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Deutlich weniger Schüler: Schulen für ein entleertes Land

Trotz dünner Besiedlung und sinkender Einwohnerzahlen sollen Grundschulen in Brandenburg auch in Zukunft für Kinder gut erreichbar sein.

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Potsdam - Das Motto heißt: Kurze Beine, kurze Wege. Eine von Bildungsministerin Martina Münch (SPD) einberufene Demografie-Kommission nahm am gestrigen Freitag dazu die Arbeit auf, sie soll bis Ende nächsten Jahres Vorschläge erarbeiten, wie wohnortnahe Schulangebote aufrechterhalten und die Unterrichtsqualität gesichert werden können.

Eltern in ländlichen Regionen klagen schon jetzt über stundenlange Schulwege. Und die Lage wird noch schlimmer – Brandenburg erlebt ein demografisches Echo. Durch den Geburtenknick nach der Wende mussten bereits bis 2003 ganze 149 Grundschulen schließen, das waren 25 Prozent des damaligen Bestandes. Erst 2008 ebbte die Welle der Schulschließungen ab, die Zahl der Geburten und Schüler stabilisierte sich. Doch in wenigen Jahren erfasst Brandenburg eine zweite Welle. Dann macht sich der Geburtenknick nach der Wende bemerkbar: Die wenigen Kinder vor damals bekommen als Erwachsene noch weniger Kinder. Ab 2017 sinkt die Zahl der Grundschüler rapide. Bis 2030 halbiert sich die Zahl der Geburten landesweit von 19 000 im Jahr 2011 auf dann 9 900, in abgelegenen Regionen beträgt der Rückgang sogar bis zu zwei Drittel. Eigentlich ein Horrorszenario. Es geht um die Frage: Wie kann gerade in den Berlin-fernen Regionen Schule überhaupt noch funktionieren.

Münch sagte am Freitag, in der Kommission werde über die künftige Schülerbeförderung sowie schrumpfende Haushaltsmittel und Personalressourcen zu reden sein. Vorsitzende der 18-köpfigen Demografie-Kommisson ist die frühere schleswig-holsteinische Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). Dem Gremium gehören Vertreter der Landtagsfraktionen, kommunalen Spitzenverbände, der Gewerkschaften und Unternehmensverbände an. Erdsiek-Rave sagte: „Es wird keine schematischen Lösungen geben.“ Vielmehr müssten regionale Besonderheiten berücksichtigt werden. Die 65-Jährige plädierte dafür, über den Zaun zu sehen. So zeige Skandinavien, wie auch in dünn besiedelten Ländern Schulangebote gemacht werden könnten. Ebenso habe Südtirol hier einiges zu bieten.

Zum gerade begonnenen Schuljahr waren an sechs Grundschulen keine Eingangsklassen zustande gekommen; drei Grundschulen wurden Ende des letzten Schuljahres wegen zu niedriger Schülerzahlen aufgelöst. Landesweit gibt es rund 450 Grundschulstandorte in öffentlicher und 60 in privater Trägerschaft.

Die Bildungsexpertin der Grünen-Landtagsfraktion, Marie Luise von Halem, forderte, die freien Schulen gleichberechtigt an der Demografie-Kommission zu beteiligen. Für ein „gut erreichbares, vielfältiges und qualitativ anspruchsvolles Bildungsangebot“ würden alle Kräfte gebraucht. „Mir ist nicht verständlich, warum das Bildungsministerium die freien Schulträger bewusst nicht zur Demografie-Kommission eingeladen hat. Hier wird eine völlig unnötige Flanke aufgemacht“, sagte von Halem. Bildungsministerin Münch verteidigte ihr Vorgehen und stellte lediglich in Aussicht, dass Vertreter freier Schulen zu einer der acht bis zehn geplanten Sitzungen der Kommission dazugeladen werden.

Alexander Fröhlich (mit dpa)

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