Soziale Schieflage: Schöneburg: Klagehilfen nicht kürzen
Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) befürchtet eine sozialpolitische Schieflage durch die geplante Änderung der Prozesskostenhilfe durch die schwarz-gelbe Bundesregierung.
- Matthias Matern
- Marion van der Kraats
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Potsdam -„Nach der neuen Regelung werden es sich viele Menschen nicht mehr leisten können, ihr Recht vor Gericht zu erstreiten“, sagte Schöneburg am Donnerstag. „Betroffen werden vor allem Menschen sein, die Unterstützung bitter nötig hätten“, so der Minister. Denn vor allem Geringverdienern und Sozialhilfeempfängern würde der Zugang zum Klageverfahren verwehrt. Weil die Ausgaben für Prozesskostenhilfe seit Jahren kontinuierlich steigen, will die Bundesregierung die Bedingungen verschärfen.
Die finanzielle Unterstützung wird gewährt, wenn Menschen Gerichtskosten nachweislich nicht bestreiten können und ihr Anliegen Aussicht auf juristischen Erfolg hat. Verbessern will die Bundesregierung die Kontrollmöglichkeiten gegen Missbrauch. Denn laut Schöneburg gebe es immer wieder Fälle, bei denen versucht werde, durch falsche Angaben zu wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozesskostenhilfe zu erschleichen. Auch werde es dem Gericht nicht immer mitgeteilt, wenn sich die eigenen Verhältnisse im Laufe eines Verfahrens verbesserten. Dabei sei dies Pflicht, sagte Brandenburgs Justizminister.
Während Schöneburg ein schärferes Vorgehen gegen Missbrauch begrüßt, sind die geplanten Änderungen bei den sogenannten Freibeträgen, die nach dem zur Verfügung stehenden Einkommen berechnet werden, seines Erachtens möglicherweise sogar verfassungsrechtlich bedenklich. Denn die beabsichtigte Absenkung dieser Freibeträge werde zur Folge haben, dass sich künftig weit mehr Menschen als bisher und in einem deutlich größeren Umfang an den Prozesskosten beteiligen müssen, erläuterte Schöneburg. Außerdem wolle Schwarz-Gelb, dass die für die Rückzahlung vorgesehenen Raten künftig über sechs statt nur über vier Jahre gestreckt werden können. „Betroffen wären vor allem Geringverdiener, die mit Hartz IV aufstocken“, erklärte Schöneburg. Gerade in diesem Bereich gebe es aber besonders viele Klagen, wie die starke Belastung der Sozialgerichte zeige. Diese Menschen würden es sich künftig genau überlegen müssen, ob sie das Risiko einer Klage eingehen wollten, meinte der Minister weiter. Ferner ziele der Entwurf darauf ab, dass weniger Menschen als bisher Anspruch auf kostenlose rechtliche Beratung bei einem Anwalt haben sollen. Auch Gewerkschaftsvertreter hatten sich Schöneburg zufolge bereits entsetzt über die geplanten Änderungen geäußert.
Bundesweit werden für die Prozesskostenhilfe jährlich etwa 500 Millionen Euro ausgegeben. In Brandenburg waren es laut Justizministerium 2011 rund 13,4 Millionen Euro – was etwa 3 Prozent des Justizhaushaltes entspricht. „Für 2012 gehen wir von einer vergleichbaren Summe aus“, sagte Schöneburg. Im Jahr 2005 seien es rund 10,3 Millionen Euro gewesen. Über Raten zurückgezahlt wurden in diesem Jahr bislang nur 1,6 Millionen Euro. M. v. d. Kraats, M. Matern
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