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Brandenburg: Schönbohm sieht keine Schuld bei Ermyas M.

Innenminister bemüht sich nach harscher Kritik um Deeskalation und ist irritiert über SPD / Weitere Kritik

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Potsdam - Der in die Kritik geratene Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bemüht sich um Deeskalation nach allen Seiten. Gegenüber Generalbundesanwalt Kay Nehm, dem SPD-Koalitionspartner, aber auch Opfern des NS-Konzentrationslagers Sachsenhausen schlug er gestern versöhnliche Töne an. Er habe am Morgen mit Nehm telefoniert, die Sache sei erledigt, so Schönbohm. Man sei sich einig: Es sei jetzt das Wichtigste, dass der Fall um den schwer verletzten Deutsch-Afrikaner Ermyas M. „zügig aufgeklärt wird und das Opfer wieder gesund wird“. Forderungen von CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek an Nehm, den Fall an Brandenburg abzugeben, teile er nicht.

Schönbohm hatte in den letzten Tagen die Übernahme der Ermittlungen durch Nehm als überzogen kritisiert. Dies, und ein umstrittener Auftritt vor Überlebenden des Konzentrationslagers Sachsenhausen, hatte in der SPD-Landtagsfraktion zu erheblichem Unmut und vereinzelten Rücktrittsforderungen geführt. Der Jusos-Landesverband schloss sich gestern der harschen Kritik an. Nächste Woche soll der Koalitionsausschuss einberufen werden. Schönbohm wies darauf hin, dass er sich in Sachsenhausen differenziert geäußert habe – gleichwohl entschuldigte sich: „Wenn mir von Betroffenen gesagt wird, dass sie es anders empfunden haben, dann bedaure ich das“.

Trotz der Vorwürfe der SPD sieht Schönbohm keine Koalitionskrise in Brandenburg. Allerdings äußerte sich Schönbohm irritiert darüber, dass SPD-Fraktionschef Günter Baaske ihn öffentlich kritisiert hatte. Dieser habe mit ihm vorher weder zu seinen Nehm-Äußerungen, noch zu seinem Auftritt in Sachsenhausen gesprochen und auch seine dortige Rede nicht gelesen. Dieses Agieren stehe im Widerspruch zu Absprachen, in der Koalition erst miteinander zu reden. Im Koalitionsausschuss werde er das Thema „Umgangsformen“ zur Sprache bringen. Er rechne damit, dass mit der Rückkehr von Regierungs- und SPD-Landeschef Matthias Platzeck wieder „mehr Stabilität“ in der SPD einkehre. Es gehe nicht, so Schönbohm, dass ein Partner den anderen „oberlehrerhaft“ sage, was gehe und was nicht, dass etwa der CDU-Vorsitzende einfach attackiert werden könne. Dies berühre das „Selbstwertgefühl der CDU“.

Unterdessen wurde Schönbohm weiter kritisiert: Die kommunalen Ausländerbeauftragten des Landes Brandenburg warnten vor einer „Bagatellisierung der Tat.“ Das Tatmotiv Rassismus liege nahe. Der frühere Verfassungsgerichtspräsident Ernst Benda sagte, der Streit lenke von der Ernsthaftigkeit des Problems ab. Angelika Thiel-Vigh, Leiterin der Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“, kritisierte, dass viele Kommunalpolitiker das Problem Rechtsextremismus noch immer herunterspielten.

Schönbohm bemühte sich um Klarstellung und verwahrte sich gegen Spekulationen, dass Opfer Ermyas M. sei selbst an der Tat schuld. „Wer das glaubt, der irrt.“ Thorsten Metzner/ Henri Kramer

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