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Endlich in der Staatskanzlei. CDU-Landeschef Micheal Schierack auf dem Weg zum Sondierungsgespräch mit der SPD.

© Bernd Settnik

Brandenburg: Schwarze Charmeoffensive

Das erste Sondierungsgespräch zwischen SPD und CDU läuft für beide vielversprechend

Stand:

Potsdam - Schon die Bemerkung von SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke war aufschlussreich, ehe er am Freitag nun mit der CDU eine mögliche Koalition in Brandenburg sondierte. Vor der Landtagswahl hatte Woidke noch erklärt, dass er deren Parteichef und Spitzenkandidaten Michael Schierack bislang nicht einmal näher kennt, obwohl beide aus der Lausitz kommen, Schierack seit 2009 im Landtag ist und die CDU seit 2012 führt. „Das Problem ist mitterweile erledigt“, sagte Woidke nun. „Wir haben uns dieser Tage mal in Ruhe unterhalten.“ Es hat also in den vergangenen Tagen das erste Vier-Augen-Gespräch der beiden Spitzenleute gegeben. Selbst in der CDU wusste davon kaum einer was.

Die Zeichen in Potsdam stehen klar auf rot-schwarze Annäherung, wie auch nach dem dreistündigen Sondierungstreffen deutlich wurde. Es sei ein „duchaus charmantes“ Gespräch gewesen, säuselte SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz, eine sonst eher nüchterne Frau, als sie mit Schierack vor die Journalisten in der Staatskanzlei trat. Wer der Charmeur war? „Herr Schierack natürlich.“ Man habe sehr schnell vom Wahlkampfmodus auf die Sachebene umgeschaltet. Und Schierack sagte, die Atmosphäre sei „sehr angenehm“ gewesen, „ein Gespräch auf Augenhöhe“.

Das Verhältnis beider Parteien, die von 1999 bis 2009 schon einmal Brandenburg regierten, war nicht spannungsfrei. Mancher Sozialdemokrat hat die polarisierenden Anrgiffe der Union auf den früheren Regierungschef Matthias Platzeck nicht vergessen. Und noch vor der Landtagswahl schien fast alles auf eine Neuauflage des Bündnisses mit den Linken hinauszulaufen. Woidke selbst hatte erklärt, er zweifle an der Stabilität der Union. Es gebe nach den Regierungserfahrungen mit den Linken „keinen Grund, die Pferde zu wechseln“. Mit deren Absturz auf 18 Prozent ist die CDU plötzlich wieder im Rennen, was manche Christdemokraten offenbar selbst überraschte.

Von den Inhalten und Programmen sind sich SPD und CDU ohnehin weitgehend ähnlich. Geywitz sprach von „großen Schnittmengen“. So wies Schierack vor der Sitzung darauf hin, dass für die CDU die Themen innere Sicherheit, die Bildung und die weitere Entwicklung der Wirtschaft vorrangig seien. Unüberbrückbare Differenzen zur SPD? „Ich sehe da überhaupt nichts“, sagte Schierack.

Von der Sondierung erhoffte sich die SPD deshalb vor allem ein Bild, einen Eindruck, ob man mit den in der Vergangenheit in inneren Kämpfen erprobten Christdemokraten fünf Jahre verlässlich regieren könnte, ob Schierack die Union, wenn es hart auf hart kommt, wirklich hinter sich hat. Nach der Sondierung danach gefragt, sagte Geywitz: Herr Schierack sei Parteivorsitzender, „da hat man seinen Laden im Griff“. In der Union wiederum wird darauf verwiesen, dass es nunmehr seit zwei Jahren ruhig in den eigenen Reihen sei, Schierack auf seine Art Personalfragen geklärt habe, „leise, aber dennoch klar und mit eindeutigen Ergebnissen“.

Unklar ist die Personalfrage in einer Regierung. Als wahrscheinlich gilt, dass in ein rot- schwarzes Kabinett neben Schierack etwa Ingo Senftleben gehen würde, der Vizeparteichef, Bürgermeister von Ortrand und Bildungsexperte ist. Spekuliert wird, dass Schierack in diesem Fall Innenminister werden müsse, da üblicherweise der Vize-Ministerpräsident ein Schlüsselressort übernimmt. Zwar hat die Union den früheren Generalsekretär Dieter Dombrowski als Vize-Landtagspräsidenten nomniert. Er käme auch als Agrar- und Umweltminister infrage. Bei der Sondierung, so betonte Schierack, hätten Personalfragen aber keine Rolle gespielt.

Die SPD legt Wert auf Stabilität. Zwar gilt in der Unionsfraktion die frühere Landesvorsitzende Saskia Ludwig als Risikofaktor. Doch die rot-schwarze Mehrheit wäre immer noch komfortabel. Bei der Landtagswahl hatte die SPD 31,9 Prozent der Stimmen erhalten, die CDU kam auf 23,0 Prozent, die Linke auf 18,6 Prozent. Rot-Rot hätte 47 von 88 Landtagsmandaten, Rot-Schwarz 51. Für eine einfache Mehrheit sind mindestens 45 Stimmen nötig.

Es ist anders als bei der letzten Landtagswahl 2009, wo die Signale schon bei den Sondierungen frühzeitig darauf hindeuteten, dass die SPD mit den Linken koalieren wird. Diesmal wollen zum Ausgang des Koalitionspokers selbst altgediente Mitarbeiter der Staatskanzlei keine Prognose wagen. Die SPD-Verhandler halten sich bedeckt, wohin das rote Pendel ausschlägt.

Am Montagnachmittag, so der Fahrplan, will Woidke zum zweiten Mal mit den Linken sondieren. Am Dienstag kommt dann noch einmal das von Schierack geführte CDU-Verhandlungsquartett. Unmittelbar danach hat die SPD bereits zu einem „Kleinen Parteitag“ geladen. Auf Empfehlung Woidkes und der SPD-Verhandler wird noch am Abend der SPD-Landesvorstand förmlich entscheiden, mit wem Brandenburg regiert und Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden.

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