Brandenburg: Sechs Tage pausenlos shoppen
Berliner Senat gibt auch Adventssonntage frei / In Brandenburg bleibt der Sonntag – bis auf Ausnahmen – tabu
- Sabine Beikler
- Cay Dobberke
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Berlin - Berlin soll ein Paradies für Kauflustige werden: Bald können Kunden in der Hauptstadt – ähnlich wie Brandenburg – rund um die Uhr von Montag bis Sonnabend einkaufen. Am Sonntag bleiben die Geschäfte geschlossen – mit vier Ausnahmen im Jahr. Zusätzlich können Einzelhändler an zwei Sonntagen ihrer Wahl öffnen. Neu ist in dem Ladenöffnungsgesetz, das der Senat gestern beschlossen hat, dass zusätzlich die Geschäfte an den Adventssonntagen von 13 bis 20 Uhr öffnen dürfen.
Ob der Ladenschluss in Berlin noch rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft aufgehoben wird und nicht erst – wie in Brandenburg – ab Januar 2007, ist noch unklar. Ursprünglich sollten die Öffnungszeiten vor der umsatzstärksten Zeit des Jahres verlängert werden, doch konnte dies nicht eingehalten werden.
Über die Adventssonntagsregelung gab es nach PNN-Informationen heftigen Streit im Berliner Senat. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei.PDS) hat mit Verweis auf den im Grundgesetz verankerten besonderen Schutz der Sonn- und Feiertage dem Vernehmen nach gegen das Gesetz gestimmt – ihre PDS-Amtskollegen Harald Wolf und Thomas Flierl stimmten dafür.
Jetzt hängt alles vom parlamentarischen Prozedere ab: Am Donnerstag gibt der Rat der Bürgermeister eine Stellungnahme ab. Sowohl Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) als auch seine Reinickendorfer Amtskollegin Marlies Wanjura (CDU) wollen ohne weitere Diskussion in den Ausschüssen zustimmen. Sollte eine Mehrheit der Bürgermeister das Gesetz ohne Beratung befürworten, könnte der Senat es per Dringlichkeit in die konstituierende Sitzung des Abgeordnetenhauses am 26. Oktober einbringen. Sollte sich dann eine Mehrheit des Parlamentes ohne Beratung dafür aussprechen, könnte das Gesetz entweder am 9. oder am 23. November verabschiedet werden. Das Verfahren so zu beschleunigen, sei aber „sehr heikel“, sagte Ulrike Schmidt, stellvertretende Justitiarin im Abgeordnetenhaus.
PDS und Grüne haben bereits Beratungsbedarf angekündigt, FDP-Fraktionschef Martin Lindner hält eine Beratung nicht mehr für notwendig. Die SPD hält es nach Angaben ihres Sprechers Peter Stadtmüller für „wünschenswert, dass das noch vor Weihnachten in Kraft tritt“, will sich aber nicht gegen den potenziellen Koalitionspartner stellen.
Günther Waschkuhn, stellvertretender Verdi-Landesbezirksleiter zeigte sich „entsetzt“. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin begrüßte die Pläne. Das Erzbistum Berlin reagierte „befremdet“. Die Entwicklung „hat uns völlig überrascht“, sagte Monsignore Tobias Przytarski vom Katholischen Büro. Es gehe „nicht nur um religiöse Gründe“, sondern auch um die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ sowie den „Tag der Ruhe und der sozialen Kontakte“. Heike Krohn, Sprecherin der evangelischen Landeskirche, betonte, die Adventszeit diene „der Vorbereitung auf das Kommen Christi“ und sei ursprünglich eine Fastenzeit gewesen. „Sie nur unter Gesichtspunkten des Kommerzes zu sehen, ist sehr problematisch.“
Das Land Brandenburg will für Montag bis Sonnabend die Ladenschlusszeiten völlig freigeben. Der Sonntag soll weiter tabu sein, bis auf vier Ausnahmen im Jahr. Bestehende Sonderregeln für bestimmte Geschäfte, Tourismusgebiete und Hofläden bleiben unberührt. Zwar will das Kabinett am Dienstag über die Vorlage von Arbeitsministerin Dagmar Ziegler abstimmen. Doch das Parlament legt Wert auf gründliche Beratungen und Anhörungen. Geplant ist eine Verabschiedung des Gesetzes im Dezember.
S. Beikler, C. Dobberke, Th. Metzner
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