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Visite im Unterricht. Die Brandenburger Schüler werden noch zu wenig individuell gefördert.

© Kitty Kleist-Heinrich

Brandenburg-Berlin: Schulen kennen jetzt ihre Schwächen

Bildungsbericht „Schulvisitationen“: Viel verbessert hat sich noch nicht in Brandenburg. Doch es gibt Bewegung in die richtige Richtung

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Potsdam - Brandenburger Schüler werden noch immer zu wenig individuell gefördert – trotzdem sind Lehrer, Eltern und Schüler zufrieden mit der Situation an den Schulen. Das ist das Ergebnis von fünf Jahren „Schulvisitationen“. Seit 2005 haben Experten die landesweit mehr als 700 Einrichtungen besucht und begutachtet – viel geschehen ist offenbar nicht. „Bei der Qualität des Unterrichts gibt es noch Schwächen“, sagte Bildungsministerin Martina Münch (SPD), die am Mittwoch den Abschlussbericht zur ersten Runde der Schulbesuche vorstellte.

Bereits in den Zwischenberichten 2006 und 2008 war von Qualitätsmängeln im Unterricht die Rede. Vor allem die individuelle Förderung kam demnach zu kurz. Vor drei Jahren hieß es noch, es herrsche weiterhin Frontalunterricht, Lehrer wendeten zu selten neue Methoden an, die die Schüler aktivieren, wie etwa Partner- oder Gruppenarbeit. Verantwortlich war damals der Anfang des Jahres wegen einer Dienstwagen-Affäre zurückgetretende Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD). Nun heißt es in dem Bericht seiner Nachfolgerin immerhin: Die meisten Schulen organisierten ihren Unterricht „zweckmäßig und effektiv“. In der Regel herrsche ein positives Lern- und Arbeitsklima. Worauf Münch besonders stolz ist: „Die Mehrheit der Schüler, Eltern und Lehrer sind zufrieden mit ihren Schulen.“

Anlass für die Schulvisitationen war das regelmäßig schlechte Abschneiden Brandenburger Schüler bei Bildungstests. Bei der Pisa-Studie 2001 waren sie deutschlandweites Schlusslicht. Trotz zehnjähriger Bildungsreformen schnitten sie vor rund einem Jahr beim bundesweiten Leistungsvergleich in Englisch und Deutsch wieder miserabel ab.

Zwar führen auch andere Bundesländer ein Schulmonitoring durch, die Ergebnisse sind aber kaum vergleichbar. Berlin etwa setzt andere Schwerpunkte – beispielsweise auf die Integration von Schülern aus Migrantenfamilien. Brandenburg steht durch die Schulvisitationen also nicht besser da, aber beim Personal haben sie zumindest etwas bewirkt. „Die blinden Flecken in der Selbstwahrnehmung wurden aufgehellt“, sagte Hans-Jürgen Kuhn, Münchs zuständiger Referatsleiter. An einigen Schulen habe es nach schlechten Bewertungen Wechsel gegeben. Einige Schulleiter hätten ihren Posten von selbst geräumt, Kuhn sagte, die Qualität der Schulen werde maßgeblich von den Schulleitern bestimmt. Alles hänge am Engagement des leitenden Personals. Leider gebe es immer noch Schulleiter, die nur noch die Zeit bis zum Ruhestand abwarteten.

Münch sagte, es gehe nicht darum, Schulleiter zu entlassen. Ihnen, Lehrern und Eltern sollten Wege aufgezeigt werden, wie sie ihre Schulen voranbringen können. „Sie sollen ihre Stärken stärken und ihre Schwächen ausgleichen.“ Daher werden die Schulen in den nächsten fünf Jahren erneut geprüft, was jährlich 1,3 Millionen Euro kostet. Anders als ihr Vorgänger Rupprecht will Münch, dass die Schulen die Ergebnisse der neuen Runde als Kurzversion im Internet veröffentlichen.Alexander Fröhlich

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