Brandenburg: SED-Enquete legt Streit um Gutachten bei SPD-Abgeordneter entschuldigt sich
Potsdam - Brandenburgs Enquete-Kommission zum Umgang mit der SED-Diktatur legt den bisher schwersten Konflikt um ein Gutachten bei. In der Sitzung am Freitag entschuldigte sich der SPD-Abgeordnete Thomas Günther nun doch für seine Angriffe auf den FU-Politologen Steffen Alisch vom Forschungsverbund SED-Staat, mit denen er das Gremium in eine schwere Krise gestürzt und den Verdacht einer gezielten Demontage der Enquete durch Rot-Rot genährt hatte.
Stand:
Potsdam - Brandenburgs Enquete-Kommission zum Umgang mit der SED-Diktatur legt den bisher schwersten Konflikt um ein Gutachten bei. In der Sitzung am Freitag entschuldigte sich der SPD-Abgeordnete Thomas Günther nun doch für seine Angriffe auf den FU-Politologen Steffen Alisch vom Forschungsverbund SED-Staat, mit denen er das Gremium in eine schwere Krise gestürzt und den Verdacht einer gezielten Demontage der Enquete durch Rot-Rot genährt hatte. Er werde das Gutachten von Alisch, der das DDR-Geschichtsbild der märkischen Parteien untersucht und allen Desinteresse an der Aufarbeitung bescheinigte, „nicht mehr als unwissenschaftlich bezeichnen“, sagte Günther. „Ich bin lernfähig.“ Noch in der letzten Sitzung hatte sich Günther, der das Gutachten entgegen den Regularien der Kommission noch vor Abnahme publik gemacht und als „Streitschrift“ verriss, trotz einhelliger Kritik uneinsichtig gezeigt. Gleichwohl hat auch die Enquete insgesamt Nachbesserungswünsche an dem Gutachten. Mit großer Mehrheit wurde Alisch gebeten, seine Expertise – sie enthielt provokativ zugespitzte Bewertungen – an einigen Punkten zu überarbeiten.
Auf der Tagesordnung stand (PNN berichtete) ein zweites Gutachten, in dem Brandenburg gut weg kommt. Der Berliner Historiker Jens Hüttmann bescheinigt dem Land, beim Angebot an Lehrveranstaltungen zur DDR-Geschichte an den Universitäten Potsdam und Frankfurt bundesweit Spitzenreiter zu sein. Die Wissensdefizite brandenburgischer Schüler zur DDR-Geschichte seien nicht auf die Lehrerausbildung zurückzuführen, so das Fazit. Fachliche Kritik musste auch Hüttmann einstecken. Enquete-Mitglied Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat kritisierte, dass sich Hüttmann allein auf quantitative Angaben stützt, aber Curricula und Lehrveranstaltungen selbst nicht untersucht hat. Es könnten ja auch „verklärende“ sein, sagte er. „Wir sind genauso schlau wie vorher.“ Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel äußerte Zweifel an der Methodik. Dennoch geht aus dem Gutachten hervor, dass die Unis offenbar nicht allzu kontroverse Themen aus Kunst und Literatur bevorzugen, während Widerstand und Opposition eher am Rande eine Rolle spielen. Brandenburgs Universitäten waren nach 1990 neu gegründet worden, die Potsdamer ging aus einer Pädagogischen Hochschule hervor. Professor Manfred Görtemaker, maßgeblich beteiligt am Aufbau, schilderte die Schwierigkeiten, die mit der Übernahme einer Vielzahl von Wissenschaftlern aus SED-Kaderschmieden in Potsdam verbunden waren. Görtemaker sagte, diese von der Politik, insbesondere vom damaligen Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein (FDP) gewünschte massenhafte Übernahme von teilweise nicht hinreichend qualifiziertem Personal mit einer zuweilen politisch problematischen Vergangenheit „belastet die Universität Potsdam bis heute“. Bei der Anhörung wurde auch deutlich, dass die Universität zögerte, Mitarbeiter zu entlassen, die als Spitzel der Staatssicherheit gearbeitet hatten. Görtemaker betonte aber, dass sich die Potsdamer Besonderheiten nicht direkt auf die Forschung und Lehre zum Thema DDR ausgewirkt haben. Th. Metzner/J. Legner
Th. Metzner, J. Legner
- Brandenburg
- DDR
- Hochschulen
- Kunst in Berlin
- Lehrer
- Literatur in Brandenburg
- Schule
- Schule und Kita in Potsdam
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: