Brandenburg: Schwarzer Rauch im Grenzgebiet
Seit einem halben Jahr gibt es zwischen Deutschland und Polen keine festen Zollkontrollen mehr Zigarettenhändler klagen über die Konkurrenz der Schmuggler – ansonsten geht die Kriminalität zurück
Stand:
Frankfurt (Oder) - Auf dem T-Shirt der Tabakhändlerin Antje Zimmermann im Hedwig-Einkaufspark von Frankfurt (Oder) prangt ein großes „Danke“. Dann müssen die Kunden schon etwas näher treten, um den Grund für diese Botschaft zu lesen: „Dass Ihnen Qualität, Beratung und Sicherung von Arbeitsplätzen wichtig ist und Sie deshalb bei uns kaufen.“ Ihre Angestellte trägt ebenfalls einen großen Spruch vor der Brust: „Schwarzrauchen – eine miese Nummer.“ Vielleicht könne sie dadurch ihren Job retten, meint sie lächelnd. Denn die Lage im kleinen Laden von Antje Zimmermann ist alles andere als rosig. So wie alle Tabakwarenhändler entlang von Oder und Neiße muss sie seit dem Wegfall der Zollkontrollen an den Grenzübergängen nach Polen massive Umsatzeinbußen hinnehmen. Während bis zum 21. Dezember 2007 die Zöllner noch stichprobenweise einen Blick in die Einkaufstaschen und Kofferräume warfen, kommt das heute nur noch höchst selten vor. Die mobilen Einsatztrupps konzentrieren sich auf den gewerbsmäßigen Zigarettenschmuggel mit Lkw und Kleintransportern.
„Von Januar bis Mai ging der Zigarettenverkauf bei uns um rund 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück“, sagt die sportliche Geschäftsfrau. „Von meinen ursprünglich vier Angestellten musste ich schon zwei entlassen.“ Dabei würden die Leute nicht weniger rauchen, sondern sich ihre Tabakwaren entweder im nahen Polen oder bei den illegalen Händlern im ganzen Stadtgebiet kaufen. Der Preisunterschied genügt als Erklärung: Während eine Packung „Marlboro“ mit 20 Zigaretten in Deutschland nach Angaben der Philipp Morris GmbH im Schnitt 4,71 Euro kostet, wird sie von den Händlern hinter der Grenze für 2,60 Euro angeboten.
„Nach unserer Schätzung stammen in der Grenzregion etwa 65 Prozent aller gerauchten Zigaretten inzwischen aus Polen“, sagt Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Tabakwaren-Einzelhandels. „Deutschlandweit wird etwa jede fünfte Zigarette nicht versteuert.“ Das bedeute bei etwa 24 Milliarden Zigaretten einen Steuerschaden von 4,4 Milliarden Euro. Dieses Geld fehle im Bundeshaushalt. Die Tabakeinzelhändler spürten den Umsatzverlust ganz unmittelbar.
Die Frankfurter Antje Zimmermann verkauft die meisten Zigaretten bei Regenwetter. „Da haben die Kunden offenbar keine Lust zum Einkaufen in Polen oder der sonst auf dem Parkplatz stehende Händler mit unversteuerten Zigaretten hat sich aus dem Staub gemacht“, erzählt sie. „Dann entschuldigen sich die manche Käufer sogar dafür, dass sie diesmal ins Geschäft kommen müssten.“ Dabei würden die Kunden bei ihr nicht nur ihr „Steuergewissen“ beruhigen, sondern auch gute Qualität erhalten, sagt die Klein-Unternehmerin, die selbst vor einigen Jahren das Rauchen aufgegeben hat. Außerdem werde in den Geschäften streng auf die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes geachtet. Mit ihrer Kampagne gegen das „Schwarz-Rauchen“, die auch von der unter dem gewerbsmäßigen Schmuggel leidenden Philipp Morris GmbH unterstützt wird, wollen die Einzelhändler mehr Zollkontrollen verlangen. „Jeder Reisende darf aus Polen nur 200 Zigaretten mitbringen, Bewohner der Grenzregion nur 40“, sagt Verbandschef Fischel. „Wer mehr kauft, muss zwar pro Stange mit rund 60 Euro Strafe rechnen, aber seit den offenen Grenzen kümmert sich der Staat viel zu wenig um die Einhaltung der Vorschriften.“
Im vergangenen Jahr beschlagnahmte der Zoll in Deutschland rund 465 Millionen unversteuerte Zigaretten. Mehr als die Hälfte davon steckten in gefälschten Verpackungen, die oft sogar eine Steuerbanderole trugen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: