zum Hauptinhalt

BER-Skandal: Schwarz: Schallschutz könnte 250 Millionen mehr kosten

Flughafenchef Rainer Schwarz bestätigt eine BER-Kostenexplosion auf drei Milliarden Euro. Die Wogen um eine rechtswidrige Praxis beim Schallschutz-Programm schlagen hoch.

Stand:

Potsdam - Die unkalkulierbaren Mehrausgaben wegen der auf 2013 verschobenen Eröffnung des BER sind noch gar nicht eingerechnet: Doch der unfertige Willy-Brandt-Flughafen in Schönefeld kostet statt der 2009 verkündeten 2,5 Milliarden Euro bereits jetzt „rund drei Milliarden Euro“, abgesegnet vom Aufsichtsrat am 20. April 2012. Das hat Flughafenchef Rainer Schwarz nun als erster Verantwortlicher am Mittwoch im Hauptausschuss des Landtages Brandenburg offiziell eingestanden, wo er zusammen mit Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) zum BER-Desaster ins Kreuzverhör genommen wurde. Weder Platzeck in seiner jüngsten Regierungserklärung vorige Woche noch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatten die Kostenexplosion auf drei Milliarden Euro bislang bestätigt, die von den PNN bereits vor zwei Wochen unter Verweis auf Controllingberichte der Flughafengesellschaft FBB aus den Jahren 2011 und 2012 publik gemacht worden war.

Und es drohen neben Schadenersatzforderungen weitere Mehrkosten. In der Sitzung bestätigte Schwarz, dass das Schallschutzprogramm für rund 25 000 Anwohner von derzeit 157 Millionen Euro mindestens „um 250 Millionen Euro“ aufgestockt werden müsste, im 3-Milliarden-Budget nicht enthalten, wenn der Flughafen mit seinem beim brandenburgischen Infrastrukturministerium eingereichten Antrag auf Änderung des geltenden Planfeststellungsbeschlusses scheitern sollte.

Wie berichtet, verstoßen die nach Vorgaben der Flughafengesellschaft (FBB) bislang eingebauten und bewilligten Schallschutzfenster, die verschickten 14 000 Bescheide, gegen diesen Beschluss, den die FBB nun nachträglich dem Schallschutz-Programm anpassen will. Die Fenster sind zu gering ausgelegt, und müssen womöglich schon ab 2015 ausgetauscht werden, womit 78 Millionen Euro verschwendet wären. Welche Rolle Brandenburgs Landesregierung dabei spielt, bleibt besonders nebulös. „Es gibt einen Antrag der Geschäftsführung. Er wird von der zuständigen Behörde unvoreingenommen entschieden“, erklärte Platzeck. „Bis dahin gilt der Planfeststellungsbeschluss. Und wenn er nicht geändert wird, gilt er fort.“ Bis zur Entscheidung gelte, „was Gesetzeslage ist“. Genau das ist aber nicht der Fall.

Den PNN liegt eine Auflage der Planfeststellungsbehörde vom 5. Dezember 2011 an die FBB vor, die Praxis zu ändern. Das geschah aber nicht – was niemand bestreitet. Stattdessen verwies Schwarz auf den Änderungsantrag. „Die Leute werden mit Duldung und Wissen des Aufsichtsrates um den Schallschutz betrogen, der ihnen zusteht“, sagte dazu CDU-Vizefraktionschef Dieter Dombrowski. Und Grünen-Fraktionschef Axel Vogel verlangte vergeblich Auskunft von Platzeck, wie sich Brandenburgs Vertreter im Aufsichtsrat dazu verhalten haben.

Weitere Mehrkosten drohen aber auch, weil schon 2016/2017 eine der beiden BER-Startbahnen, nämlich die vom DDR-Flughafen Schönefeld übernommene, saniert werden muss. Und zwar bei laufendem Betrieb, in der Nacht, sagte Schwarz. Die Kosten könne man noch nicht beziffern, die CDU rechnet mit rund 100 Millionen Euro. Ein Nachspiel hatte erneut die geplatzte Eröffnung. Kritik an mangelnder Kontrolle durch den Aufsichtsrat, die diesmal von Berlins Ex-Regierendem Eberhard Diepgen (CDU) kam, wies Platzeck zurück – in Anspielung auf den Berliner Bankenskandal. „Da muss in Berlins Aufsichtsräten ja immer alles toll gewesen sein.“

Den neuen Starttermin am 17. März 2013 nannte Platzeck „ehrgeizig“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })