtet die Expertin. In Brandenburg gelte die Nachtfalter-Raupe eher als „Mitglied der Eichenfraßgesellschaft“. „Da gibt es außer dem Eichenprozessionsspinner ja ein ganzes Potpourri an Schädlingen.“ Da die Schwammspinner-Raupen wie die der Nonne auch wärmeliebend seien und zudem auch noch als Allesfresser gelten, könnte sich die Population auch bald wieder ausbreiten, sagt Mölller. Sie regional einzuorden sei schwer, weil die Raupen notfalls auch Heidekraut verzehren und praktisch überall vorkommen könnten.
Lärchenborkenkäfer
Der Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae) legt seine Eier besonders gerne in am Boden liegende Äste und umgefallene Stämme der Lärchen ab – aber auch in geschwächte, noch stehende Bäume. Die in der Rinde geschlüpften Larven fressen je nach Entwicklungsstadium mehrarmige, 6 bis 18 Zentimeter lange Gänge in das Holz und verletzen dabei das Versorgungssystem der Bäume. „In Brandenburg haben wir derzeit relativ wenig Schäden durch den Lärchenborkenkäfer. Nicht zuletzt, weil Lärchen im Land relativ wenig angebaut werden“, berichtet Kati Hielscher, LFE-Expertin für stamm- und rindenbrütende Insekten. Zurückzuführen sei dies vermutlich aber auch auf die Aufklärungsarbeit der vergangenen Jahre. Denn gegen Borkenkäfer helfe nur eine sogenannte saubere Waldwirtschaft. „Wenn Holz geschlagen wird, werden oft Holzreste liegen gelassen und das sind ideale Brutstätten“, meint Hilscher. Ist es im Sommer dann noch besonders heiß und trocken, könnten auch gesunde Bäume befallen werden, weil sie aufgrund der Trockenheit gestresst und damit besonders anfällig seien. „Entsprechend hatten wir im Sommer 2006 vor allem im Nordosten Brandenburgs stärkere Schäden durch den Lärchenborkenkäfer zu verzeichnen“, so Hilscher.
Buchdrucker
Auch der Buchdrucker (Ips typographus) ist ein Borkenkäfer. Er hat es aber vor allem auf Fichten abgesehen. Stärkere Schäden verursachte der Buchdrucker in Brandenburg laut Hilscher zuletzt im ebenfalls heißen Sommer 2003. „Besonders rund um Cottbus.“ Im Vergleich zu Mittelgebirgsregionen wie Sachsen und Thüringen gebe es in Brandenburg jedoch relativ wenige Fichtenbestände, meint die LFE-Expertin. Doch sowohl der Lärchenborkenkäfer als auch der Buchdrucker seien besonders gefährliche Schädlinge, weil sie im Gegensatz zu anderen Borkenkäfern auch nur wenig geschwächte Bäume befallen und über bestimmte Botenstoffe weitere Exemplare ihrer Art zu dem befallenen Baum locken könnten, erläutert die Expertin.
Blauer Kiefernprachtkäfer
Wie dem Lärchenborkenkäfer und dem Buchdrucker haben auch dem Blauen Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea) die eher regnerischen Sommer der vergangenen Jahre nicht gutgetan. „Für Käfer ist das schlecht“, meint Kati Hielscher. Fühlt sich der Kiefernprachtkäfer dagegen wohl, können die Folgen gravierend sein. So groß sind die Gänge, die seine Larven fressen, dass die Rinde teilweise einfach abfällt und der Baum schutzlos ist. „Sowohl 2003 als auch 2006 hatten wir umfangreiche Schäden im Süden Brandenburgs“, sagt Hilscher.
Zweifleckiger Eichenprachtkäfer
Zwar liebt auch der Zweifleckige Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) eher trockene Sommer, doch könnte ihm der sich seit Jahren verschlechternde Gesundheitszustand der Eichen laut Hilscher möglicherweise bald in die Karten spielen. „Doch bisher hat das Eichensterben nicht zu einem Anstieg der Population gehführt“, berichtet LFE-Expertin Hilscher. Zuletzt sei der Zweifleckige Eichenprachtkäfer mehrfach 2006 im Nordosten des Landes aufgetreten.
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