Brandenburg: Schlank, schlicht und mit silbernem Mantel
Bewährt in den Tropen und am Südpol: Die Thermosflasche wird 100 Jahre alt / Ausstellung im Museumsdorf Glashütte
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Bewährt in den Tropen und am Südpol: Die Thermosflasche wird 100 Jahre alt / Ausstellung im Museumsdorf Glashütte Von Kathrin Klinkusch Glashütte. Eine schlanke, schlichte Kanne mit silbernem Mantel – so stilvoll und zeitlos sah die erste Thermosflasche aus. Vor 100 Jahren ersann der im südbrandenburgischen Glashütte (Teltow-Fläming) geborene Reinhold Burger (1866-1954) die von Ausflüglern und Arbeitern bis heute geschätzte Begleiterin. „Die Erfindung der Thermoskanne war reiner Zufall im Zeitalter einer fortschreitenden Technik“, sagt Georg Goes, Leiter des Museumsdorfs Glashütte. Dort beginnt am 3. Oktober eine Jubiläumsausstellung zur Kulturgeschichte des unentbehrlichen Utensils. Der gelernte Glasinstrumentenbauer Burger fertigte für die um die Jahrhundertwende rasch wachsende Kälteindustrie Isoliergefäße. „Er kam auf die Idee, die von ihm geblasenen doppelwandigen Glasbehälter mit heißem Wasser auf ihre Festigkeit zu prüfen“, erzählt Goes. Das Wasser im Inneren blieb warm - die Idee der Thermoskanne war geboren. Um die Erfindung alltagstauglich zu machen, stabilisierte der findige Tüftler den Hohlraum zwischen den beiden Glaswänden mit Draht und Asbestplättchen. 1903 meldete Burger dann in Berlin das Patent für ein „Gefäß mit doppelten, einen luftleeren Hohlraum einschließenden Wandungen“ an. Bereits drei Jahre später nahm die von ihm gegründete Berliner Thermos-Gesellschaft die Serienproduktion auf. Auch das bekannte Warenzeichen „Thermos“ (griechisch: Wärme) prägte Erfinder Burger selbst. An 26 Stationen der Ausstellung erfährt der Besucher viel über die technischen Hintergründe der Isolierflasche sowie den Arbeitsalltag Burgers. Mit 15 Jahren ging der Sohn eines Glasmachers nach Berlin, wo er das Handwerk des Apparate-Bläsers lernte. Mit einem Jugendfreund gründete er in der aufstrebenden Branche 1894 die Firma Burger & Co., die bis zu 40 Mitarbeiter beschäftigte. Burgers Arbeitsplatz ist originalgetreu nachgebaut: Ein Gasbrenner, um das Glas zu erhitzen, ein Schlauch mit Mundstück zum Blasen der Kleinteile und ein riesiger Blasebalg, um den Brenner mit Luft zu versorgen. Der Burgerschen Silberkanne folgten Millionen Modelle. Von der Flasche mit geriffelter Oberfläche aus den 30er Jahren über die mit einem Korbmantel der 50er bis hin zur modernen Kunststoffkanne. In den 70er Jahren bestimmte sowohl in Ost- wie in Westdeutschland orangefarbener Kunststoff mit schrillen Bordüren- und Blumenmustern den Geschmack. Originell ist die englische Isolierflasche aus den 60er Jahren mit doppeltem Boden: Darin ist Platz für ein kleines Milchfläschchen. Die Vorteile der Kalt- und Warmhalteflaschen schätzten zunächst bürgerliche und adlige Schichten bei der Jagd, auf Auto- und Ballonfahrten sowie auf jeglichen Reisen. Der Erfinder hatte inzwischen schon wieder andere Projekte im Kopf, wie zum Beispiel die Entwicklung einer Röntgenröhre. Darum verkaufte Burger sein Patent bereits 1907 für 500.000 Reichsmark an die Thermosaktiengesellschaft. Was damals eine stolze Summe war, erscheint heute wenig angesichts des späteren Erfolgs der Kanne. „Burger war ein patenter Glasbläser, aber kein Kaufmann“, merkt Experte Goes an. Sonst hätte er geahnt, dass seine Erfindung millionenfach verkauft werden würde. Denn schnell wurde das Kulturgut auch beim Volk beliebt: im Haushalt, um Milch zu kühlen, im Büro und in der Fabrik. Eine Werbe-Anzeige von 1911 preist die Isolierflasche als „besonders geeignet für die Verwendung in den Tropen“; eine andere zeigt die Flasche in der Hand eines Forschers am Südpol. Die frühen Verpackungen plakatierten die herausragenden Eigenschaften des neuen Produkts: Schwarzafrikanerin und Teufel standen für Hitze, Eskimo für Kälte. „Das Prinzip der Thermosflasche ist heute das gleiche wie vor hundert Jahren“, erinnert Museumsdorf-Leiter Goes. Allerdings sei die Asbest-Abstützung der Doppelwände längst überflüssig - sie werden inzwischen maschinell gefertigt. Das Markenzeichen „Thermos“ gehört heute übrigens einem japanischen Unternehmen. Der deutsche Hersteller muss mit dem Begriff „Isolierflasche“ werben. Weiteres im Internet: www.museumsdorf-glashuette.de
Kathrin Klinkusch
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